2009-06-16 11:23:37

Kardinal Tauran: „Sie werfen uns alle in einen Topf“


RealAudioMP3 „Sie werfen uns alle in einen Topf“: Mit dieser Erkenntnis ist Kardinal Jean-Louis Tauran aus Indien zurückgekehrt. In Bombay hatte der Präsident des päpstlichen Dialograts an Gesprächen mit hochrangigen Hindu-Führern teilgenommen und dabei festgestellt:

„Es ist sehr schwer für unsere Hindu-Freunde, zu verstehen, dass es einen Unterschied gibt zwischen einem Katholiken, einem Baptisten oder einem Freikirchler. Wenn sie uns Proselytenmacherei vorwerfen oder das Bauen von Kirchen, dann werfen sie uns in der Regel alle in denselben Topf. In einer Region zum Beispiel sind in letzter Zeit auf einmal über sechzig Kirchen gebaut worden – da mußte ich einem großen Hindu-Führer erklären, dass das natürlich keine katholischen Kirchen sind, sondern protestantische. Und ich merkte, dass ihm da der Unterschied nicht so richtig klar war...“

Nicht gegen Katholiken, sondern gegen andere Spielarten des Christlichen regt sich unter vielen Hindus ein großes Unbehagen, hat der smarte Franzose aus dem Vatikan festgestellt. Die Hindus hätten ihn in Bombay auf das Vorgehen protestantischer Gruppen aufmerksam gemacht:

„Ich habe den Eindruck, dass sie über diese „Invasion“ sehr besorgt sind – und wir müssen gewissermaßen dafür mit geradestehen. Aber ich glaube, in dieser Hinsicht war unser Treffen wirklich erfolgreich. Wir haben auch über die Frage der Bekehrungen gesprochen und dabei klargestellt, dass für die katholische Kirche eine Zwangskonversion nichtig ist. Ich glaube, die Begegnung hat ein neues Kapitel aufgeschlagen in den Beziehungen zwischen Katholiken und Hindus. Das war der Beginn eines Gesprächs unter Freunden, das weitergehen und Früchte tragen wird.“

Ganz so friedlich war`s nicht immer zwischen Hindus und Christen in Indien – da reicht es nur, an die Jagdszenen im Bundesstaat Orissa zu denken. Gruppen von Hindu-Fanatikern machen dort den Christen, die in der Regel Kastenlose sind, das Leben unmöglich. Kardinal Tauran hat seine Hindu-Gesprächspartner darauf angesprochen:

„Sie haben gesagt: Wir erkennen uns in diesen Angriffen nicht wieder. Das ist nicht Indien. Wir sind ein friedliches, tolerantes Volk. Sie haben unsere Sorge über Gewalt gegen Christen im Namen der Religion geteilt... Jetzt ist es an der Ortskirche, die Fortsetzung der Gespräche zu organisieren. Es sind immer die Ortskirchen, die einem solchen Dialog Leben geben!“

„Wir haben übrigens auch zusammen einen Hindu-Tempel besucht und dort zwar nicht gebetet, aber mit Respekt ein Hindu-Gebet dort beobachtet. Und sie sind zu uns in die Kathedrale von Bombay gekommen, als wir dort an einem Abend die Vesper gefeiert haben, und wirkten sehr bewegt über die Gebete und Gesänge. Es gab also auch diese spirituelle Komponente unseres Gesprächs. Interreligiöser Dialog ist ja vor allem etwas Religiöses, nicht Philosophisches...“

(rv 16.06.2009 sk)








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