Aus dem christlichen
Menschenbild heraus gelte es, die strukturellen Ursachen von Hunger und Armut zu beseitigen.
Das sagt der brasilianische Kardinal Odilo Scherer in seinem wöchentlichen Kommentar
auf Youtube. Die neue Enzyklika von Papst Benedikt XVI. sei ein Hilfsmittel, um solche
Probleme anzupacken. „Caritas in veritate“ sei eine wertvolle Unterstützung nicht
nur für Katholiken, so der Erzbischof von São Paulo.
„Die Enzyklika ist
ja an alle Menschen guten Willens gerichtet. Selbstverständlich ist Benedikt als Oberhaupt
der katholischen Kirche vor allem für die Gläubigen ein Begleiter. Doch er ist gleichzeitig
auch ein moralischer Religionsführer für die gesamte Menschheit. Die katholische Kirche
hat mit ihrer Soziallehre einen wichtigen Schatz und Benedikt XVI. hat diesen Schatz
in seiner neuen Enzyklika wieder zum Ausdruck gebracht. Diese Lehre ist nämlich für
das Christentum grundlegend.“
Die Katholische Soziallehre wurde oft missverstanden,
so Scherer. Sie sei keine politische Ideologie oder Utopie.
„Im Gegenteil,
die katholische Soziallehre ist die Schlussfolgerung aus der Lebenspraxis, die bereits
im Evangelium beschrieben wird. Es handelt sich also nicht um eine abstrakte oder
theoretische Vorstellung. Die Enzyklika geht voll und ganz auf die aktuellen weltlichen
Probleme ein. Man kann also sagen, dass es in der Enzyklika darum geht, die Botschaft
des Evangeliums in einem sozialethischen Rahmen zu präsentieren.“
Benedikts
Rundschreiben behandelt nicht nur ein Thema. Es werden verschiedene Probleme angesprochen,
so Kardinal Odilo Scherer.
„Klar geht es vor allem um die Wirtschaft. Dazu
zählen auch das Finanzwesen und der Handel. Das sind sehr aktuelle Themen, doch es
geht auch um soziale Gerechtigkeit, um die Würde des Menschen und um die Menschenrechte.
Auch die Frage des Weltfriedens ist zentral. All das ist von allgemeinem Interesse,
denn es sind Bereich, die uns alle in gleicher Weise angehen.“
Dabei sei
der Papst von Ansätzen seiner Vorgänger ausgegangen, fügt der brasilianische Oberhirte
hinzu.
„Die Enzyklika „Caritas in veritate“ beginnt mit der Analyse einer
anderen Enzyklika und zwar mit „Populorum progressio“ von Paul VI. Denn schon in den
60er Jahren stellte die Kirche fest, dass es für die wirtschaftliche und menschliche
Entwicklung von zentraler Wichtigkeit ist, die Gebote Gottes zu respektieren. Wird
dies nicht gemacht, dann führt das unweigerlich zu einer Krise.“
In den
letzten Jahrzehnten habe sich die Lage der armen Völker geändert. Aber in welcher
Weise? Kardinal Odilo Scherer:
„Der Papst geht auch diese Frage an. Denn
der Fortschritt in den vergangenen 50 Jahren hat überall viel Positives gebracht,
doch im wirtschaftlichen und sozialen Bereich ist es im Laufe der Zeit zu großen Unterschieden
in der Menschheitsfamilie gekommen. Benedikt sagt aber ganz klar: Wenn wir diese Ungleichheiten
beheben wollen, dann müssen wir jetzt und gemeinsam in eine andere Richtung gehen.“