Es muss schon etwas
Besonderes sein, wenn ein in der Welt schon weit gereister Papst beschließt einen
nur wenigen Italienkenner bekannten Ort in Italien zu besuchen. An diesem Sonntag
ist es so weit: Papst Benedikt XVI. reist nach Viterbo und Bagnoregio. Die beiden
Städtchen, rund eineinhalb Stunden nördlich von Rom gelegen, haben eine intensive
religiöse Vergangenheit – und Gegenwart. In Viterbo fand im 13. Jahrhundert das längste
Konklave der Kirchengeschichte statt. Und jedes Jahr am 4. September feiert eine der
spektakulärsten katholischen Prozessionen Italiens die Heilige Rosa. In Bagnoregio
hingegen wird die einzige Reliquie des Heiligen Bonaventura aufbewahrt.
Sonntagmorgen
startet der Papst von seiner Sommerresidenz Castelgandolfo aus mit dem Helikopter
nach Viterbo. Erster Programmpunkt: Der Besuch des historischen Palastes der Päpste.
Benedikt wird einen Blick auf den legendären Konklave-Saal werfen, in dem die Kardinäle
1268 nach exakt 1005 Tagen Sedisvakanz einen neuen Papst bestimmten. Das gelang aber
nur, weil die mutigen Bürger von Viterbo die zerstrittenen Kirchenfürsten zuvor in
dem besagten Saal einsperrten.
Gleich im Anschluss an die Besichtigung feiert
Benedikt XVI. mit Zehntausenden Gläubigen einen Gottesdienst unter freiem Himmel.
Danach wird der Papst an der Gedenkstätte der Heiligen Rosa von Viterbo beten. Der
Organisator dieser Papstvisite, der Priester Flavio Valeri:
„Die Viterbesen
haben für die Heilige Rosa eine große Zuneigung. Am 4. September – also zwei Tage
vor dem Papstbesuch – gedenkt die Stadt der Überführung des Körpers der Heiligen ins
Kloster der Klarissinnen, wo er heute noch verehrt wird. Am 3. September um 21 Uhr
beginnt die Prozession, bei der 100 Männer diesen hohen Turm, die so genannte „Maschine
der Heiligen Rosa“, auf ihren Schultern durch die Stadt tragen. Diese Stele ist 30
Meter hoch und fünf Tonnen schwer.“
Die Heilige Rosa hatte 1685 die erste
öffentliche Mädchenschule der Apenninenhalbinsel gegründet. Nach dem Mittagessen besucht
Papst Benedikt das Heiligtum der „Madonna della Quercia“.
„Die Muttergottes
von der Eiche ist ein Andachtsbild, das auf einen Dachziegel gemalt ist. Es hing immer
schon an einer Eiche, daher der Name. Die Viterbesen verehren diese Madonna sehr,
auch wegen der Wunder, die sie gewirkt haben soll. Im Lauf der Jahrhunderte ist dann
dieses große Heiligtum rund um das Bild entstanden. Noch heute ist es Pilgerziel,
besonders am 2. Sonntag im September, wenn die Viterbesen den Pakt der Liebe zwischen
ihrer Stadt und der Madonna erneuern.“
Um 17 Uhr bringt der Hubschrauber
den Papst nach Bagnoregio. Dort besucht Benedikt privat die Nikolaus-Kathedrale, wo
er die einzige heute erhaltene Reliquie des Heiligen Bonaventura verehrt – es handelt
sich um den Arm des Kirchenlehrers. 1957 hatte sich der junge Joseph Ratzinger mit
einer Arbeit über „Die Geschichtstheologie des Heiligen Bonaventura“ habilitiert.
Pater Pietro Messa, Bonaventura-Forscher an der Päpstlichen Universität Antonianum:
„Bonaventura sagt, dass Jesus Christus wirklich der Mittelpunkt der Geschichte
ist; er ist der einzige Meister. Diese Zentralität Christi in der Lesart der Dreifaltigkeit
– das ist das wichtigste an Bonaventura. Und Joseph Ratzinger hat das in seiner Theologie
stark rezipiert, denken wir nur an sein Buch „Jesus von Nazareth“.
Nach
dem stillen Gebet an der Bonaventura-Reliquie ist eine Begegnung mit den Bewohnern
von Bagnoregio vorgesehen. Am Abend kehrt der Papst nach Castelgandolfo zurück.