Im Streit um die Vergabe des Hessischen Kulturpreises 2009 hat der Mainzer Kardinal
Karl Lehmann „unglaubliche Verdrehungen“ und „ausgesprochene Unwahrheiten“ in der
Medienberichterstattung beklagt. Leider hielten einige Leute ohne Rücksicht auf Fakten
an einem bestimmten „Vor-Urteil“ fest, wogegen er entschieden und leidenschaftlich
protestiere. Das schreibt der Mainzer Bischof in einem am Dienstag vorab veröffentlichten
Beitrag für die Bistumszeitung „Glaube und Leben“. Ursprünglich sollten neben Lehmann
der frühere evangelische Kirchenpräsident Peter Steinacker, der Vizepräsident des
Zentralrats der Juden, Salomon Korn, und der muslimische Schriftsteller und Islamwissenschaftler
Navid Kermani mit dem Preis ausgezeichnet werden. Im Mai hatte das Preis-Kuratorium
allerdings Kermani die bereits angekündigte Ehrung aberkannt. Am Freitag trafen sich
die vier designierten Preisträger dann zu einer gut zweistündigen vertraulichen Unterredung.
Danach teilten sie mit, die Kontroverse umfassend diskutiert zu haben. Sie seien der
Ansicht, dass Kermani „mitausgezeichnet“ werden solle. - In seinem Beitrag betont
Lehmann, es sei unwahr, dass Steinacker und er dafür gesorgt hätten, dass Kermani
von der Preisträgerliste wieder gestrichen worden sei. Er habe nie direkt darauf eingewirkt,
dass Kermani der Preis aberkannt worden sei. Bei Kermanis Nominierung habe es nicht
die geringste kritische oder gar negative Äußerung von ihm oder Steinacker gegeben.
Als danach Kermanis Zeitungsartikel über das Kreuz bekanntgeworden sei, so Lehmann,
habe er in einem Schreiben an Hessens Ministerpräsident Roland Koch erklärt, dass
für ihn als katholischen Bischof die Annahme des Preises schwierig werden könnte,
wenn Kermanis Aussagen keine Klarstellung fänden. „Ich musste es der entscheidenden
Instanz der Preisverleihung überlassen, auf welchen Wegen eine solche Klärung möglich
sein könnte“, erläutert Lehmann. Das sei aber nicht gelungen. Ausdrücklich weist Lehmann
darauf hin, dass die vertrauliche Unterredung in Mainz ausschließlich auf seine Initiative
und auf die von Steinacker zustande gekommen sei. Eine genauere Zielsetzung habe das
Gespräch nicht gehabt. „Wir wollten uns aussprechen und besser verstehen“, so der
Kardinal. Man habe strenges Stillschweigen vereinbart. Mit der nach dem Gespräch vorgelegten
gemeinsamen Erklärung sei auch alles gesagt.