Der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, reist Ende August zum ersten
Mal nach Afrika. Er besucht für zehn Tage Nigeria und will sich dort für den christlich-muslimischen
Dialog einsetzen. Für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz ist es die
erste Afrika-Reise. Entsprechend neugierig ist er denn auch:
„Die Kirche
in Deutschland hilft ja viel in Afrika, etwa über Misereor und über Missio. Und es
kommen auch sehr viele Bischöfe von Afrika hier zu Besuch. Es studieren auch immer
wieder Priester bei uns, die die Kontakte suchen. Und da ist es mir jetzt wichtig,
auch mal selber den Kontinent zumindest in einem Punkt erlebt zu haben.“
Für
das Reiseziel Nigeria hat sich Zollitsch mit einem Blick auf die Landkarte bewußt
entschieden: Schließlich ist es eines der großen Länder Afrikas – 140 Millionen Einwohner
– und hat eine große christliche – aber auch eine etwas größere islamische Gruppe.
„Das heißt, wir haben zugleich die ganzen Probleme Afrikas auch in Nigeria zusammen.
Und wir haben auch zugleich die wirtschaftlichen Probleme in Nigeria zusammen. Denn
wir haben den reichen Westen, wo es großen Ölreichtum gibt, wo die Industrie boomt;
allerdings auch die ganzen Gegensätze zu erleben sind, die es sozial gibt in Afrika.
Wir haben dann den stärker christlichen Südosten.“
Und dann ist da noch
der muslimisch geprägte Norden von Nigeria, in dem die Christen eine schwache Minderheit
sind. In einigen Teilen des Nordens gilt die Scharia, und immer wieder mal kommt es
hier auch zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Christen. Zollitsch:
„Wir
haben Teile, wo die Christen tatsächlich nicht nur abgelehnt, sondern geradezu verfolgt
werden. Benachteiligt werden sie dort überhaupt... Aber es gibt auch dort Chancen
und Möglichkeiten des Gesprächs zwischen Christen und Muslimen. Und diese Chance will
ich nützen.“
Der Besucher aus Deutschland will viele Gespräche führen –
mit Mitbischöfen, in Priesterseminaren, mit muslimischen Vertretern. Auch der Besuch
in einem Gefängnis steht auf Zollitschs Programm. Der Erzbischof, der bisher noch
nicht viel durch die Welt gereist ist, will vor allem zuhören.
„Afrika ist
für mich der unbekannte Kontinent. Und jetzt die Menschen Afrikas, die ich hier immer
erlebe, wenn sie mich besuchen oder wenn sie hier studieren, auch an ihrem Ort zu
erleben – das ist für mich etwas ganz Neues. Ich gehe davon aus, dass ich damit auch
ein tieferes Verständnis finde für Afrikaner und für die Lebensweise dort. Es geht
mir auch darum, selber zu erfahren, was die Hilfe bedeutet, die etwa Misereor oder
über Missio von Deutschland aus nach Afrika geht.“
Bei seiner Tour kreuz
und quer durch Nigeria hat sich der Freiburger Erzbischof vor allem eines vorgenommen:
„Ich
möchte jetzt tatsächlich nicht nur die Solidarität zeigen, sondern ich möchte auch
die Christen ermutigen zum Dialog miteinander. Denn die Spannungen zwischen dem katholischen
Teil der Christen und den anderen Konfessionen und Gruppierungen ist durchaus da,
wenn ich etwa an die ganzen Fragen des Fundamentalismus und der pfingstlichen Bewegung
denke. Da merken wir, dass die klassischen Kirchen fast in eine Krise kommen! Und
es ist wichtig nun, diesen Dialog zu führen - und auch für uns wichtig, von dem Dialog
dort zu erfahren."
Die Christen in Nigeria sollten trotz aller internen
Differenzen lernen, mehr mit einer Stimme zu sprechen, findet Zollitsch. Das sei wichtig
vor allem den Moslems gegenüber.
„Ich werde mich auch mit einigen muslimischen
Vertretern treffen, weil es durchaus auch erfolgversprechende gute Ansätze gibt zwischen
den Christen und den Muslimen, die miteinander das Gespräch suchen. Es ist ja auch
im muslimischen Teil des Nordens keineswegs überall die gleiche Situation!“
Nigeria
– Land der Gegensätze. Nicht nur in religiöser Hinsicht. Auch wirtschaftlich-sozial.
Das Land hat reiche Bodenschätze – Öl vor allem, im Westen.
„Der Ölreichtum
wird vor allem ausgenützt von ausländischen Gesellschaften: Es gibt leider zu viele,
die sich dort daran bereichern, ohne dass es dem Volk zugute kommt. Sie merken es
ja dann, wenn etwa Ölleitungen angebohrt werden, weil die armen Menschen dort auch
etwas von dem Öl profitieren wollen... und dass es deswegen oft auch zum Unglück kommt.
Wir werden da verschiedene Gespräche führen, meine Begleiter und ich.“
Auch
mit Politikern und Behördenvertretern will die Delegation aus Deutschland das Gespräch
suchen. Erzbischof Zollitsch gibt sich allerdings keinen Illusionen hin:
„Wir
sind noch weit weg davon, dass Nigeria ein demokratisches Land wäre. Ganz unabhängig
von der Konfession derer, die die Macht hatten, war es immer wieder die Korruption
und die Bereicherung einger weniger, die am Ende einer jeden Regierung stand. Ich
hoffe, dass wir etwas zu einem anderen Bewußtsein in dieser Hinsicht beitragen können
- zumal die Bischöfe in Nigeria (wir haben ja immerhin dort 52 Bistümer) sich dort
zum großen Teil sehr stark engagieren. Es geht mir auch darum, den Bischöfen den Rücken
zu stärken.“
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ist davon
überzeugt, dass auch die deutschen Christen viel lernen können von ihren Glaubensbrüdern
und –schwestern in Nigeria.
„...etwa wenn ich an die Spontaneität im religiösen
Leben denke, wenn ich daran denke, wie Afrikaner selbstverständlich über ihren Glauben
sprechen können. Ich bin auch gespannt auf die Liturgie, die in Afrika ja nicht mit
einer Stunde zu Ende ist! Ich hoffe, dass die Feier der Liturgie mich auch ein bisschen
ansteckt.“