Aus Italien kommen
immer wieder üble Nachrichten: nicht nur über das Liebesleben des Ministerpräsidenten,
sondern auch über Anti-Ausländer-Maßnahmen, Bürgerwehren, die nachts ihre Runden durch
norditalienische Städte ziehen usw. So gar nicht in dieses Italien-Bild passt die
Geschichte von Bangaly Marra: Der 38-Jährige war Moslem und ist jetzt katholisch,
war illegaler Einwanderer und Fabrikarbeiter – jetzt ist er katholischer Priester. Vor
sechzehn Jahren kam er –ohne Papiere – aus Elfenbeinküste nach Norditalien. Zwei Jahre
lang blieb er ein „Clandestino“, wie man hierzulande sagt. „Es gab damals noch keine
Visa-Vereinbarung zwischen Elfenbeinküste und Italien“, erzählt er, „und so war ich
eben ein Illegaler. Aber das wahre Problem war die Sprache... Ich fand freundliche
Leute, die mir keine Probleme bereitet haben.“ Marra war Moslem und kam in Italien
zum ersten Mal so richtig in Kontakt mit dem Christentum. „Sagen wir es so: Ich
war mit meinem islamischen Kontext nicht zufrieden, ich suchte etwas, was darüber
hinausging. Das war eine lange Suche nach etwas Größerem. Ich habe dann für mich die
Antwort gefunden, als ich die Evangelien las – da war das, was ich suchte. Das hat
mich dazu bewegt, mich auch in den Dienst an den anderen zu stellen; auch darum habe
ich beschlossen, Priester zu werden.“ Die Familie in Elfenbeinküste ist zuerst
natürlich nicht begeistert über diesen Religionswechsel. Marra muss viel erklären;
er betont, dass er seine Wahl frei getroffen hat. „Da haben sie verstanden, dass
ich es ernst meinte und dass das kein Witz war. Ich habe wirklich in mir gespürt,
dass das meine Straße war. Das haben sie schließlich verstanden und mich meinen Weg
gehen lassen.“ Marra arbeitet damals noch in einer Fabrik: „Eine wirklich schöne
Erfahrung. Erschöpfend natürlich auch. Aber wenn ich jetzt mit Arbeitern rede, dann
weiß ich, wie die leben. Ich habe auch dort den Herrn getroffen.“ Im Juni wurde er
zum Priester geweiht; heute ist Marra Kaplan in einem Städtchen in der Provinz Mailand.
Die Leute dort haben ihn gut aufgenommen, sagt er. Das derzeitige Priesterjahr „ist
nicht nur für die Priester da“, sinniert Marra – und hat auch einen Wunsch an die
derzeitige Afrika-Bischofssynode im Vatikan: „Dass die Bischöfe die wahren Probleme
Afrikas erkennen. Afrika hätte es nötig, das Wort Gottes richtiggehend zu kauen, um
ins Geheimnis des Evangeliums einzutreten. Der Geschmack des Wortes Gottes würde Afrika
gut tun.” Denn, davon ist der Kaplan überzeugt: „Im Wort Gottes finden wir alles –
für den Nächsten, für die Armen, für die Fremden. Wenn sie an unsere Türen klopfen,
dann sollten wir keine Angst vor ihnen haben, sondern sie aufnehmen und ihnen helfen.“
So wie er es ja selbst erlebt hat, als er von Afrika nach Italien kam... (rv 06.09.2009
sk)