Österreich: Caritas und Diakonie kritisieren Kürzung der Mindestsicherung
Die im österreichischen Sommerministerrat beschlossene Kürzung der Mindestsicherung
um rund 15 Prozent sei „völlig inakzeptabel“. So die einstimmige Kritik von Caritasdirektor
Michael Landau und Diakoniedirektor Michael Chalupka bei einer Pressekonferenz am
Freitag in Wien. Die Kürzung treffe primär Familien und Kinder, die sich kaum Basisbedürfnisse
wie Miete, Essen oder Heizen leisten könnten. Der Diakonie- und der Caritasdirektor
appellierten daher an die Politiker, die Kürzung in der kommenden Regierungsklausur
zurückzunehmen. Sie ginge an der Realität der betroffenen Menschen vorbei, sagte Landau:
„Armut
ist auch in Österreich ein Stück Realität. Wir fordern sowohl Kanzler als auch Vizekanzler
auf, hier Verantwortung zu übernehmen. Schluss mit dieser Form der Politik, die derart
von sozialer Kälte geprägt ist. Noch dazu rutschen so viele Menschen unverschuldet
in die Armut ab, gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise. Die Zahlenspielereien rund
um die Mindestsicherung müssen endlich ein Ende haben.“ Diakoniedirektor Chalupka
kritisierte die Diskussion um vermeintlich „faule“ Sozialhilfeempfänger als unsachlich
und „Ablenkungsmanöver“. Wer zudem Arbeitswilligkeit einfordere, müsse auch für die
entsprechenden Arbeitsplätze sorgen. Derzeit kämen aber auf einen freien Arbeitsplatz
in Österreich acht Arbeitssuchende. Bei der vermeintlich „neuen“ Mindestsicherung
handle es sich im Wesentlichen um die alte Sozialhilfe, kritisierte Chalupka. Weder
die Bezeichnung „Grundsicherung“ noch das Vorurteil „soziale Hängematte“ seien zutreffend.
„Sie
ersetzt nicht die Sozialhilfe, sondern baut sich in das bestehende System der neuen
Bundesländerregelungen ein. Es wird weiterhin neun verschiedene Standards geben und
in den meisten Punkten bleibt die Ausgestaltung zentraler Elemente den Landesgesetzgebern
und den Behörden überlassen. Das heißt viele strukturelle Fehler des alten Sozialhilfesystems
werden weiter geführt.“ Landau wie Chalupka unterstrichen zuletzt die Notwendigkeit
einer Reform des Vollzugs der reformierten Sozialhilfe. An ihrer praktischen Umsetzung
entscheide sich letztlich der Erfolg oder Misserfolg der Reform. Lobend hoben Landau
und Chalupka vier Punkte der Sozialhilfereform hervor: eine deutliche Verbesserung
des Krankenversicherungsschutzes für Betroffene, den Wegfall des Regressanspruchs,
die Bescheidpflicht sowie die Gleichstellung von Alleinerziehenden und Alleinstehenden.