Vatikan: Benedikt, Glauben ist nicht bloß Tradition, sondern Leben
Bischöfe und Priester
sollen die Kirche nicht nur durch Denken und Worte führen, sondern auch in ihrem Leben
Vorbilder sein. Dazu hat Papst Benedikt XVI. sie zum Fest Peter und Paul an diesem
Montag aufgerufen.
Peter und Paul sind die Patrone der Stadt Rom. Für die
Ökumene mit der Orthodoxie hat dieser Festtag, wie er in der Ewigen Stadt begangen
wird, eine besondere Rolle, die sich auch in der Liturgie niederschlägt: An der Papstmesse
im Petersdom nimmt jeweils eine hochrangige Delegation des orthodoxen Patriarchats
von Konstantinopel teil. Seit 30 Jahren tauschen der Vatikan und das Patriarchat am
Bosporus zu den jeweiligen Patronatsfesten Gastdelegationen aus. Außerdem empfangen
zu Peter und Paul alle im vergangenen Jahr ernannten Erzbischöfen das Pallium; die
Wollstola ist ein besonders Zeichen ihrer Metropolitan-Würde. Mit Blick auf die solcherart
Geehrten sagte der Papst:
„Im griechischem Wort ‘episcopos‘, also Bischof,
ist das Verb ‘sehen‘ enthalten, daher wurde es mit ‘Überwacher‘ übersetzt. Damit ist
keine Kontrolle wie die eines Gefängnisaufsehers gemeint, sondern ein Sehen aus der
erhöhten Warte Gottes. Sehen aus der Warte Gottes bedeutet sehen aus der Liebe, die
dem anderen dienen will, es ist ein Sehen der Essenz, des inneren Menschen. Jesus,
der ‘Bischof der Seelen‘, ist Vorbild des Bischofs- und Priesteramtes. Bischof und
Priester sein heißt in dieser Perspektive: die Position Christi einnehmen. Denken,
sehen und handeln aus seiner erhöhten Position. Von ihm her den Menschen zur Verfügung
stehen, damit sie das Leben finden.“
34 Erzbischöfen überreichte Benedikt
während der Festmesse das Pallium als Zeichen der Verbundenheit mit dem Bischof von
Rom. Unter ihnen waren die Oberhirten von New York, Westminster (London), Rio de Janeiro,
Florenz und Colombo. Glauben sei nicht bloß eine Tradition, er müsse sich in der Vernunft
erweisen, unterstrich der Papst vor seinen Mitarbeitern:
„Es gehört zu
unseren Pflichten als Hirten, den Glauben mit dem Denken zu durchdringen, um den Grund
unserer Hoffnung in der Debatte unserer Zeit zeigen zu können. Und doch – das Denken,
das so sehr nötig ist, genügt allein nicht. Denken wir an die Jünger von Emmaus: Erst
in der Kommunion mit Jesus, im Brechen des Brotes, öffneten sich ihnen die Augen.
Nur in der wirklich erfahrenen Gemeinschaft mit dem Herrn werden wir Sehende. Das
gilt für uns alle: jenseits vom Denken und Sprechen brauchen wir die Erfahrung des
Glaubens, die lebendige Beziehung mit Jesus Christus. Der Glaube darf keine Theorie
bleiben: er muss Leben sein.“
Ziel des christlichen Glaubens sei die „Rettung
der Seelen“, unterstrich der Papst. Dieser Begriff klinge heute mitunter fremd, als
stecke dahinter ein individualistisches Christentum, das sich vor Weltverantwortung
drücke. Richtig sei jedoch, dass die Vernachlässigung der Seelen, die Verarmung des
inneren Menschen nicht nur den einzelnen zerstöre sondern das Geschick der Menschheit
insgesamt bedrohe, so der Papst. (rv/kna 29.06.2009 gs)