2009-09-22 14:54:21

Honduras: Angst vor möglichem Bürgerkrieg


RealAudioMP3 Die Staatskrise in Honduras spitzt sich zu. Der gestürzte honduranische Präsident, Manuel Zelaya, ist in der Nacht zum Dienstag in die Hauptstadt Tegucigalpa zurückgekehrt, wo er sich in der brasilianischen Botschaft aufhält. Nach eigenen Aussagen wolle er einen Dialog über die Wiederherstellung der Demokratie beginnen. Die Übergangs-Regierung unter Roberto Micheletti verlangt dagegen Zelayas Auslieferung und hat bis zum Nachmittag eine Ausgangssperre verhängt. Zelaya, dem unter anderem Verfassungsbruch vorgeworfen wird, werde ein fairer Prozess unter Garantie aller Rechte gemacht, erklärte Interims-Präsident Micheletti. Die Mehrheit der Staaten und internationalen Organisationen hält an der Rechtmäßigkeit von Zelayas Präsidentschaft fest.

Eine offizielle Stellungnahme seitens der honduranischen Bischöfe gibt es bisher nicht. Doch Kirchenvertreter seien geschockt und fürchten einen Bürgerkrieg. Das sagt uns die honduranische Journalistin Patricia Ynestroza aus der spanischsprachigen Abteilung von Radio Vatikan:

Frau Ynestroza, Manuel Zelaya ist nach Honduras zurückgekehrt. Ist jetzt zu befürchten, dass die Lage eskaliert?

„Ich glaube, dass jetzt alles passieren kann. Fest steht, dass alle Konfliktparteien, aber auch die Kirche und vor allem das honduranische Volk, das am meisten unter dieser Krise leidet, Angst haben. Denn ab jetzt kann einfach alles geschehen. Die Personen, mit denen ich gesprochen habe, sind überzeugt: „Jetzt sind wir wirklich nur einen Schritt von einem Bürgerkrieg entfernt!“

Sie haben sich bei der honduranischen Botschaft beim Heiligen Stuhl über die Lage informiert, haben mit Verwandten und Journalisten in Tegucigalpa gesprochen. Wie muss man sich die Situation vor Ort, insbesondere in der Hauptstadt vorstellen?

„Die Situation ist vor allem von großer Angst geprägt. Die Menschen sind sehr beunruhigt, aber an Ruhe ist eigentlich schon seit dem Putsch im Juni nicht mehr zu denken. Und in dieser ohnehin angespannten Lage, ist die Rückkehr Zelayas in das Land natürlich der Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringen könnte. Die Kirche hatte Zelaya genau aus diesem Grund gebeten, vorläufig von einer solchen unvermittelten Rückkehr nach Honduras abzusehen. Die Lage in Tegucigalpa muss man sich jetzt so vorstellen: Um die brasilianische Botschaft haben sich tausende Anhänger von Zelaya versammelt. Darunter sind nicht nur Honduraner. Viele von ihnen kommen aus El Salvador, Nicaragua und Venezuela. Und, von dem was mir berichtet wurde, kann man nicht wirklich von einer friedlichen Demonstration sprechen. Die Stimmung ist sehr aggressiv und aufgeheizt. Alle Schulen bleiben heute geschlossen und die Interims-Regierung versucht die Situation durch die Ausgangssperre zu kontrollieren.

Die internationale Gemeinschaft, allen voran US-Außenministerin Hillary Clinton, haben beide Seiten des Konflikts aufgerufen, an einer friedlichen Lösung zu arbeiten. „Es ist ein Gebot, dass Gespräche beginnen“, so der Appell Clintons. Was muss passieren, damit es tatsächlich zu einem Dialog kommen kann und die Lage sich nicht weiter verschärft?

„Dem steht bis jetzt noch ein Hauptstreitpunkt im Weg: Zelaya ist in 18 Punkten, unter anderem wegen Korruption und Verfassungsbruch, angeklagt. Eine politische Amnestie, wie sie die internationale Gemeinschaft vorgeschlagen hat, wäre eine sehr heikle Lösung, weil der Konflikt ja genau von diesen Gesetzesbrüchen ausgegangen ist. Seit August letzten Jahres hat sich Zelaya kontinuierlich des Verfassungsbruchs schuldig gemacht. Dieser Machtmissbrauch ging wirklich ins Extreme und daraus ist die jetzige Situation entstanden. Dennoch hoffen alle, ganz besonders auch die Christen im Land, auf Frieden und Dialog. Hoffen wir, dass die Kirche gehört wird. Noch kann ein Bürgerkrieg verhindert werden.“

(rv 22.09.2009 ad)








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