Im Dienst des Pilgers: Don Reinhard Heldt im Porträt
Sollten Sie im Vatikan
schon einmal an einer Generalaudienz oder an einem Papstgottesdienst teilgenommen
haben, dann hatten sie zumindest indirekt schon mit diesem Mann zu tun: Monsignore
Reinhard Heldt, an der Päpstlichen Präfektur zuständig für Anfragen deutscher Sprache
– und damit für zehntausende Pilger pro Jahr. Der Priester erhielt an diesem Mittwoch
eine hohe Auszeichnung: Das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik
Deutschland. Gudrun Sailer hat Reinhard Heldt in der Präfektur besucht.
Einer
der nettesten deutschen Priester, die man am Vatikan treffen kann, ist der Sauerländer
Reinhardt Heldt. In einem dunklen, hohen Raum im Bauch des Apostolischen Palastes
sitzt der 67-jährige, zieht an einer Zigarette und tippt am Computer ganz flink Namen
und Zahlen.
„Ich bin seit 1988 hier, da bin ich mit zehn Wochenstunden
ausgekommen und konnte noch meine Zeitung dabei lesen, ohne Computer, und heute komm
ich mit 40 Stunden nicht aus!“
21 Jahre Dienst in der Päpstlichen Präfektur
– das bedeutet endlose Ströme deutschsprachiger Pilger, die dem Papst bei der Audienz
zuhören oder mit ihm in Rom Gottesdienst feiern möchten. Seit der Papst ein Landsmann
von Don Heldt ist, ist sein Arbeitspensum nicht eben gesunken.
„Aus dem
deutschen Sprachraum kommt nach wie vor die größte Gruppe, abgesehen von Italienern.
Im Schnitt ungefähr 20 Prozent aller Audienzbesucher aus der ganzen Welt.“
Eigentlich
ist die Präfektur zuständig für die Haushaltsführung des Papstes und für die Ordnung
im Apostolischen Palast. Das Arbeitsfeld ist denkbar weit.
„Wenn Sie im
Telefonbuch nachsehen, steht da unter Präfektur ziemlich viel, bis hin zu den Aufzugführern,
auch der Fuhrpark untersteht uns, die Rechnungsprüfung für den eigentlichen päpstlichen
Haushalt, auch der päpstliche Haustheologe gehört eigentlich zur Präfektur, wir bereiten
die Ad Limina-Besuche vor und Staatsbesuche, aber was wir hier überwiegend machen,
ist Korrespondenz mit Leuten, die an Gottesdiensten oder Audienzen teilnehmen wollen.“
Wie Don Heldt seinerzeit am Vatikan landete, ist, wie er selbst sagt,
eine spannende, aber lange Geschichte. Und jedenfalls unvorhergesehen. Nach 20 Priesterjahren
musste er krankheitshalber seinen Dienst im Sauerland aufgeben, die Ärzte rieten zum
wärmeren Klima, weil da die Symptome der Krankheit nicht so stark auftreten.
„Ich
dachte mir: Rom, da findet sich bestimmt ein Schwesternhaus, das einen angeschlagenen
Pastor brauchen kann…“
So war es auch. Bei denselben Schwestern wohnte
ein Priester aus dem Staatssekretariat.
„Ich hatte damals 1987, was für
Privatpersonen nicht selbstverständlich war, einen richtigen Computer, war immer begeistert
davon und habe versucht, meinen Kollegen, der im Staatssekretariat arbeitete, auch
dafür zu begeistern, aber er sagte immer, ach das neumodische Zeug das brauchen wir
nicht. Bis er dann doch einmal kam und sah, was man am Bildschirm alles machen konnte.
Er sagte: Mensch, das brauchen wir! Wir müssen jede Papstenzyklika und jede Rede mindestens
zehn Mal komplett abschreiben, dann wird da wieder ein Satz geändert und wir müssen
das Ganze von vorne abtippen, alles mit der Schreibmaschine. Willst du nicht für
uns arbeiten? Und dann habe ich angefangen, fürs Staatssekretariat zu schreiben, und
als dann hier mein Vorgänger entlassen wurde und sich der damalige Präfekt ans Staatssekretariat
wandte, haben die mich vorgeschlagen, hier einzusteigen.“
Ende des Jahres
nun geht der Priester in den wohlverdienten Ruhestand. Sein Schreibtisch wird ihm
ein wenig fehlen:
„Die Arbeit hat mir sehr viel Freude gemacht, macht sie
auch jetzt noch!“
Per Post oder Fax kommen die Anfragen der zukünftigen
Pilger herein. Stöße von Papier sind in den Regalen abgelegt, Telefone klingeln. Marco
Bartoldus (58) aus Paderborn, der an der römischen Sapienza-Universität Deutsch lehrt,
geht seinem Freund Don Heldt in der Präfektur seit einem Jahr zur Hand. Warum der
Vatikan keine Audienzkarten per E-Mail anbietet, wollen wir von ihm wissen:
„Das
ist weniger eine technische Frage als ein eine Frage des guten Stils, wenn jemand
bei der Königin von England um eine Audienz bittet, wird er das auch nicht mit einem
Mail machen, so haben wir uns vorbehalten, dass die Menschen, die den Papst sehen
wollen, doch zumindest die Mühe auf sich nehmen sollten, einen Brief oder ein Fax
zu senden, um ein gewisses Niveau bei den Audienzen zu wahren.“
Da Don
Heldt nicht mehr so gut zu Fuß unterwegs ist, erledigt Marco Bartoldus gerne die Aufgaben,
die mit Lauferei verbunden sind.
„Wie jetzt etwa die große Pfingstmesse
mit dem Kölner Kammerorchester und dem Kölner Domchor, was unssehr in Anspruch
genommen hat. Das ging soweit dass ich auch gesehen habe, in welchem Schwesternhaus
man den Domchor unterbringen kann, oder am Tag der Generalprobe: Wo kann der LKW mit
den Instrumenten einfahren in den Vatikanstaat, wo wird ausgeladen, wie wird in den
Petersdom transportiert…“
„Kannst du mal versuchen,
diesen Vorgang rauszusuchen? Für den 24.12., dieser Mann schreibt schon zum dritten
Mal, er sieht nicht ein, dass es in der Peterskirche nicht ist wie im Konzertsaal,
wo man nummerierte Reihen und Sitze hat…“
Häufig sind mit den Briefen
konkrete Fragen verbunden. Da tut es kein Standardbrief, seufzt Don Heldt. Manch ein
Pilger macht sich aber auch unrealistische Vorstellungen von seinem Vatikanbesuch.
„Vor allem die Frage, kann ich den Papst mal persönlich sprechen, seine
Privaträume besichtigen – oder dass wir das Fernsehen informieren sollten, dass sie
da sind… Manche erwarten, wir würden ihnen ein komplettes Romprogramm zusammenstellen,
möglichst preisgünstig mit Parkplatz am Trevibrunnen aber die Nacht nicht teurer als
20 Euro…“
Die Mappe mit der Aufschrift 24.12.2009 ist schon jetzt, Mitte
Juni, gut gefüllt. Schließlich gibt es nur 7.000 Sitzplätze im Petersdom, und der
kluge Pilger baut vor. Allerdings geht man im Vatikan nicht immer nach der Maxime
„frühester Vogel – erster Wurm“ vor. Don Heldt stellt jeweils sicher,
„…dass
zB ältere Personen, Rentner, Gehbehinderte, Rollstuhlfahrer, vor jungen Leuten den
Vorzug haben, auch wenn die sich später angemeldet haben.“
Deshalb verlangt
die Arbeit in der Präfektur auch einmal ein dickes Fell und starke Nerven. Beschwerden
kommen etwa, wenn Benedikt XVI. keine Zeit erübrigen kann für goldene Hochzeitspaare
auf Rombesuch oder wenn Plätze in der ersten Reihe bei der Papstmesse nicht zu machen
sind. Doch auch im hektischen Momenten: Don Heldt bleibt Priester. Er ist sich bewusst,
dass sein Name und seine Briefe für die meisten Menschen da draußen, die zum Papst
wollen, den Vatikan schlechthin repräsentieren. Deshalb bemüht er sich,
„etwa
in der Korrespondenz, durch die Art und Weise wie ich schreibe ein möglichst positives
Bild vom Vatikan zu vermitteln, was ja gerade in den deutschsprachigen Ländern, wo
man kritisch Rom gegenüber ist, wichtig ist, von daher ist es nicht nur ein Bürojob,
sondern auch mit seelsorgerlichem Hintergrund.“ (rv 17.06.2009 gs)