2009-10-03 18:18:44

DER WOCHENKOMMENTAR:
„Manchmal scheint auch beredtes Schweigen zu stören“


RealAudioMP3 Der katholische Publizist Martin Lohmann ist seit genau sieben Tagen Bundesvorsitzender des Bundesverbandes Lebensrecht (BVL). In diesem Monat Oktober hören Sie ihn bei uns als Wochenkommentator.

(rv 03.10.2009 mg)

Lesen und hören Sie hier den Wochenkommentar von Martin Lohmann*

Wochenkommentar für Radio Vatikan 3. Oktober 2009

Liebe Hörerinnen und Hörer,

heute vor einer Woche haben wir mit 1300 Freunden des Lebens für das Recht auf Leben und gegen die Tötung von noch nicht geborenen Menschen demonstriert. In Berlin. Friedlich. Gewaltfrei. Mit tausend weißen Kreuzen. Unser Weg führte mitten durch Berlins Mitte. Vom Roten Rathaus bis zur Hedwigskathedrale. Dort ist auch das Grab des mutigen Dompropstes Bernhard Lichtenberg. Ein Mann, der in gefährlicher Zeit nicht schwieg, als andere schwiegen.

Manchmal scheint auch beredtes Schweigen zu stören. Denn leise war unser Schweigemarsch für das Leben nicht. Er war kein stummes Zeugnis. Unser Schweigen wurde gehört. Denn Linke, Autonome und auch Pro Familia demonstrierten hasserfüllt und aggressiv gegen uns und den Lebensschutz – und für das sogenannte Recht auf Abtreibung. Mit blasphemischen Sprüchen und Plakaten, mit Verbalterror und unterirdischer Primitivität. Sie haben Kreuze entweiht und verhöhnt. Sie haben uns eine brennende Bibel vor die Füße geworfen. Wohlgemerkt die Heilige Schrift. Ganz in der Nähe des Platzes, auf dem die Nationalsozialisten einst die schreckliche Bücherverbrennung zelebrierten. Sie haben den Herrn und seine Mutter beleidigt – und natürlich uns. Wir, die christlichen Lebensschützer, blieben friedlich. Dank der klugen Taktik der Berliner Polizei, die uns bestens beschützte, kam es zu keiner Eskalation.

Ich bin unseren Teilnehmern sehr dankbar. Sie haben mich alle wahrlich beeindruckt. Mit Mut und Glaubensstärke. Mit ihrem Zeugnis und ihrer Umsicht. Junge und alte Menschen. Alleinstehende und Familien.

Aber Ist es nicht beschämend für unsere Gesellschaft, dass man für das friedliche und ruhige Tragen eines weißen Kreuzes mitten durch Berlin Mut braucht? Dass diese Friedensaktion massiven Polizeischutz benötigt?

Mir gehen seither viele Fragen durch den Kopf. Zum Beispiel, wo die Empörung wichtiger Leute über diesen Hass gegen Christus, Christen und das Leben bleibt. Wo sind die Demokraten in Politik und Medien, die sich sonst so gerne und rasch melden, wenn Anstand und Recht mit Füßen getreten werden? Müsste es denn wirklich erst zu einer schrecklichen Eskalation kommen, bis sie wach werden und hinsehen beziehungsweise hinhören? Oder darf man in Deutschland gegen Christen alles machen, sie schmähen und übelst beleidigen? Haben sie, die Christen, kein Recht auf Respekt, wenn sie sich für etwas Kostbares einsetzen, nämlich für das Leben und seinen unbedingten Schutz?

Mich macht das traurig. Sicher, so sind Kreuzwege! Buchstäblich. Und man kann nur immer wieder für die verwirrten Gegner des Lebens beten: Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Wüssten sie es, dann würden sie es ja nicht tun. Doch es gibt nicht nur die Möglichkeit, sondern auch das Recht und die Pflicht, auf diesen Hass gegen Gott und die Welt hinzuweisen und dagegen Widerstand zu leisten. Friedvoll, aber deutlich. Verbohrt, vernagelt, hasserfüllt und gewaltbereit – so sieht Fundamentalismus aus. Er ist das dunkle Gegenteil unserer weißen Kreuze. Und er ist das lichtlose Gegenteil der Lebensschützer, die ein Fundament haben und deshalb tolerant sein können.

Obwohl das eigentlich klar ist, werde ich gelegentlich gefragt, ob Lebensschützer eigentlich Fundamentalisten seien. Wie bitte?! Seit wann sind denn diejenigen, die ein Wertefundament haben und sich tolerant und friedlich für das Leben und seine Unantastbarkeit einsetzen, Fundamentalisten? Zum Fundamentalismus gehört gewaltbereiter Hass. War denn Jesus Christus ein Fundamentalist? War die friedvolle Selige Mutter Teresa es? Sind Papst und Bischöfe das etwa? Diese sind wie wir eindeutig für das Leben und das Recht auf Leben.

Liebe Hörerinnen und Hörer, dieses Wort, dieser oft unkritisch tradierte und letztlich böse Vorwurf des Fundamentalismus ist ein Knüppelschimpfwort derer, die kein klares Fundament haben. Fallen Sie bitte niemals darauf herein! Man sollte sich diesem Diktat der Gegner des Lebensschutzes wahrlich nicht unterwerfen. Lebensschützer können gar nicht fundamentalistisch sein, weil sie ein Fundament für das Leben, Anstand und Respekt haben. Und: Sie sind gewaltlos und friedvoll.

Wir kämpfen gegen niemanden, sondern engagieren uns fair, logisch und mit guten Argumenten für etwas: und zwar für das Leben. Lebensschützer sind Anwälte des Lebens, der Kinder und der Frauen. Ich lade alle ein, sich an diesem Diskurs klug und fair zu beteiligen. Wir brauchen keine Konfrontation, sondern eine tabufreie Kommunikation. Wir sind dazu bereit.

Übrigens: Häufig scheint es ja so, dass es sich nicht gehört, überhaupt dieses Thema aufzugreifen. Viele würden jedes Reden über Abtreibung, also die Tötung noch nicht geborener Menschen, gerne unterdrücken. Wer es dennoch tut, der stört. Warum?

Vielleicht, weil es immer wieder eine Angst vor der Logik des Lebens und vor der Verantwortung gibt. Aufgeklärte Menschen haben diese Angst eigentlich nicht, und zu ihnen passt auch nicht das Tabu, das es offenbar gibt. Leider. So gesehen brauchen wir viel mehr Aufklärung. Zum Beispiel mehr Aufklärung über die Schwangerschaft aus der Sicht des Kindes! Es geht schließlich um die Kultur des Lebens. Und diese braucht sehr viele Freunde. Überall. Zu jeder Zeit. Auch und gerade am heutigen Tag der Deutschen Einheit.

Machen auch Sie mit! Setzen auch Sie sich ein für das Leben und für die Unteilbarkeit des Lebensrechtes!
Mit Mut.
Mit Aufmerksamkeit.
Friedvoll.
Und: Mit Segen.
Die Logik des Lebens will es so. Danke. ■



*Martin Lohmann (52) ist katholischer Publizist, Buchautor und neuer Bundesvorsitzender des Bundesverbandes Lebensrecht (BVL), der Dachorganisation der Lebensrechtsverbände und –gruppen in Deutschland.








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