Papst-Appell für Versöhnung in Honduras – Gegen „Absolutismus der Technik“
Benedikt XVI. ruft
die streitenden Parteien in Honduras zur Versöhnung auf. Beim Angelusgebet am Sonntag
erklärte der Papst, er verfolge die Nachrichten aus dem lateinamerikanischen Land
„mit großer Sorge“. Der honduranische Präsident Manuel Zelaya ist vom Militär abgesetzt
und außer Landes gebracht worden; Vermittlungsgespräche haben bisher zu keinen greifbaren
Ergebnissen geführt.
„Ich lade euch ein, für Honduras zu beten, damit die Verantwortlichen
der Nation und alle ihre Einwohner geduldig den Weg des Dialogs, des gegenseitigen
Verständnisses und der Versöhnung einschlagen. Das ist möglich, wenn man die Eigeninteressen
überwindet und wenn jeder versucht, die Wahrheit zu finden und hartnäckig das Gemeinwohl
zu suchen. Für ein friedliches Zusammenleben und ein echtes demokratisches Leben
ist das die Voraussetzung! Ich bete für das Volk von Honduras und segne es.“
Ein
honduranischer Bischof hat derweil Meldungen dementiert, wonach der Vatikan die Unterstützung
der Ortskirche für den Staatsstreich in Honduras kritisiert habe. Der Heilige Stuhl
respektiere, dass elf Bischöfe eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben hätten, sagte
Weihbischof Darwin Andino aus Tegucigalpa der Tageszeitung „El Heraldo“. Diese Erklärung
sei auch von Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga unterzeichnet. Die Bischöfe
hatten vor einer Woche die Entmachtung des gewählten Präsidenten Manuel Zelaya indirekt
für rechtmäßig erklärt. Die Bischofskonferenz sei nach Prüfung aller ihr vorliegenden
Dokumente zu dem Schluss gekommen, dass die staatlichen Institutionen nach demokratischem
Recht und im Einklang mit der Verfassung gehandelt hätten. In Tegucigalpa kamen am
Wochenende mehrere Tausende Gläubige im Baseball-Stadion zusammen, um während eines
ökumenischen Gottesdienstes für den Frieden und den Dialog im Land zu beten. Kardinal
Rodriguez bekräftigte derweil die Kritik der Kirche am Vorgehen der Organisation
Amerikanischer Staaten (OAS), die den Staatsstreich in Honduras verurteilt hatte und
eine Wiedereinsetzung Zelayas fordert: „Die OAS hat vorschnell gehandelt, ohne die
Dokumente zu kennen“, sagte er in einem Interview.
Bei seinem Mittagsgebet
hielt der Papst auch Rückschau auf den G-8-Gipfel, der vor ein paar Tagen in L`Aquila
bei Rom stattgefunden hat: Die Herausforderungen, die auf der Tagesordnung des Gipfels
gestanden hätten, seien „von dramatischer Dringlichkeit“.
„Es gibt auf der
Welt soziale Schieflagen und strukturelle Ungerechtigkeiten, die nicht länger hinnehmbar
sind. Sie fordern nicht nur sofortige Eingriffe, sondern auch eine abgestimmte Strategie,
um zu dauerhaften globalen Lösungen zu kommen. Die Staats- und Regierungschefs der
G-8 haben auf dem Gipfel betont, dass die Menschheit Abkommen braucht, um eine bessere
Zukunft zu erreichen. Die Kirche hat keine technischen Lösungen, aber als Expertin
im Menschlichen bietet sie allen die Lehre der Heiligen Schrift über die Wahrheit
vom Menschen an, und sie verkündet das Evangelium der Liebe und der Gerechtigkeit.“
Auch
seine neue Sozialenzyklika rufe nach einem „neuen Gerüst der Weltwirtschaft, das die
Entwicklung global neu durchdenkt und auf dem ethischen Grund der Verantwortung vor
Gott und dem Menschen fußt“, so Benedikt XVI. Die globalisierte Gesellschaft brauche
den Einsatz für ein globales Gemeinwohl.
„Die Lösungen für die derzeitigen
Probleme der Menschheit können nicht nur technischer Art sein – sie müssen die Bedürfnisse
der Person berücksichtigen, die aus Seele und Leib besteht. Ein Absolutismus der Technik,
wie er sich in lebensfeindlichen Praktiken zeigt, würde der Menschheit eine düstere
Zukunft bereiten. Mancher, der gegen die Menschenwürde handelt, mag sich auf „Liebe“
berufen, doch in Wirklichkeit gibt er Zeugnis von einer materialistischen, mechanistischen
Vorstellung vom menschlichen Leben. Da wird die Liebe, der Wahrheit entgegen, zu einer
leeren Hülle, die man nach Belieben anfüllen kann. Für die ganzheitliche menschliche
Entwicklung bedeutet das negative Folgen...“
Der Papst bemühte sich allerdings,
nicht als Pessimist dazustehen: Die Kirche schaue voller Hoffnung in die Zukunft,
versicherte er. Den Pilgern auf der „Piazza San Pietro“ rief er ein „Arrivederci“
zu – schließlich fliegt er am Montag zu einem kurzen Urlaub ins norditalienische Aostatal.
Vorher gab es aber noch ein paar Worte an seine Landsleute:
„Ein herzliches
Grüß Gott sage ich den Pilgern und Besuchern deutscher Sprache. Die Bezeichnung „Christ“
ist mehr als ein Name, es ist ein Auftrag und eine Sendung. So beten wir im heutigen
Tagesgebet: „Gott, gib allen, die sich Christen nennen, die Kraft, zu meiden, was
diesem Namen widerspricht, und zu tun, was unserem Glauben entspricht.“ Dies gelingt
uns, wenn wir unser Leben ganz auf Jesus ausrichten und seiner Kraft und Liebe in
uns Raum geben. Dann sind wir wirklich „Christen“: nicht jemand, der sich selbst verkündet,
sondern Mitarbeiter Christi in der Liebe und in der Wahrheit zum Heil der Mitmenschen.
Der Heilige Geist helfe uns dabei mit seiner Gnade. Ich wünsche euch einen schönen
Sonntag und eine gesegnete Urlaubszeit.“