Die Christen im Irak
fürchten um ihre Zukunft. Der von Präsident Obama durchgesetzte Rückzug der US-Truppen
aus dem Land wird soeben Wirklichkeit: An diesem Dienstag haben die amerikanischen
Soldaten nach sechs Jahren die Hauptstadt Bagdad geräumt: ein Jubeltag für den Irak,
die Regierung erklärte den 30. Juni zum Nationalfeiertag. Die Amerikaner galten als
verhasste Besatzungsmacht – zumindest bei der Überzahl der Iraker. Die Christen allerdings
fürchten nun eine weitere Zunahme religiös motivierter Gewalt und wachsender Instabilität.
Das sagt uns der Weihbischof von Bagdad, Shlemon Warduni. „Dennoch erwarten
wir, dass Friede und Sicherheit unsere Zukunft prägen wird. Wir Christen haben sehr
gelitten. Einerseits waren wir – wie alle anderen Mitbürger – von den Gewaltattacken
der Terroristen betroffen. Andererseits warf man uns in denselben Topf wie die Amerikaner.
Viele mussten deshalb ins Ausland fliehen. Gab es früher Millionen von Christen, leben
heute mittlerweile nur noch einige Tausend hier. Unsere Hoffnung auf eine bessere
Zukunft beginnt heute.“ Doch die Gegenwart sieht weiterhin düster aus. Dutzende
Kirchen wurden bisher niedergebrannt. Diskriminierung und Anfeindung sind an der Tagesordnung.
„Was wir erwarten ist, dass es im Irak eine nationale Versöhnung geben soll.
Am heutigen Nationalfeiertag geht es darum, gemeinsam zu feiern. Man spürt, welche
Freude herrscht. Wir müssen also positiv denken, auch wenn es so viele schreckliche
Taten gegen uns Christen gab. Wenn unser Land vollständig demokratisch sein wird,
dann wird sich auch das Zusammenleben zwischen Christen und Muslime im Irak verbessern.
Davon bin ich überzeugt. Der Staat muss allen dieselben Rechten und Pflichten zuweisen.
Das gilt auch für uns Christen.“ Vor dem Irak-Krieg lebten rund 850.000 Christen
im Land. Ihre Zahl hat sich seither mehr als halbiert; die meisten sind geflüchtet,
nicht wenige auch umgekommen. Mehr als 60 christliche Geistliche starben bei Anschlägen.
Auch der Papst rief bereits zum Schutz der christlichen Minderheit im Irak auf. Politische
und religiöse Führer müssten alles tun, um der christlichen Gemeinschaft des Irak
das „grundlegende Recht auf friedliche Koexistenz“ zu garantieren, hatte Benedikt
XVI. im Mai auf seiner Nahost-Reise gesagt. (rv 30.06.2009 mg)