Die Diskussion über die Gesundheitsreform in den USA heizt sich auf: Zuletzt wurden
von ignoranten Bürgern sogar Nazi-Symbole bemüht, um das von US-Präsident Barack Obama
vorgeschlagene Reformwerk zu kritisieren. Viel Fehlinformation und Falschinterpretation
schüren das Feuer. Am Mittwoch startete die „Nationale Glaubens-Gemeinde“ eine 40-tägige
Gebetsvigil, um die von den US-Bischöfen gestützte Kampagne für eine „faire und gerechte
Gesundheitsreform zum Wohle aller“ zu begleiten. Wie unsere US-Korrespondentin Brigitte
Schmitt berichtet, begrüßt die katholische Kirche die lang-überfällige Überholung
der kostspieligen Krankenversicherung, allerdings mit Vorbehalten.
Der Gesetzesvorschlag
des Ausschusses für Energie und Wirtschaft enthält zwei gravierende Mängel, sagt Richard
Doerflinger von der bischöflichen Pro-Life-Aktivistengruppe. Wenn die Krankenversicherung
von der Regierung verwaltet wird, die so genannte „public option“, dann heißt das,
dass jeder Beitragszahler verpflichtet ist, Abtreibungen mitzufinanzieren. So wie
die Pläne derzeit stehen, würden nicht nur medizinisch indizierte Schwangerschaftsabbrüche
sondern alle Abtreibungen mit Steuergeldern bezahlt. Das wollen viele Amerikaner nicht.
Außerdem würde der Gesetzesvorschlag den bislang gültigen Ausschluss einer Abtreibungsfinanzierung
durch Regierungsprogramme aufheben. Lebensschutzaktivisten sind klar in ihrer Botschaft:
Das Krankenversicherungssystem muss reformiert werden, aber nicht auf Kosten des ungeborenen
Lebens. Kardinal Justin Rigali hatte erst vor einer Woche in einem Brief an die Volksvertreter
davor gewarnt, mit der Reform hart erkämpfte Lebensschutzregeln durch die Hintertür
aufzuweichen. Angesichts der ausartenden öffentlichen Diskussion lancierten die Bischöfe
vergangene Woche eine eigene Webseite mit der Kirchenposition sowie zahlreichen Hintergrundinformationen.
Kirche
fordert Schutz des Lebens Die katholische Kirche ist als Träger von rund
1.000 Krankenhäusern und Altenheimen ein wichtiger Argumentationspartner. Der kirchliche
Forderungskatalog betont, dass jede Art von Reform den Schutz und die Würde des Lebens
verteidigen sowie eine gerechte Krankenversicherung für alle, vor allem die Armen
garantieren muss. Außerdem sollen die Kosten reduziert und die Kostenlast auf alle
Beitragszahler gerecht verteilt werden. Präsident Obama weiß, dass er die Gläubigen
für seinen Plan gewinnen muss. Am Mittwoch sprach er in einer ersten Konferenz mit
Vertretern der jüdischen Gemeinde. In einer zweiten Konferenz will er die Repräsentanten
der anderen Glaubensrichtungen von den Vorteilen seiner Reform überzeugen. Pfarrer
wie Pastoren sind wichtige Multiplikatoren, schließlich erreichen sie über die Kanzel
eine Mehrheit der Bürger.