Christen in Pakistan
sehen sich einem wachsenden Druck durch Behörden und radikale Muslime ausgesetzt.
Die Bischofskonferenz des Landes geht derzeit mit einer Unterschriftenaktion gegen
das im Land geltende so genannte Anti-Blasphemie-Gesetz vor. Dieses Gesetz stellt
eine nicht definierte „Beleidigung“ des Islam unter Strafe. Immer wieder werde es
ohne konkreten Anlass gegen Christen angewandt, sagte der Leiter der Katholischen
Bibelkommission Pakistans in Lahore, Emmanuel Asi, dem internationalen Hilfswerk Kirche
in Not. Birgit Pottler fasst zusammen:
Selbst wo nur ein einziges Kind aus
einem Dorf gegen dieses Gesetz verstoßen haben soll, werde bisweilen das ganze Dorf
von wütenden Muslimen niedergebrannt, berichtet Asi.
„So etwas geschieht
leider häufig – in diesem Jahr bereits zweimal. Wir haben Angst. Wir leben mit Muslimen
zusammen, aber immer liegt auf uns ein Schatten des Todes. Denn durch diese Gesetze
kann schnell etwas geschehen, was wir nicht vorhersehen können.“ Die Verantwortung
für die Übergriffe sieht Asi meist bei Imamen der örtlichen Moscheen, die die Menschen
aufstachelten. Die Christen in Pakistan fühlten sich „als Menschen zweiter Klasse“,
nicht zuletzt aufgrund sozialer Diskriminierungen im Bildungsbereich und auf dem Arbeitsmarkt.
Viele verließen das Land, weil es ihnen zu gefährlich werde, so Asi.
„Kein
Politiker darf in Pakistan etwas gegen den Islam oder auch nur gegen einzelne Imame
sagen. Unsere große Hoffnung ist der internationale Druck auf Pakistan, der in den
vergangenen zehn Jahren deutlich zugenommen hat. Dieser Druck kommt vor allem von
kirchlicher Seite. Doch auch Politiker in aller Welt haben sich sehr für uns eingesetzt
und vor allem das Blasphemiegesetz verurteilt.“ Viele Muslime glaubten, dass
die USA prinzipiell gegen den Islam sind. Der Katholik betont:
„Aus diesem
Glauben entspringt auch der fundamentalistische Terrorismus, auch wenn dieser dann
viele Gesichter hat: Manchmal richtet er sich direkt gegen die USA und ihre Einrichtungen,
manchmal dient er eher einer allgemeinen Radikalisierung des Islam im Land. In beiden
Fällen ist der islamistische Terrorismus nie politisch, sondern immer nur religiös
motiviert.“ Von offizieller Seite erhielten Christen kaum Unterstützung, beklagt
Emmanuel Asi:
„Wenn Christen angegriffen werden, greift die Polizei so gut
wie nie ein. Die Sicherheitskräfte kommen selbst dann nicht, wenn wir sie rechtzeitig
vorwarnen und um Schutz bitten. Erst wenn alles abgebrannt ist und bereits Christen
getötet wurden, kommt die Polizei, kommen Vertreter der Behörden und nennen das dann
,Zeichen der Solidarität’.“ Rund 96 Prozent der Einwohner Pakistans sind Muslime.
Den Anteil der Christen beziffert das deutsche Auswärtige Amt auf eine Million, das
entspricht zwei Prozent der Gesamtbevölkerung. Drei Viertel von ihnen sind Analphabeten,
berichtet Asi im Gespräch mit Kirche in Not. Viele könnten sich weder Schulbildung
noch medizinische Versorgung leisten. Besonders prekär ist die Lage von Frauen. Vergewaltigungen
christlicher Mädchen und anschließende Zwangsheirat seien „traurige Wirklichkeit“.
„Ein
Muslim darf vier Frauen haben. Und das treibt manchen dazu, christliche Frauen zu
kidnappen und sozusagen seinem Harem hinzuzufügen. Das wird von den Muslimen als großer
Sieg gefeiert, denn diese christliche Frau wird von dem Moment an als Muslimin angesehen.
Sie bekommt einen islamischen Namen, wird gezwungen, mit in die Moschee zu gehen,
und jede Rückkehr zu ihrem eigentlichen Glauben wird als verbotene ,Konversion’ angesehen.
Das ist leider so. Auf der anderen Seite: Sollte ein christlicher Mann sich für eine
muslimische Frau auch nur interessieren, kommt sofort ein aufgebrachter Mob und brennt
das gesamte Dorf dieses Mannes nieder.“ Pakistans Gesetze machten es möglich,
so Asi weiter: Vor Gericht wiegt die Stimme eines Christen nur die Hälfte, die Stimme
einer Frau nur ein Viertel im Verhältnis zur Aussage eines muslimischen Mannes.
„Das
heißt: Sprechen zwei christliche Männer vor Gericht, werden sie wie ein Zeuge gewichtet.
Frauen müssen sogar zu viert im Gericht aussagen, um als eine Zeugenaussage gewertet
zu werden. Wenn also ein muslimischer Mann eine christliche Frau vergewaltigt, sagt
das pakistanische Gesetz, dass die Vergewaltigte vier Frauen bringen muss, um die
Tat zu beweisen.“ (kirche in not 12.09.2009 bp)