2009-08-10 13:16:26

Zollitsch: Neugierig auf Afrika


RealAudioMP3 Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, reist Ende August zum ersten Mal nach Afrika. Er besucht für zehn Tage Nigeria und will sich dort für den christlich-muslimischen Dialog einsetzen. Für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz ist es die erste Afrika-Reise. Entsprechend neugierig ist er denn auch:

„Die Kirche in Deutschland hilft ja viel in Afrika, etwa über Misereor und über Missio. Und es kommen auch sehr viele Bischöfe von Afrika hier zu Besuch. Es studieren auch immer wieder Priester bei uns, die die Kontakte suchen. Und da ist es mir jetzt wichtig, auch mal selber den Kontinent zumindest in einem Punkt erlebt zu haben.“

Für das Reiseziel Nigeria hat sich Zollitsch mit einem Blick auf die Landkarte bewußt entschieden: Schließlich ist es eines der großen Länder Afrikas – 140 Millionen Einwohner – und hat eine große christliche – aber auch eine etwas größere islamische Gruppe.

„Das heißt, wir haben zugleich die ganzen Probleme Afrikas auch in Nigeria zusammen. Und wir haben auch zugleich die wirtschaftlichen Probleme in Nigeria zusammen. Denn wir haben den reichen Westen, wo es großen Ölreichtum gibt, wo die Industrie boomt; allerdings auch die ganzen Gegensätze zu erleben sind, die es sozial gibt in Afrika. Wir haben dann den stärker christlichen Südosten.“

Und dann ist da noch der muslimisch geprägte Norden von Nigeria, in dem die Christen eine schwache Minderheit sind. In einigen Teilen des Nordens gilt die Scharia, und immer wieder mal kommt es hier auch zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Christen. Zollitsch:

„Wir haben Teile, wo die Christen tatsächlich nicht nur abgelehnt, sondern geradezu verfolgt werden. Benachteiligt werden sie dort überhaupt... Aber es gibt auch dort Chancen und Möglichkeiten des Gesprächs zwischen Christen und Muslimen. Und diese Chance will ich nützen.“

Der Besucher aus Deutschland will viele Gespräche führen – mit Mitbischöfen, in Priesterseminaren, mit muslimischen Vertretern. Auch der Besuch in einem Gefängnis steht auf Zollitschs Programm. Der Erzbischof, der bisher noch nicht viel durch die Welt gereist ist, will vor allem zuhören.

„Afrika ist für mich der unbekannte Kontinent. Und jetzt die Menschen Afrikas, die ich hier immer erlebe, wenn sie mich besuchen oder wenn sie hier studieren, auch an ihrem Ort zu erleben – das ist für mich etwas ganz Neues. Ich gehe davon aus, dass ich damit auch ein tieferes Verständnis finde für Afrikaner und für die Lebensweise dort. Es geht mir auch darum, selber zu erfahren, was die Hilfe bedeutet, die etwa Misereor oder über Missio von Deutschland aus nach Afrika geht.“

Bei seiner Tour kreuz und quer durch Nigeria hat sich der Freiburger Erzbischof vor allem eines vorgenommen:

„Ich möchte jetzt tatsächlich nicht nur die Solidarität zeigen, sondern ich möchte auch die Christen ermutigen zum Dialog miteinander. Denn die Spannungen zwischen dem katholischen Teil der Christen und den anderen Konfessionen und Gruppierungen ist durchaus da, wenn ich etwa an die ganzen Fragen des Fundamentalismus und der pfingstlichen Bewegung denke. Da merken wir, dass die klassischen Kirchen fast in eine Krise kommen! Und es ist wichtig nun, diesen Dialog zu führen - und auch für uns wichtig, von dem Dialog dort zu erfahren."

Die Christen in Nigeria sollten trotz aller internen Differenzen lernen, mehr mit einer Stimme zu sprechen, findet Zollitsch. Das sei wichtig vor allem den Moslems gegenüber.

„Ich werde mich auch mit einigen muslimischen Vertretern treffen, weil es durchaus auch erfolgversprechende gute Ansätze gibt zwischen den Christen und den Muslimen, die miteinander das Gespräch suchen. Es ist ja auch im muslimischen Teil des Nordens keineswegs überall die gleiche Situation!“

Nigeria – Land der Gegensätze. Nicht nur in religiöser Hinsicht. Auch wirtschaftlich-sozial. Das Land hat reiche Bodenschätze – Öl vor allem, im Westen.

„Der Ölreichtum wird vor allem ausgenützt von ausländischen Gesellschaften: Es gibt leider zu viele, die sich dort daran bereichern, ohne dass es dem Volk zugute kommt. Sie merken es ja dann, wenn etwa Ölleitungen angebohrt werden, weil die armen Menschen dort auch etwas von dem Öl profitieren wollen... und dass es deswegen oft auch zum Unglück kommt. Wir werden da verschiedene Gespräche führen, meine Begleiter und ich.“

Auch mit Politikern und Behördenvertretern will die Delegation aus Deutschland das Gespräch suchen. Erzbischof Zollitsch gibt sich allerdings keinen Illusionen hin:

„Wir sind noch weit weg davon, dass Nigeria ein demokratisches Land wäre. Ganz unabhängig von der Konfession derer, die die Macht hatten, war es immer wieder die Korruption und die Bereicherung einger weniger, die am Ende einer jeden Regierung stand. Ich hoffe, dass wir etwas zu einem anderen Bewußtsein in dieser Hinsicht beitragen können - zumal die Bischöfe in Nigeria (wir haben ja immerhin dort 52 Bistümer) sich dort zum großen Teil sehr stark engagieren. Es geht mir auch darum, den Bischöfen den Rücken zu stärken.“

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ist davon überzeugt, dass auch die deutschen Christen viel lernen können von ihren Glaubensbrüdern und –schwestern in Nigeria.

„...etwa wenn ich an die Spontaneität im religiösen Leben denke, wenn ich daran denke, wie Afrikaner selbstverständlich über ihren Glauben sprechen können. Ich bin auch gespannt auf die Liturgie, die in Afrika ja nicht mit einer Stunde zu Ende ist! Ich hoffe, dass die Feier der Liturgie mich auch ein bisschen ansteckt.“

(rv 10.08.2009 sk)







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