Die Bischöfe von Nicaragua
kritisieren die von Präsident Daniel Ortega geplante Verfassungsreform. Mit der Änderung
wäre - nach dem Vorbild Venezuelas - die bisher nicht vorgesehene Neuwahl Ortegas
möglich. Bei der offiziellen Feier zum 30. Jahrestag der Revolution in Nicaragua hatte
der linksgerichtete Präsident vorgeschlagen, das Volk solle über die Änderung abstimmen.
Eine solche Reform schädigt freilich die Wurzeln der Demokratie, meint Elisabeth Freitag,
Mittelamerika-Referentin des katholischen Hilfswerkes Adveniat.
„Die Bischöfe
wollen das Thema nicht abhaken, denn es handelt sich um ein sehr ernstes Problem der
Demokratie, das sich im Führungsstil der Regierung zeigt. Die Frage wird sein, wie
der Präsident auf den Druck, den er bekommt – auch vom Ausland – reagieren wird. Nimmt
er ihn wahr oder nicht? Es ist sehr wichtig, dass diese Spannungen auf institutioneller
Ebene ausgetragen werden, und ich glaube, die Bischöfe sind sich der Verantwortung
bewusst, die sie im Land haben. Sie sind eine Institution, die in dem Land sehr respektiert
wird.“
Es ist nicht das erste Mal, dass die nicaraguanischen Bischöfe mit
dem Regierungskurs nicht einverstanden sind: Sie beanstandeten auch die Kommunalwahl
Ende vergangenen Jahres, bei der es nach Ansicht der Opposition zu Wahlbetrug gekommen
war. Schon seit Jahresbeginn waren Gespräch zwischen der Bischofskonferenz und der
Regierung geplant – bisher kamen sie nicht zustande.
„Natürlich kann es
nicht zustande kommen, wenn ein politischer Repräsentant des Landes derart autoritäre,
nahezu diktatorische Tendenzen zeigt. Das heißt, er sucht den Monolog und das Gespräch
vor den Massen. Die Bischöfe suchen aber einen differenzierten Dialog.“
Differenziert,
das bedeutet etwa, die Regierung nicht in Bausch und Bogen abzulehnen, sondern auch
Gutes zu würdigen, das sie tut. Vor den Wahlen hatten die Bischöfe Nicaraguas bereits
eine Stellungnahme zu Ortegas Regierungsführung abgegeben. Freitag:
„Was
sah die Bischofskonferenz als positiv? Eine Verbesserung der Situation im Erziehungsbereich,
in den Schulen, im öffentlichen Gesundheitsdienst, auch bei Wohnungsbauprogrammen.
Als negative Seiten strich sie heraus: Mangelnde Transparenz bei der Vergabe ausländischer
Hilfsgelder, im Politikstil ein gewisser Autoritarismus. Und die Bischöfe sprechen
damals schon von einer Gefahr der Polarisierung im Land. Ihr Appell an die Kandidaten
war, respektvoll miteinander umzugehen, ihr Appell an die Medien: Objektiv, wahrheitsgemäß
und professionell zu berichten.“
Am 30. Jahrestag der Revolution von Nicaragua
feiert die Nationale Sandinistische Befreiungsfront (FSLN) unter Präsident Ortega
den Sturz der Diktatur des Somoza-Clans vor 30 Jahren. Von 1979 bis 1990 regierten
die Sandinisten das mittelamerikanische Land. Ortegas Wiederwahl im Jahr 2006 ist
umstritten, da er sie nur aufgrund der vorherigen Änderung des Wahlrechtes gewann.