2009-06-18 12:54:57

Im Dienst des Pilgers: Don Reinhard Heldt im Porträt


RealAudioMP3 Sollten Sie im Vatikan schon einmal an einer Generalaudienz oder an einem Papstgottesdienst teilgenommen haben, dann hatten sie zumindest indirekt schon mit diesem Mann zu tun: Monsignore Reinhard Heldt, an der Päpstlichen Präfektur zuständig für Anfragen deutscher Sprache – und damit für zehntausende Pilger pro Jahr. Der Priester erhielt an diesem Mittwoch eine hohe Auszeichnung: Das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Gudrun Sailer hat Reinhard Heldt in der Präfektur besucht.


Einer der nettesten deutschen Priester, die man am Vatikan treffen kann, ist der Sauerländer Reinhardt Heldt. In einem dunklen, hohen Raum im Bauch des Apostolischen Palastes sitzt der 67-jährige, zieht an einer Zigarette und tippt am Computer ganz flink Namen und Zahlen.

„Ich bin seit 1988 hier, da bin ich mit zehn Wochenstunden ausgekommen und konnte noch meine Zeitung dabei lesen, ohne Computer, und heute komm ich mit 40 Stunden nicht aus!“

21 Jahre Dienst in der Päpstlichen Präfektur – das bedeutet endlose Ströme deutschsprachiger Pilger, die dem Papst bei der Audienz zuhören oder mit ihm in Rom Gottesdienst feiern möchten. Seit der Papst ein Landsmann von Don Heldt ist, ist sein Arbeitspensum nicht eben gesunken.

„Aus dem deutschen Sprachraum kommt nach wie vor die größte Gruppe, abgesehen von Italienern. Im Schnitt ungefähr 20 Prozent aller Audienzbesucher aus der ganzen Welt.“

Eigentlich ist die Präfektur zuständig für die Haushaltsführung des Papstes und für die Ordnung im Apostolischen Palast. Das Arbeitsfeld ist denkbar weit.

„Wenn Sie im Telefonbuch nachsehen, steht da unter Präfektur ziemlich viel, bis hin zu den Aufzugführern, auch der Fuhrpark untersteht uns, die Rechnungsprüfung für den eigentlichen päpstlichen Haushalt, auch der päpstliche Haustheologe gehört eigentlich zur Präfektur, wir bereiten die Ad Limina-Besuche vor und Staatsbesuche, aber was wir hier überwiegend machen, ist Korrespondenz mit Leuten, die an Gottesdiensten oder Audienzen teilnehmen wollen.“

Wie Don Heldt seinerzeit am Vatikan landete, ist, wie er selbst sagt, eine spannende, aber lange Geschichte. Und jedenfalls unvorhergesehen. Nach 20 Priesterjahren musste er krankheitshalber seinen Dienst im Sauerland aufgeben, die Ärzte rieten zum wärmeren Klima, weil da die Symptome der Krankheit nicht so stark auftreten.

„Ich dachte mir: Rom, da findet sich bestimmt ein Schwesternhaus, das einen angeschlagenen Pastor brauchen kann…“

So war es auch. Bei denselben Schwestern wohnte ein Priester aus dem Staatssekretariat.

„Ich hatte damals 1987, was für Privatpersonen nicht selbstverständlich war, einen richtigen Computer, war immer begeistert davon und habe versucht, meinen Kollegen, der im Staatssekretariat arbeitete, auch dafür zu begeistern, aber er sagte immer, ach das neumodische Zeug das brauchen wir nicht. Bis er dann doch einmal kam und sah, was man am Bildschirm alles machen konnte. Er sagte: Mensch, das brauchen wir! Wir müssen jede Papstenzyklika und jede Rede mindestens zehn Mal komplett abschreiben, dann wird da wieder ein Satz geändert und wir müssen das Ganze von vorne abtippen, alles mit der Schreibmaschine. Willst du nicht für uns arbeiten? Und dann habe ich angefangen, fürs Staatssekretariat zu schreiben, und als dann hier mein Vorgänger entlassen wurde und sich der damalige Präfekt ans Staatssekretariat wandte, haben die mich vorgeschlagen, hier einzusteigen.“

Ende des Jahres nun geht der Priester in den wohlverdienten Ruhestand. Sein Schreibtisch wird ihm ein wenig fehlen:

„Die Arbeit hat mir sehr viel Freude gemacht, macht sie auch jetzt noch!“

Per Post oder Fax kommen die Anfragen der zukünftigen Pilger herein. Stöße von Papier sind in den Regalen abgelegt, Telefone klingeln. Marco Bartoldus (58) aus Paderborn, der an der römischen Sapienza-Universität Deutsch lehrt, geht seinem Freund Don Heldt in der Präfektur seit einem Jahr zur Hand. Warum der Vatikan keine Audienzkarten per E-Mail anbietet, wollen wir von ihm wissen:

„Das ist weniger eine technische Frage als ein eine Frage des guten Stils, wenn jemand bei der Königin von England um eine Audienz bittet, wird er das auch nicht mit einem Mail machen, so haben wir uns vorbehalten, dass die Menschen, die den Papst sehen wollen, doch zumindest die Mühe auf sich nehmen sollten, einen Brief oder ein Fax zu senden, um ein gewisses Niveau bei den Audienzen zu wahren.“

Da Don Heldt nicht mehr so gut zu Fuß unterwegs ist, erledigt Marco Bartoldus gerne die Aufgaben, die mit Lauferei verbunden sind.

„Wie jetzt etwa die große Pfingstmesse mit dem Kölner Kammerorchester und dem Kölner Domchor, was uns sehr in Anspruch genommen hat. Das ging soweit dass ich auch gesehen habe, in welchem Schwesternhaus man den Domchor unterbringen kann, oder am Tag der Generalprobe: Wo kann der LKW mit den Instrumenten einfahren in den Vatikanstaat, wo wird ausgeladen, wie wird in den Petersdom transportiert…“

 
„Kannst du mal versuchen, diesen Vorgang rauszusuchen? Für den 24.12., dieser Mann schreibt schon zum dritten Mal, er sieht nicht ein, dass es in der Peterskirche nicht ist wie im Konzertsaal, wo man nummerierte Reihen und Sitze hat…“

Häufig sind mit den Briefen konkrete Fragen verbunden. Da tut es kein Standardbrief, seufzt Don Heldt. Manch ein Pilger macht sich aber auch unrealistische Vorstellungen von seinem Vatikanbesuch.

„Vor allem die Frage, kann ich den Papst mal persönlich sprechen, seine Privaträume besichtigen – oder dass wir das Fernsehen informieren sollten, dass sie da sind… Manche erwarten, wir würden ihnen ein komplettes Romprogramm zusammenstellen, möglichst preisgünstig mit Parkplatz am Trevibrunnen aber die Nacht nicht teurer als 20 Euro…“

Die Mappe mit der Aufschrift 24.12.2009 ist schon jetzt, Mitte Juni, gut gefüllt. Schließlich gibt es nur 7.000 Sitzplätze im Petersdom, und der kluge Pilger baut vor. Allerdings geht man im Vatikan nicht immer nach der Maxime „frühester Vogel – erster Wurm“ vor. Don Heldt stellt jeweils sicher,

„…dass zB ältere Personen, Rentner, Gehbehinderte, Rollstuhlfahrer, vor jungen Leuten den Vorzug haben, auch wenn die sich später angemeldet haben.“

Deshalb verlangt die Arbeit in der Präfektur auch einmal ein dickes Fell und starke Nerven. Beschwerden kommen etwa, wenn Benedikt XVI. keine Zeit erübrigen kann für goldene Hochzeitspaare auf Rombesuch oder wenn Plätze in der ersten Reihe bei der Papstmesse nicht zu machen sind. Doch auch im hektischen Momenten: Don Heldt bleibt Priester. Er ist sich bewusst, dass sein Name und seine Briefe für die meisten Menschen da draußen, die zum Papst wollen, den Vatikan schlechthin repräsentieren. Deshalb bemüht er sich,

„etwa in der Korrespondenz, durch die Art und Weise wie ich schreibe ein möglichst positives Bild vom Vatikan zu vermitteln, was ja gerade in den deutschsprachigen Ländern, wo man kritisch Rom gegenüber ist, wichtig ist, von daher ist es nicht nur ein Bürojob, sondern auch mit seelsorgerlichem Hintergrund.“
(rv 17.06.2009 gs)








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