In Afghanistan sind
an diesem Donnerstag 17 Millionen Menschen zum Urnengang aufgerufen. Der Fortgang
der Wahlen wurde unterdessen von neuer Gewalt überschattet. In der Stadt Baghlan versuchten
Aufständische, die Öffnung der Wahllokale zu verhindern. Aus Kabul und anderen Landesteilen
wurden weitere Schießereien gemeldet. Wegen des zunehmenden Terrors sind die Sicherheitsvorkehrungen
massiv verstärkt worden. Neben 100.000 internationalen Soldaten sind etwa 200.000
afghanische Sicherheitskräfte im Einsatz. Auch die deutsche Bundeswehr sichert diese
für das Land so wichtige Präsidentenwahl. Die als „humanitär“ benannte Bundeswehrmission
wurde in Deutschland wegen vieler Opfer unter deutschen Soldaten stark kritisiert.
Wie die Soldaten mit der brenzligen Situation im Vorfeld der Wahlen umgehen, berichtete
Pater Jonathan Göllner dem Kölner Domradio. Göllner ist Militärseelsorger und lebt
mit den deutschen Soldaten im Feldlager in Kunduz zusammen. Die deutschen Soldaten
seien zwischen Angst und Pflichtgefühl hin- und hergerissen. Göllner:
„Die
aktuelle Lage geht nicht spurlos an den Soldaten vorbei, weder die Lage hier in Afghanistan
noch die in Deutschland. Die Soldaten sind natürlich momentan sehr stark eingebunden
in die Absicherung und die Vorbereitung der Wahlen. Viele Soldaten sehen es wirklich
als ihren guten Auftrag an, dem Land zu helfen, die Wahlen zu schützen, und der Bevölkerung
die Teilnahme zu ermöglichen. Aber natürlich sind sie sich auch der Gefahr bewusst.“
Afghanistan
drohe zu einem neuen Vietnam zu werden – so die jüngste Einschätzung eines Priesters
in Kabul im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Adnkronos. Der Mann wollte aus Sicherheitsgründen
anonym bleiben. Die Absicherung der Wahlen ist wegen möglicher Anschläge für die Bundeswehrsoldaten
besonders gefährlich. Vor allem jetzt bräuchten sie deshalb Unterstützung, so Pater
Göllner, und nicht nur von ihren Familien.
„Wichtig ist den Soldaten vor
allen Dingen der Rückhalt untereinander, in den einzelnen Gruppen oder auch der Besatzung
auf den Fahrzeugen. Wichtig ist, das Gefühl zu haben: Wir machen das hier gemeinsam
für Deutschland.“
Seelsorger Göllner tut vor Ort sein Bestes, um den Soldaten
Mut zu machen:
„Ich begleite die Soldaten bevor sie in den Einsatz gehen
und wenn sie zurückkommen. Wir haben hier ein kleines Krankenhaus, in das ich gehe,
um die Patienten zu besuchen. Ich führe mit den Soldaten vor und nach den Einsätzen
Gespräche. Es gibt aber auch ein Betreuungsprogramm im Feldlager, das von Kirchenkino
bis hin zum wöchentlichen Bibelfrühstück geht. Es geht darum, Möglichkeiten der Begegnung
und der Begleitung zu organisieren – das ist meine Aufgabe.“
Bei der zweiten
demokratischen Präsidentenwahl in Afghanistan seit Vertreibung der Taliban werden
an diesem Donnerstag auch die Räte der 34 afghanischen Provinzen neu gewählt. Präsident
Hamid Karsai gilt als Favorit für das Präsidentenamt, könnte aber nach Vorhersagen
vom früheren Außenminister Abdullah Abdullah in die Stichwahl gezwungen werden. Karsai
ist in letzter Zeit international und in Afghanistan in die Kritik geraten, da sich
die Sicherheitslage im Land während seiner Amtszeit kaum verbessert hat.