2009-06-07 12:27:35

EU: „Brüssel sollte katholische Soziallehre folgen“


RealAudioMP3 Für die katholische Kirche steht bei den Europawahlen viel auf dem Spiel. Das erklärt der Präsident der Bischofskommission bei der Europäischen Union (Comece), Bischof Adrianus van Luyn, in unserem Wocheninterview. Denn das neugewählte EU-Parlament werde sich mit Themen auseinandersetzen müssen, die die moralischen und ethischen Prinzipien der europäischen Gesellschaft betreffen. Dazu zählen Bereiche wie das menschliche Leben, die Bedeutung der Familie oder die Bewahrung der Schöpfung. Betrachtet man aber die eher niedrige Wahlbeteiligung, so scheint es, dass die EU-Bürger nicht viel Vertrauen in die europäischen Institutionen haben. Dazu sagt van Luyn im Interview mit Mario Galgano:

„Das ist in der Tat ein Problem. Der Grund dafür liegt in den nationalen Auseinandersetzungen der Parteien. Für viele Menschen ist Europa weit weg und manchmal wird Brüssel wegen der vielen Regeln als lästig angesehen. Ich denke aber, dass aufgrund der katholischen Soziallehre, aufgrund der Subsidiarität, alle europäischen Bürgerinnen und Bürger die Wahl nicht nur als ein Recht sehen müssen, sondern auch als eine Pflicht. Das sie auch bewusst wählen und die Mitverantwortung erfüllen, die alle in der Demokratie haben. Deshalb müssen sie sich auch künftig aktiv beteiligen.”

Welche sind den konkret die Themen, mit den sich die neuen EU-Parlamentarier auseinandersetzen müssen?

„Das Europäische Parlament wird sich mit einer Reihe schwerwiegender Themen befassen. Es sind dies Bereiche, die sehr viele Menschen beschäftigt und beunruhigt. Das betrifft vor allem die globale Finanz- und Wirtschaftskrise, durch die zahlreiche Arbeitsplätze drohen verloren zu gehen. Das betrifft auch die Ersparnisse und Altervorsorge von Millionen Menschen. Die Frage ist, ob das Europäische Parlament dazu in der Lage sein wird, hier mit den Mitgliedsstaaten Lösungen zu finden, die gegenüber der derzeitigen als auch der zukünftigen Generationen sozial gerecht und nachhaltig sind. Dabei müssen wir auch bedenken, dass es nicht nur die Wirtschaftskrise gibt. Es gibt auch die Umweltkrise, die Energiekrise und Nahrungskrise. Alle diese Gefahren werden durch eine moralische Krise verursacht, einer falschen Werteordnung in Bezug auf wesentliche humane Werte, die im Evangelium ihre Bestätigung finden.“

Welches sind die Schwerpunkte der EU-Politik, die für die Katholische Kirche von Bedeutung sind?

„Das ist die katholische Soziallehre. Also die Menschenwürde, das Gemeinwohl. Nicht nur die Abgeordneten, sondern auch alle Christen stehen nun im Parlament für grundlegende Fragen. Das betrifft den umfassenden Schutz der menschlichen Würde und des Lebens, vom Anfang bis zum natürlichen Ende. Auch der verantwortliche Umgang mit der Schöpfung, das Bemühen um ein europäisches Gemeinwohl, nicht nur national. Das Stärken von Frieden, Sicherheit und Freiheit, die Unterstützung der Familien und die Förderung der Bildung und Erziehung der Jugendlichen. Auch der Umgang mit Asylbewerbern und Migranten und den Einsatz für mehr Gerechtigkeit für die Armen. Die Fragen können nur auf dem Fundament der christlichen Werten, die Europa geprägt haben, eine zukunftsfähige Antwort geben.“

Wie sehen Sie die künftige Zusammenarbeit der katholischen Kirche mit der EU?

„Man sollte besser von Dialog sprechen, den wir mit den Verantwortlichen der europäischen Institutionen führen. Das auf Basis der katholischen Soziallehre mit den Prinzipien der „Human Dignity“, Subsidiarität und Solidarität. Die Schwierigkeiten des Dialogs, die wir mit den Politikern in Brüssel haben, sind die gleichen wie in den einzelnen Mitgliedsländern. Es gibt Unverständnis und Widerstand aufgrund verschiedener Ideologien. Es ist auch nicht immer leicht die Bedingungen für einen richtigen Dialog zu finden. Die Regierungen können sich auch oft nicht selbst kritisieren. Und Politikern sind die Parteiinteressen oft anders.“

(rv 07.06.2009 mg)







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