2009-07-13 13:29:49

Brasilien: „Es ist schwer, mit Sekten zu sprechen“


RealAudioMP3 Die Kirche in Brasilien steht heute vor neuen Herausforderungen: Die wachsende Resonanz evangelikaler Sekten gerade auch in den armen Bevölkerungsschichten stellt eine nie da gewesene „Konkurrenz“ zur katholischen Kirche dar. Die Zahl der Priester geht gleichzeitig zurück. Mit einem verstärkten Engagement von Laien will die katholische Kirche in ganz Lateinamerika die Sekten stoppen. In Brasilien, wo sich derzeit noch drei Viertel der 166 Millionen Einwohner zum Katholizismus bekennen, sei die Lage besonders alarmierend. Das sagt Pater Hugo Scheer im Gespräch mit „Kirche in Not“. Der Steyler Missionar lebt seit rund 30 Jahren in der brasilianischen Stadt Vittoria. Bereits vor zwei Jahren wurde bei der Bischofsversammlung aller südamerikanischen Bischöfe in Aparecida auf das Sektenproblem hingewiesen. Dazu Pater Scheer:

„Es ist sehr wichtig, – und das haben die Bischöfe in Aparecida auch betont – dass wir uns nicht gegen die Pfingstkirchen und andere derartige Gruppierungen abgrenzen. Wir müssen versuchen, mit ihnen einen Dialog aufzunehmen, aber das ist äußerst schwierig. Die katholische Kirche in Brasilien hat zum Beispiel einige Schriften gemeinsam mit Pfingstgemeinden herausgebracht. Dabei handelt es sich aber um Pfingstgemeinden im traditionellen Sinne, die Anfang des vergangenen Jahrhunderts in Europa gegründet wurden und dann nach Lateinamerika kamen. Die neuen Pfingstgemeinden haben sich alle in Lateinamerika gegründet. Mit ihnen ist es sehr schwer, in einen Dialog zu treten.“

Auch könne die katholische Kirche durchaus von den Sekten lernen, meint der deutschstämmige Steyler-Missionar Hugo Scheer.

„Lernen können wir von diesen Pfingstgemeinden vor allem, wie man die Medien zur Mission und zur Seelsorge nutzen kann. Im Fernsehen und Internet müssen wir als katholische Kirche deutlich präsenter werden. Und zum anderen können wir einen gewissen missionarischen Eifer von ihnen lernen. Jeder getaufte Katholik muss sich bewusst sein, wenn er wirklich katholisch handeln will, dann muss er auch ein Missionar sein. Dabei geht es uns im Unterschied zu den Sekten aber nicht darum, anderen etwas aufzuzwingen, sondern wir wollen für die Menschen da sein und ihnen ihre eigene Identität aus christlicher Sicht klar machen. Wir wollen das Vorbild Christi leben, damit die Menschen sehen: So geht´s auch! Und genau an diesem gelebten Vorbild hat es in der Vergangenheit manchmal gefehlt.“

Allgemein gilt Lateinamerika als fest in der katholischen Kirche verwurzelter Kontinent. Allerdings: Vielen südamerikanischen Katholiken fehle die Berufung für den Missionsdienst, sagt Pater Scheer:

„Sehen Sie, ich bin Steyler Missionar, gehöre also schon vom Namen her einem Missionsorden an. Ich habe mich oft gewundert, wie schwierig es für die brasilianischen Familien war, obwohl sie sehr kinderreich waren, eines ihrer Kinder loszulassen und ihm zu erlauben, zum Beispiel nach Afrika oder nach Indien in die Mission zu gehen. Die Schwierigkeit lag darin, dass es den Menschen überhaupt nicht bewusst war, dass man als Christ auch Missionar sein muss. Und da haben wir auch heute noch als Katholiken einen großen Nachholbedarf, während die Freikirchen gerade ihr großer Missionsdrang auszeichnet. Dort steht man den Menschen 24 Stunden am Tag zur Verfügung, die Freikirchen haben immer geöffnet. Nicht so wie unsere katholischen Kirchen, die außerhalb der Gottesdienste verriegelt werden, weil man Angst vor Kunstdieben hat. Das darf aber nicht unsere größte Sorge bleiben, sondern wir müssen mehr für die Menschen da sein.“

(pm/rv 13.07.2009 mg)








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