In Berlin treffen
sich heute 12 überlebende Juden aus osteuropäischen Ghettos und jugendliche Deutsche.
Die Begegnung wird organisiert vom katholischen Begegnungshaus „In Via Center“ Berlin
und vom katholischen „Maximilian Kolbe-Werk“. Am Telefon ist nun Gabriele Knapp vom
„In Via Center“. Sie ist Referentin für religiöse Bildung und organisiert das Treffen
der Ghetto-Überlebenden und der jungen Leute:
„Wir haben die Absicht, eine
Begegnung zu schaffen mit Deutschen, wo wir versuchen, ein gewisses Maß an Versöhnung
zustande zu bekommen. Wiedergutmachung wird es nie geben. Aber wir wollen den Überlebenden
die Gelegenheit geben, Deutsche anders kennen zu lernen, ihnen von Mensch zu Mensch
zu begegnen, vor allem durch Mitmenschlichkeit. Und die Jugendlichen haben heute ja
kaum noch Gelegenheit, Zeitzeugen zu treffen, die das erlebt haben, die Zeit des Nationalsozialismus,
und ihre Fragen zu stellen.“
Die 12 Ghetto-Überlebenden sind zwischen 65
und 87 Jahre alt. Sie stammen aus Warschau, Lemberg oder Krakau. Sie sind für zwei
Wochen in Berlin, bekommen medizinische Hilfen und sollen sich etwas erholen. Einer
der jugendlichen Teilnehmer ist Christian Ziebertz. Er ist 19 Jahre alt, Abiturient,
und wird demnächst ein Jahr im American Jewish Center in Washington mitarbeiten. Während
seiner Schulzeit habe er sich intensiv mit dem Holocaust beschäftigt:
„Das
ist immer Geschichte aus dem Geschichtsbuch. Eigentlich ist der Holocaust Leid, das
Menschen widerfahren ist. Und in solchen Gesprächen besteht eine Möglichkeit, mit
den Opfern, den Überlebenden zu sprechen. Die Generation, die das miterlebt hat, ist
ja nun schon sehr alt. Deshalb ist es jetzt, wo man solche Gespräche noch führen kann,
jede Gelegenheit Wert, daran teilzunehmen.“
Das Treffen heute findet unter
Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Auch Journalisten werden nicht dabei sein. Die
Organisatoren wollen damit auf die erlittenen Verletzungen der Holocaust-Opfer Rücksicht
nehmen. Die Ghetto-Überlebenden und die Jugendlichen wurden gezielt auf das Gespräch
vorbereitet, sagt Gabriele Knapp:
"Sie werden erfahren, was es bedeutet
hat, als Kind versteckt über Monate, vielleicht Jahre gelebt zu haben, mit der Angst
entdeckt zu werden oder aber auch im Ghetto gewesen zu sein, täglich erleben zu müsse,
was Hunger, was Angst, was Sterben bedeutet. Die Überlebenden sind vorbereitet auf
die Begegnung, dass sie wissen, dass die Jugendlichen sie nicht verletzen wollen mit
ihren Fragen, dass sie manchmal scheinbar leichte Fragen stellen, die für uns schwer
zu beantworten sind."