2009-05-30 12:19:14

Botschafter Horstmann: „EU ist unsere größte Chance“


RealAudioMP3 Das Europäische Parlament soll die Integration der einzelnen Länder verstärken. Denn die Europäische Union sei gerade in der gegenwärtigen Krise die „große Chance“ für Europa. Das erklärt der deutsche Botschafter beim Heiligen Stuhl, Hans-Henning Horstmann, in seiner monatlichen Kolumne für Radio Vatikan. Die christlichen Wurzeln Europas bilden dabei wichtige Leitlinien für die unerlässliche weitere Europäische Integration, so Botschafter Horstmann.

(rv 30.05.2009 mg)

Lesen und hören Sie hier die gesamte Monatskolumne von Botschafter Hans-Henning Horstmann

Liebe Hörerinnen und Hörer,

Zwischen dem 4. und dem 7. Juni werden die neuen Abgeordneten des Europäischen Parlaments gewählt. Warum ist die Wahl für die Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union so wichtig? Ein Blick zurück auf die vergangene Legislaturperiode des Europäischen Parlamentes zeigt, das die Rechtsetzung durch dieses Parlament uns alle in wichtigen Bereichen unseres täglichen Lebens trifft. Da ist zum Beispiel die so genannte „Reach-Verordnung“ über die Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien. Das klingt weitaus technischer als es ist. Tatsächlich geht es um eine Abwägung zwischen dem grundlegenden Bedürfnis nach dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gegenüber der Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie auf den Weltmärkten. Eine Industrie, von der in Leistungsfähigkeit viele Arbeitsplätze in Europa abhängen. Wenn man sich den Inhalt der Verordnung anschaut – so heißen die vom Europäischen Parlament verabschiedeten Gesetze – dann sieht man, dass die intensiven Debatten der Abgeordneten zu einem ausgewogenen Ergebnis geführt haben.

Ein anderes Beispiel ist die Rechtsgrundlage zum freien Dienstleistungsverkehr, also dem Recht überall in der Europäischen Union seine Dienstleistungen anzubieten, mit einer notwendigen Abwägung zwischen dem Schutz von Sozialdumping und der Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Das europäische Sozialmodel wurde beibehalten. Grenzüberschreitender Wettbewerb wurde hingegen zugelassen. Das Europäische Parlament hat aber auch Verordnungsvorschläge wie zum Beispiel die Liberalisierung der Hafendienste abgelehnt, weil sie nach Auffassung der Mehrheit, die Rechte der Arbeiternehmer in den Häfen verletzt hätten. Nicht weniger Aufschluss als ein kurzer Rückblick ist die Vorausschau auf die Probleme, die das neue Europäische Parlament beschäftigen werden. da geht es zum Beispiel um Wirtschaft und Währung angesichts der globalen Finanzkrise. Damit geht es um ein für jeden Grad fundamentales Problem. Gebauer gesagt, geht es um die Verbesserung des Europäischen Rechtsrahmens zur Regulierung und Beaufsichtigung der Finanzmärkte.

Klimawandel und Klimaschutz sind in aller Munde. Die Europäische Union muss – auch gestützt auf die Meinungsbildung im Europäischen Parlament – die europäische Verhandlungsposition für ein weltweites Kioto-Folgeabkommen festlegen und bis zum Jahresende 2009 bei den Verhandlungen im weltweiten Rahmen in Kopenhagen durchzusetzen versuchen. In den Außenbeziehungen der Europäischen Union wird es u.a. darum gehen, das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit Russland zu erneuern, um zu verhindern, dass es erneut zu einer Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland kommt. Die Beziehung zu China, der Nahost-Friedensprozess und die Assoziierung mit Lateinamerika sind weitere Aufgaben. Der Erweiterungsprozess –also das wichtigste europäische Instrument zur friedlichen Stabilisierung des Umfeldes der Europäischen Union – wird in Verhandlungen fortgesetzt. Das Problem der Einwanderung wird dringlicher und die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorismus und zur Erhöhung der inneren Sicherheit wächst ständig. Vor allem kommt es aber darauf an, den Vertrag von Lissabon über die neue Ordnung der Europäischen Union, die sie zu größeren Handlungsfähigkeit bringen wird, endgültig zum Abschluss zu bringen.

Der Vatikan hat die Europäische Integration seit 1945 nach Kräften unterstützt. Dieser Integrationsprozess ist für den Heiligen Stuhl und für uns Deutsche das bedeutendste Friedensprojekt in Europa. Europa hat seine substantielle und kulturelle Einheit begriffen, unabhängig von nationalen Unterschieden. Und diese kulturelle Einheit ist die Frucht von 2000 Jahren der Zivilisation, wie der Papst selbst gesagt hat. Dieses kulturelle Gewebe von Prinzipien und Werten gebildet, die sich aus der Bibel und der Aufklärung speisen. Der weltweite Kampf für die Menschenrechte in den vergangenen Jahrzehnten zeigt, welches Beispiel das europäische Modell gibt. Die christlichen Wurzeln Europas bilden wichtige Leitlinien für die unerlässliche weitere Europäische Integration. Das Europäische Parlament ist wesentlich mitbeauftragt, diesen Prozess voranzutreiben. Daher wählen Sie unser Europa. Die Europäische Union ist gerade in der gegenwärtigen Krise unsere große Chance.

(rv 30.05.2009)







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