Papst Benedikt XVI.
hat die Katholiken in Tschechien erneut zu einem entschlossenen Eintreten für ihren
Glauben aufgerufen. Das Kirchenoberhaupt erinnerte auch am zweiten Tag seines Pastoralbesuchs
an die Märtyrer vergangener Jahrhunderte, legte aber den Schwerpunkt auf die aktuellen
Herausforderungen der Gesellschaft. Viele Formen der Armut entstünden aus Isolation
und der Ablehnung Gottes, sagte der Papst am Vormittag bei einem Gottesdienst im mährischen
Brünn (Brno). Birgit Pottler berichtet:
Zu der Messe unter freiem Himmel
in der katholisch geprägten Region hatten sich rund 150.000 Menschen versammelt. Es
war die größte religiöse Zusammenkunft in der Geschichte der Tschechischen Republik.
Zahlreiche Pilger aus der Slowakei, aus Ungarn und Polen sowie aus Österreich und
Deutschland waren angereist. Prinzip Hoffnung Mit Blick auf die
Bevölkerung Tschechiens - „das Volk dieses geschätzten Landes“ - Europas und der Menschheit
war Hoffnung das Leitmotiv des Gottesdienstes. Sichere und verlässliche Hoffnung gründe
allein in Gott so der Papst. Jeder der drei Besuchstage ist im Übrigen einer der so
genannten „theologischen Tugenden“ Glaube, Hoffnung, Liebe gewidmet. Sinnlosigkeit
ohne Gott Benedikt XVI. wörtlich: „Die Erfahrung der Geschichte zeigt,
zu welcher Sinnlosigkeit der Mensch gelangt, wenn er Gott von seinem Entscheidungs-
und Handlungshorizont ausschließt.“ Die Erfahrung zeige auch, dass es „nicht
einfach“ sei, eine Gesellschaft aufzubauen, die sich an den Werten des Guten, der
Gerechtigkeit und der Brüderlichkeit orientiert, „weil der Mensch frei ist und seine
Freiheit brüchig bleibt“. Radikale Herausforderungen, „von
Übeln befreien, die den Geist bedrücken“ Die derzeitige kulturelle Situation
in Tschechien stelle eine „radikale Herausforderung für den Glauben und folglich für
die Hoffnung“ dar, so der Papst weiter. Er zitierte Passagen aus seiner zweiten Enzyklika
und kritisierte die Verdrängung von Religion ins Privatleben, während „im öffentlichen
Leben sich das Vertrauen in den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt
behauptet“ habe. Dieser Prozess sei zweideutig: „Die technischen Entwicklungen
und die Verbesserung der sozialen Strukturen sind wichtig und gewiss notwendig, doch
reichen sie nicht aus, das moralische Wohl der Gesellschaft zu gewährleisten (vgl.
Spe salvi, 24). Der Mensch muss von den materiellen Unterdrückungen befreit werden,
aber er muss – und zwar tiefer – von den Übeln erlöst werden, die den Geist bedrücken.“ Märtyrer
für Würde und Freiheit Wie am Vortag erinnerte Benedikt XVI. an die Glaubenszeugen
und verfolgten Christen der vergangenen Jahrhunderte: „Hier, wie anderswo,
haben in den vergangenen Jahrhunderten viele gelitten, um dem Evangelium treu zu bleiben,
und haben die Hoffnung nicht verloren; viele haben sich aufgeopfert, um dem Menschen
wieder Würde zu geben und den Völkern Freiheit.“ Namentlich nannte der Papst
unter anderem den heiligen Priester und Ordensmann Klemens Maria Hofbauer (1751-1820),
der aus dem Bistum Brünn stammte, und die selige Ordensfrau Maria Restituta Kafka
(1894-1943). Sie wurde in Brünn geboren und in Wien von Nationalsozialisten ermordet.
Jeden
Tag Christus verkünden Auch heute dürften die Menschen angesichts der gesellschaftlichen
Herausforderungen nicht „in Gleichgültigkeit verharren“, forderte Benedikt XVI. Viele
Formen der Armut entstünden aus Isolation „aus dem Nicht-geliebt-Sein, aus der
Ablehnung Gottes und aus einem ursprünglichen tragischen Verschließen des Menschen
in sich selbst, der meint, sich selbst genügen zu können oder nur eine unbedeutende
und vorübergehende Erscheinung zu sein“. Die Welt dürfe sich nicht „bloß menschlichen
Plänen verschreiben“. „Christus allein kann unsere sichere Hoffnung sein. Dies
ist die Botschaft, die wir Christen jeden Tag mit unserem Zeugnis verbreiten sollen.“
Latein
vereint Benedikt XVI. hielt die Predigt auf Italienisch; die einzelnen
Passagen wurden jeweils ins Tschechische übersetzt. Die Gebetssprache während der
Eucharistiefeier war Latein. Mit dem Papst konzelebrierten auf dem Freifeld unweit
des Flughafens von Brünn rund 50 Bischöfe und mehr als 1.000 Priester; unter ihnen
die Kardinäle aus Wien, Köln und Krakau, Christoph Schönborn, Joachim Meisner und
Stanislaw Dziwisz. (rv 27.09.2009 bp)