2009-09-07 13:47:07

Sudan: Jesuitenflüchtlingsdienst mahnt „Bildung statt Rüstung


RealAudioMP3 Der Jesuitenflüchtlingsdienst Ostafrika ruft die Regierung im Südsudan auf, mehr in die Bildung zu investieren. Damit reagiert das katholische Hilfswerk anlässlich des Weltalphabetisierungstages am 8. September auf die drastischen Kürzungen der südsudanesischen Regierung im Bildungssektor um mehr als 25 Prozent in den letzten Jahren. Das sei angesichts der wachsenden Zahl an Schülern und Auszubildenden seit dem Friedensabkommen 2005 unverantwortlich, sagte gegenüber Radio Vatikan die Sprecherin des Jesuitenflüchtlingsdienstes Ostafrika, Angelika Mendes:

„Wir kritisieren diesen Einschnitt aus dem einfachen Grund, weil Bildung ein Schlüssel für Entwicklung und Stabilität ist. Der Südsudan kommt aus einem zwanzigjährigen Bürgerkrieg und braucht dringend Stabilität und Frieden. Zudem muss man sehen, dass es in den letzten vier, fünf Jahren seit dem Friedensabkommen erhebliche Fortschritte gab im Bereich Bildung. Es liegt uns daran, dass diese Fortschritte aufrecht erhalten werden, so dass weiterhin in Bildung investiert wird und Bildung sicher gestellt wird, dass mehr Menschen im Sudan Zugang zu Bildung erhalten, damit sie langfristig in einem friedlichen Land leben können.“

Grund für die drastischen Kürzungen im Bildungsbereich ist die Finanznot der südsudanesischen Regierung. Diese bezieht ihr Einkommen hauptsächlich aus dem Handel mit Erdöl. Angesichts fallender Ölpreise sind die öffentlichen Gelder nun knapp. Der größte Teil werde in dem ehemaligen Bürgerkriegsland immer noch in Waffen und das Militär investiert. Das sei langfristig nicht der richtige Weg zu gesellschaftlicher Stabilität, kritisiert der Jesuitenflüchtlingsdienst. Der Wiederaufbau des Landes hinge dagegen massiv vom Ausbau des Bildungssystems ab, so Mendes.

„Es müssen Lehrer ausgebildet werden, und sie müssen regelmäßige Löhne erhalten. Das ist ein ganz großes Problem. Es gibt so viele Lehrer, die monatelang keine Löhne bekommen. Die Infrastrukturen müssen verbessert werden, denn zum Teil sitzen 100 bis 130 Schüler in einer Klasse. Diese Regierung steht vor einer immensen Aufgabe, weil es im Südsudan nach dem Krieg im Grund überhaupt kein Bildungssystem gab. Das versucht die Regierung jetzt von Null an aufzubauen und das mit sehr begrenzten Ressourcen, sowohl was das Personal betrifft, als auch finanzielle Mittel. Deshalb rufen wir auch die internationale Gemeinschaft und andere Organisationen, die in diesem Bereich arbeiten, dazu auf, die Regierung zu unterstützen, weil das eine Aufgabe ist, die sie nicht alleine bewältigen kann.“
 
Die Alphabetisierungsrate im Sudan liegt bei nur 20 Prozent. Vor allem Frauen und Mädchen haben kaum Zugang zu Bildung. Nur 10 Prozent können Lesen und Schreiben. Mädchen werden von ihren Familien oft als „Anlage“ gesehen. Der traditionelle Brautpreis im Sudan zählt zu den höchsten in Afrika: rund 40 Kühe. Das erste Interesse einer Familie sei daher, ihre Töchter zu verheiraten, berichtet Angelika Mendes:

„Viele Mädchen hören dann auf, in die Schule zu gehen, wenn sie verheiratet oder schwanger werden. Zudem wird der Platz der Frau traditionell eher bei ihrer Familie und im Haushalt gesehen, als in der Schule oder im Beruf. Das sind ganz festgefahrene kulturelle Muster, die nur sehr schwer zu verändern sind. Der Jesuitenflüchtlingsdienst hat deshalb spezielle Programme, mit denen Mädchen im Südsudan unterstützt werden. Es wird zum Beispiel ein Teil der Schulgeldgebühren zur Verfügung gestellt, die zahlen wir für sie. Und dann machen wir auch Kurse mit den Gemeinschaften und Familien, aus denen sie kommen, um diese Auffassungen zu verändern.“

(rv 07.09.2009 ad)








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