In ihren Predigten
zum Pfingstfest haben deutsche Bischöfe die Christen dazu gedrängt, sich kräftig in
der Gesellschaft und der Kirche zu engagieren. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,
Erzbischof Robert Zollitsch, meinte in Heidelberg: Gerade in der gegenwärtigen Krise
brauche es eine neue Offenheit und den Mut, „uns wieder neu auf die Werte zu besinnen,
die dem Gemeinwohl dienen“. Vertrauen, Solidarität und Rücksicht seien keine Floskeln,
sondern geistererfüllte Grundlage für ein gelingendes Leben. Die Christen hätten den
Auftrag, den Menschen genau diese Perspektive aufzuzeigen, auch und gerade dann, wenn
vieles ins Wanken gerate. Zollitsch wörtlich: „Wir haben der Welt zu sagen, dass es
mehr gibt als Aktienkurse und Kapitalanlagen“.
Gegen eine Ökonomisierung der
Gesellschaft wandte sich der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst. In einer
Zeit, in der nur die Gesetze des Marktes und kalte Finanzregeln herrschten, gehe viel
Mitmenschlichkeit verloren, sagte er im Rottenburger Dom. Christen sollten durch Toleranz
und Solidarität Gegenakzente setzen. Sie sollten auch am politischen Willensbildungsprozess
teilnehmen, etwa durch eine Stimmabgabe bei der Europawahl von Anfang Juni.
„Wo
die Kurzatmigkeit von Trends die Langlebigkeit von tragenden Überzeugungen aufweicht“,
wird die Luft zum Leben nach den Worten dünner. Das meinte der Limburger Bischof
Franz-Peter Tebartz-van Elst. Der Bischof wörtlich: „Wo sich der Smog der Diesseitigkeit
auf die Einstellung der Menschen zum Kind, zur Zukunft und zum ethisch Verantwortbaren
legt, erstickt irgendwann das Leben.“
Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff
prangerte eine „Geistlosigkeit“ in der Finanzwelt an. Banker und Wirtschaftsbosse
hätten über ihre Verhältnisse auf Kredit gelebt, Grenzen nicht geachtet und Sicherheiten
übergangen. Paderborns Erzbischof Hans-Josef Becker warf den Entscheidungsträgern
in der Finanzwelt Verantwortungslosigkeit vor. Ihre Gier nach Profit habe „ein unvorstellbares
Maß angenommen“.
Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx ermutigte zur Stimmabgabe
und erinnerte an die Diskussion um eine Verankerung des Gottesbezuges in der Präambel
einer europäischen Verfassung. Gott brauche dies nicht, aber „wir brauchen die Erkenntnis:
Wir sind nicht Gott.“ Die Botschaft von der Würde des Menschen sei gerade in der derzeitigen
Phase der Krise unverzichtbar, so Marx.
Unterdessen gedachte die Evangelische
Kirche in Deutschland (EKD) am Pfingstsonntag der Verabschiedung der „Barmer Theologischen
Erklärung“ vor 75 Jahren. Der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber bezeichnete
sie in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche als auch heute noch „verbindlich und wegweisend“.
Sie habe bleibende Bedeutung „in der Klarheit des Glaubens, in der Gewissheit des
kirchlichen Auftrags und in der Verantwortung für die Zukunft unserer Welt“.