2009-08-26 15:30:07

Schweiz: Das Bankgeheimnis und die katholische Soziallehre


RealAudioMP3 Wie kann man mit Geld ethisch korrekt umgehen? Das fragen sich derzeit viele Schweizer – und nicht nur – im Zusammenhang mit der Zukunft des eidgenössischen Bankgeheimnisses. Zum Rollen gebracht hat die Debatte der jüngste Schweizer Steuerstreit mit den USA.

Grundsätzlich seien Geld und Ethik keine Gegensätze. Denn Geld sei an sich kein „Teufelswerk“, sagt gegenüber Radio Vatikan der Generalsekretär der Schweizer Kommission „Justitia et Pax“, Wolfgang Bürgstein. Er ist Theologe und Ökonom. Die internationale Staatengemeinschaft müsse geeignete Rahmenbedingungen erarbeiten, so wie es im Übrigen Papst Benedikt XVI. in seiner Sozialenzyklika fordert. Sind aber das Schweizer Bankgeheimnis und die katholische Soziallehre überhaupt miteinander vereinbar? Dazu Bürgstein:

„Die Antwort auf diese scheinbar einfache Frage kann nicht so einfach ausfallen. Denn es gibt sehr unterschiedliche Prinzipien innerhalb der katholischen Soziallehre. Diese Lehre kennt die Prinzipien der Personalität, der Solidarität und des Gemeinwohls. Damit zeigt sich, welchen Spannungsbogen es gibt. Und unter diesen Prämissen muss das Bankgeheimnis diskutiert werden.“

So gebe es durchaus positive Aspekte des Bankgeheimnisses, meint der Generalsekretär der bischöflichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden:

„Offiziell heißt es ja Schweizer Bankkundengeheimnis. Es schützt also nicht die Bank, sondern es schützt den Kunden der Bank. Damit ist der Personenschutz angesprochen. Die Frage ist aber, wie weit darf und soll dieser Schutz gehen. Wenn man in die Vergangenheit zurückblickt, dann muss man auch zugeben, dass dieses Bankkundengeheimnis das Vermögen von verfolgten jüdischen deutschen Bürgern geschützt hat. Sie konnten ihr Vermögen sicher in die Schweiz bringen. Aus dieser Perspektive sind der Personenschutz und die Würde der Person ein starkes Argument.“

Dennoch könne man die negativen Seiten des Bankgeheimnisses aus katholischer Sicht nicht außerachtlassen. Bürgstein:

„Denken wir dabei an die verschiedenen Machthaber, die in der Öffentlichkeit im Gespräch waren, weil sie ihre dubiosen Gelder in der Schweiz lagerten. Das Thema Geldwäsche ist ein Argument, um zu sagen, dass das Bankgeheimnis mit der katholischen Soziallehre nicht kompatibel ist. Die katholische Soziallehre sucht nämlich ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Person und Gemeinwohl.“

Auch der deutsche Finanzminister übte jüngst Kritik an der Steueroase Schweiz. Das Alpenland biete günstige Bedingungen für Steuerhinterziehung und sei nur bei nachgewiesenem Steuerbetrug zur Zusammenarbeit bereit, so die Kritik aus Deutschland. Bürgstein:

„Bei dieser Auseinandersetzung mit und gegen die Schweiz herrscht sehr viel Scheinheiligkeit, und es sind politische Strategien mit im Spiel. Dies gilt besonders dann, wenn in anderen Ländern Wahlen anstehen oder sie selber innerhalb ihrer Staatenverbünde wie der EU am Pranger stehen. Ich denke schon, dass all diese Fragen einer ethischen Antwort bedürfen. Das ist sogar dringend nötig. Beim Umgang mit dem Geld muss die Schweiz natürlich heute und in Zukunft die eigentlich nicht nachvollziehbare Unterscheidung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug erklären.“

(rv 25.08.2009 mg)








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