Polen: Vertreter der Weltreligionen erinnern an Auschwitz
Die internationale
Staatengemeinschaft soll die Erinnerung an die Schrecken in Auschwitz wach halten.
Das fordern Vertreter des Judentums, der katholischen Kirche und Israels beim Friedenstreffen
der Weltreligionen in Krakau. An der Versammlung in Polen nehmen 300 hochrangige Vertreter
von Christentum, Judentum, Islam, Buddhismus und anderen Religionen sowie aus der
Politik teil. Zum Abschluss des Treffens unterzeichnen die Religionsrepräsentanten
an diesem Dienstag auf dem historischen Marktplatz Krakaus einen gemeinsamen Friedensappell.
Die
schmerzhafte Erinnerung an die Shoah müsse die Menschheit zum friedlichen Zusammenleben
inspirieren. Das sagt in Krakau der ehemalige Vorsitzende des Internationalen Jüdischen
Komitees für Interreligiöse Beratungen (IJCIC), Rabbiner David Rosen. Er fordert einen
Fortgang des Wegs der Versöhnung zwischen den Religionen.
„Jede Erinnerung
hat – wie im Übrigen jeder andere Aspekt des Lebens auch – eine positive und eine
negative Seite. Im Pentateuch wird beispielsweise der Bedeutung der Erinnerung viel
Platz eingeräumt. Wieso sollten wir uns aber heutzutage an schreckliche Momente wie
in Auschwitz erinnern? Die Bibel bzw. die Thora würde darauf antworten, dass man damit
sensibler für die Mitmenschen wird. Die Herausforderung besteht aber darin, dass man
keine Angst hat, sich zu erinnern, sondern von der Erinnerung inspiriert wird, um
mehr Mitleid und Mitgefühl zu entwickeln.“ Es sei ein Zeichen des Triumphs,
dass genau 70 Jahren nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gerade in Polen ein
internationales Friedenstreffen stattfände, so Rabbi Rosen. Das jährliche Friedenstreffen
wird seit 1987 von der katholischen Basisgemeinschaft Sant'Egidio organisiert.
„Diese
Treffen verdanken wir vor allem dem verstorbenen Johannes Paul II. Nationen, die lange
Zeit verfeindet waren, arbeiten nun zusammen. Es herrscht ein total anderer Geist
als vor 70 Jahren. Wichtig ist, dass Religionsgemeinschaften bei Friedensgespräche
miteinbezogen werden. Denn Religion ist ein Teil der Lösung, um einen friedlichen
Prozess in Gang zu bringen. Das beweist die europäische Geschichte. Religionen müssen
politische Initiativen unterstützen, die sich für Frieden einsetzen. Das soll aber
nicht im stillen Kämmerlein geschehen. Deshalb sind solche interreligiöse Dialoge
wie hier in Krakau wichtig, weil wir auch die öffentliche Meinung darauf aufmerksam
machen.“ An diesem Dienstag besuchen die Teilnehmer des Friedenstreffens als
Zeichen der Versöhnung das ehemalige deutsche Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.
Dort wurden während des Zweiten Weltkriegs mehr als eine Million Menschen ermordet;
die meisten von ihnen waren Juden.