Tschech. Rep.: Papst fordert „Stärkung der Strukturen der Freiheit“
Papst Benedikt hat
Politiker in ganz Europa aufgerufen, sich für einen rechten Gebrauch der menschlichen
Freiheit einzusetzen. Nur so sei „eine ganzheitliche Entwicklung des Menschen“ zu
erreichen. Zwanzig Jahre nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa tauche
heute nach wie vor die Frage nach dem Wesen der wieder gewonnen Freiheit auf, sagte
der Papst während seines Höflichkeitsbesuchs bei dem tschechischen Präsidenten Vaclav
Klaus. In seiner Ansprache im „Spanischen Saal“ der Prager Burganlage reflektierte
der Papst vor zahlreichen hohen Vertretern aus Politik und Diplomatie, über den Freiheitsbegriff.
Unter den Zuhörern war auch Valcav Havel. Der ehemalige tschechische Präsident und
Schriftsteller ist einer der herausragenden Figuren der „samtenen Revolution“. Mehr
von Antje Dechert
Die Pflicht, „Strukturen der Freiheit“ zu stärken, sei „von
großer Wichtigkeit“, reiche aber allein nicht aus, erklärte der Papst. Denn die Freiheit
suche ein Ziel und verlange nach Überzeugung:
„Wahre Freiheit setzt die
Suche nach Wahrheit – nach dem wahren Gut – voraus, und deshalb findet sie ihre Erfüllung
genau darin, zu erkennen und zu tun, was richtig und gerecht ist. Die Wahrheit ist
– mit anderen Worten – die Leitnorm der Freiheit, und das Gute ist die Vollkommenheit
der Freiheit.“
Zusammengefasst: Freiheit resultiert
aus der Suche nach dem Guten. Alle, die Leitungsaufgaben in Religion, Politik und
Kultur innehaben, müssten diese Suche gemeinsam angehen so der Papst, mit dem Ziel,
„Aufnahmebereitschaft für die Wahrheit und das Gute zu wecken“. Für Christen werden
Wahrheit in Gott und Güte in Christus manifest, so der Papst. Der christliche Glaube
habe auch der tschechischen Nation Gestalt verliehen und ihr „die notwendige Vision
geschenkt, im Herzen Europas eine Rolle zu spielen“. Benedikt:
„Über Jahrhunderte
war dieses Gebiet ein Schnittpunkt zwischen verschiedenen Völkern, Traditionen und
Kulturen. Wie wir alle wissen, hat es schmerzliche Zeiten erlebt und trägt die Narben
tragischer Ereignisse, die eine Folge von Unverständnis, Krieg und Verfolgung waren.
Aber es ist auch wahr, dass seine christlichen Wurzeln einen bemerkenswerten Geist
der Vergebung, der Versöhnung und der Zusammenarbeit genährt haben, der die Menschen
dieser Lande die Freiheit finden ließ und einen Neubeginn, eine neue Synthese, eine
Erneuerung der Hoffnung in Gang brachte. Ist das nicht genau der Geist, den das heutige
Europa braucht?“ fragte der Papst Politiker und Diplomaten.
Der Mut, die
Wahrheit auszusprechen, käme allen Gliedern der Gesellschaft zugute. Dazu gehöre auch,
die „ethischen und moralischen Grundlagen“ des menschlichen Fortschritts aufzuzeigen
und sicherzustellen, forderte Benedikt. Die staatliche Politik müsse sich „auf den
Schatz der Weisheit der Menschen“ stützen. Nur so könne sie Impulse für ein weiteres
Zusammenwachsen von Ost- und Westeuropa geben.
„Veritas vincit“ – „Die Wahrheit
siegt“, zitierte Benedikt zum Abschluss seiner Rede das Motto der Fahne des tschechischen
Präsidenten. „Das Verlangen nach dem Wahren, Schönen und Guten,
das der Schöpfer allen Menschen ins Herz gelegt hat, soll die Menschen auf der Suche
nach Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden zusammenführen.“
Am Samstagabend
feiert das Kirchenoberhaupt einen Vespergottesdienst im Veitsdom. Dazu sind vor allem
Priester, Ordensleute, Seminaristen und Mitglieder von katholischen Laienbewegungen
eingeladen. - Der dreitägige Besuch Benedikts XVI. in Tschechien ist der zweite in
einem Land des früheren Ostblocks nach Polen 2006.