2009-08-20 11:42:44

Afghanistan: Wählen auf Lebensgefahr


RealAudioMP3 In Afghanistan sind an diesem Donnerstag 17 Millionen Menschen zum Urnengang aufgerufen. Der Fortgang der Wahlen wurde unterdessen von neuer Gewalt überschattet. In der Stadt Baghlan versuchten Aufständische, die Öffnung der Wahllokale zu verhindern. Aus Kabul und anderen Landesteilen wurden weitere Schießereien gemeldet. Wegen des zunehmenden Terrors sind die Sicherheitsvorkehrungen massiv verstärkt worden. Neben 100.000 internationalen Soldaten sind etwa 200.000 afghanische Sicherheitskräfte im Einsatz. Auch die deutsche Bundeswehr sichert diese für das Land so wichtige Präsidentenwahl. Die als „humanitär“ benannte Bundeswehrmission wurde in Deutschland wegen vieler Opfer unter deutschen Soldaten stark kritisiert. Wie die Soldaten mit der brenzligen Situation im Vorfeld der Wahlen umgehen, berichtete Pater Jonathan Göllner dem Kölner Domradio. Göllner ist Militärseelsorger und lebt mit den deutschen Soldaten im Feldlager in Kunduz zusammen. Die deutschen Soldaten seien zwischen Angst und Pflichtgefühl hin- und hergerissen. Göllner:

„Die aktuelle Lage geht nicht spurlos an den Soldaten vorbei, weder die Lage hier in Afghanistan noch die in Deutschland. Die Soldaten sind natürlich momentan sehr stark eingebunden in die Absicherung und die Vorbereitung der Wahlen. Viele Soldaten sehen es wirklich als ihren guten Auftrag an, dem Land zu helfen, die Wahlen zu schützen, und der Bevölkerung die Teilnahme zu ermöglichen. Aber natürlich sind sie sich auch der Gefahr bewusst.“

Afghanistan drohe zu einem neuen Vietnam zu werden – so die jüngste Einschätzung eines Priesters in Kabul im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Adnkronos. Der Mann wollte aus Sicherheitsgründen anonym bleiben. Die Absicherung der Wahlen ist wegen möglicher Anschläge für die Bundeswehrsoldaten besonders gefährlich. Vor allem jetzt bräuchten sie deshalb Unterstützung, so Pater Göllner, und nicht nur von ihren Familien.

„Wichtig ist den Soldaten vor allen Dingen der Rückhalt untereinander, in den einzelnen Gruppen oder auch der Besatzung auf den Fahrzeugen. Wichtig ist, das Gefühl zu haben: Wir machen das hier gemeinsam für Deutschland.“

Seelsorger Göllner tut vor Ort sein Bestes, um den Soldaten Mut zu machen:

„Ich begleite die Soldaten bevor sie in den Einsatz gehen und wenn sie zurückkommen. Wir haben hier ein kleines Krankenhaus, in das ich gehe, um die Patienten zu besuchen. Ich führe mit den Soldaten vor und nach den Einsätzen Gespräche. Es gibt aber auch ein Betreuungsprogramm im Feldlager, das von Kirchenkino bis hin zum wöchentlichen Bibelfrühstück geht. Es geht darum, Möglichkeiten der Begegnung und der Begleitung zu organisieren – das ist meine Aufgabe.“

Bei der zweiten demokratischen Präsidentenwahl in Afghanistan seit Vertreibung der Taliban werden an diesem Donnerstag auch die Räte der 34 afghanischen Provinzen neu gewählt. Präsident Hamid Karsai gilt als Favorit für das Präsidentenamt, könnte aber nach Vorhersagen vom früheren Außenminister Abdullah Abdullah in die Stichwahl gezwungen werden. Karsai ist in letzter Zeit international und in Afghanistan in die Kritik geraten, da sich die Sicherheitslage im Land während seiner Amtszeit kaum verbessert hat.

(domradio/adnkronos/dw/rv 20.08.2009 pr)







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