D: „Gottes mächtige Dienerin“ - Ein Blick hinter die Kulissen
„Gottes mächtige Dienerin“
– die Rede ist von Pascalina Lehnert, der 1983 verstorbenen, langjährigen Haushälterin
und Privatsekretärin von Papst Pius XII. Die Figur der laut Papst Benedikt „mächtigsten
Vertreterin Bayerns im Vatikan“ ist gerade in den vergangenen Wochen wieder in das
öffentliche Interesse gerückt. Denn die Biographie Pascalina Lehnerts wird für einen
Fernsehzweiteiler verfilmt. Vorlage ist das gleichnamige Buch von Martha Schad, und
Regie führt der deutsche Filmemacher Marcus O. Rosenmüller. Wir haben einen Blick
hinter die Kulissen geworfen und mit dem historischen Berater der Filmproduktion gesprochen,
dem Theologen und Journalisten Ulrich Nersinger. Bei den Dreharbeiten steht er der
Filmcrew für historische wie theologische Fachfragen zur Verfügung:
„Die
Arbeit umfasst ein ziemlich breites Spektrum. Es ging natürlich zunächst einmal darum,
das Drehbuch durchzulesen und nachzuschauen, inwieweit es mit den historischen Fakten
übereinstimmt, ob gewisse Ungenauigkeiten oder andere Probleme auftauchen, die es
noch zu klären gibt. Vor allem die Fragen nach den besonderen vatikanischen Gepflogenheiten
, nach dem doch etwas schwierigen und komplizierten Protokoll, das in der damaligen
Zeit noch herrschte.“
Wie läuft eine päpstliche Krönungszeremonie ab? Wie
vollführt man einen Ringkuss und wie betete eigentlich Pius XII? Vatikanexperte Nersinger
hilft Schauspielern, Kostüm- und Setdesignern, sich in die historischen Figuren und
die damalige Kulisse hineinzuversetzen. Dass bei einem Spielfilm so sehr auf Authentizität
geachtet wird, habe ihn zunächst verblüfft:
„Ich denke zum Beispiel an Remo
Girone, den bekannten italienischen Schauspieler, der die Rolle von Eugenio Pacelli,
also Pius XII. übernommen hat. Er wollte ganz genau wissen, welchen Inhalt die Gebete
haben, die er spricht. Er hat mit mir darüber diskutiert, was sie auszusagen haben,
wie er sie anlegen muss. Das war sehr beeindruckend zu sehen, dass ein doch sehr berühmter
Schauspieler, ein auch in Deutschland bekannter Star, sich so in diese Rolle hineinkniet.“
Allgemein
verwundert hatte zunächst auch die Besetzung der weiblichen Hauptrolle der Pascalina
Lehnert. Gespielt wird die Ordensfrau nämlich von der bayerischen Volksschauspielerin
Christine Neubauer, sonst eher in seichten Rollen zu sehen. „Ein Vollweib als Nonne“,
rauschte es durch den Boulevardblätterwald. Eine Fehlbesetzung? „Nein!“ meint Ulrich
Nersinger:
„Wer Christine Neubauer am Set erlebt hat, ist wirklich beeindruckt.
Man ist eigentlich gar nicht überrascht, denn wer die Schauspielerin kennt, weiß,
dass sie sich sehr in ihre Rollen hinein gibt. Und wenn man sie nun sieht, dann denkt
man eigentlich, man hat Schwester Pascalina vor sich. Ich glaube, der Regisseur Marcus
Rosenmüller hat hier einen sehr guten Griff getan.“
Erzählt wird die Geschichte
einer für den Beginn des 20. Jahrhunderts ungewöhnlichen weiblichen Biographie: Pascalina
Lehnert wurde 24-jährig als Lehrschwester vom heiligen Kreuz nach München geschickt,
um dem dortigen Nuntius, Eugenio Pacelli, den Haushalt zu führen. Sie übernimmt mehr
und mehr auch Sekretariatsaufgaben, wird dem Erzbischof unentbehrlich, folgte ihm
nach Berlin und schließlich in den Vatikan. 40 Jahre stand sie dem späteren Papst
Pius XII. zur Seite.
„Für die damalige Zeit war das eigentlich eine Revolution,
dass eine Frau so lange, für so einen langen Zeitraum, an der Seite eines bedeutenden
kirchlichen Diplomaten und späteren Papstes stand. Und von daher ist natürlich die
Rolle der Pascalina Lehnert im Vatikan auch so etwas, was Beispiel machen kann oder
was zeigen kann, dass Frauen auch in einer so schwierigen Welt – eigentlich einer
heute immer noch reinen Männerwelt – präsent sein können.“
Die Figur Pascalinas
zeigt: ohne Frauen läuft in der Kirche nichts. Als engste Vertraute und rechte Hand
des Papstes gelangte sie zu erheblichem Einfluss im Vatikan. Im Zweiten Weltkrieg
und zur Zeit der deutschen Besatzung Roms organisierte sie zahlreiche Hilfsprojekte
in der Stadt, verschickte Hilfsgüter nach ganz Europa:
„Ihr wird ja vom
Papst persönlich dann ein Hilfswerk übertragen, das sie mit großem Engagement und
mit enormem Eifer betrieben hat, obwohl sie selber das immer wieder heruntergespielt
hat und nicht versucht hat, das in der Öffentlichkeit breitzutreten. Das imponiert
sehr stark und das ist natürlich auch eine Sache, die eben in dieser sehr bedrückenden
Zeit 1943-44 von großer Gewichtung ist.“
Der Figur Pius XII., die vor allem
in der deutschen Öffentlichkeit umstritten ist, nähere sich der Film auf eine erfrischende
und unbefangene Weise, meint Vatikanfachmann Nersinger. Rosenmeiers Film verzichte
auf die üblichen Vorbehalte:
„Er versucht sich Pius XII. völlig vorurteilsfrei
zu nähern und schafft daher, glaube ich, für den Zuschauer ein sehr beeindruckendes
Bild, das alle Faktoren, die das Pontifikat bestimmt haben, sehr sachlich darstellt.“
Die
Dreharbeiten für „Gottes mächtige Dienerin“ sind noch längst nicht beendet. Noch bis
Ende des Jahres laufen sie in Krefeld, München, Berlin und Rom. Gezeigt wird der Film
2010 im Ersten Deutschen Fernsehen. Für Ulrich Nersinger steht jetzt schon fest:
„Ich
glaube, die Zuschauer werden sich auf den Film freuen können.“