In Florenz hat an
diesem Mittwoch ein internationaler Kongress über den „Fall Galileo Galilei“ begonnen.
Ausgerichtet hauptsächlich von kirchlichen, teils auch vatikanischen Einrichtungen,
beschäftigt sich das Treffen mit einer Revision des Falles aus historischer, philosophischer
und theologischer Sicht. Galilei entdeckte, dass die Erde um die Sonne kreist – nicht
umgekehrt. Das brachte ihn in Konflikt mit der Kirche, mehrmals musste er sich vor
der Inquisition verantworten. Bis heute gilt der Astronom aus Florenz deshalb als
Symbol der Unverträglichkeit zwischen Kirche und Wissenschaft. Der US-amerikanische
Astronom und Jesuitenpater George Coyne, der an der Päpstlichen Sternwarte in Arizona
wirkt, hält dagegen:
„Der Kongress will erneut herausarbeiten, wie bedeutsam
Galileo für die Forschung war und ist. Galilei war ein echter Pionier der modernen
Naturwissenschaften. Was er für mich als Astronom bedeutet, ist klar. Er war der erste,
der ein Teleskop benutzt, um den Himmel zu studieren und dabei von einer tiefen Neugier
beseelt war. Galileo lieferte zum ersten Mal nach 2000 Jahren neue Daten in der Astronomie.
Vereinfacht ausgedrückt, hörte er dem Universum zu, das über sein Teleskop zu ihm
sprach, anstatt dem Universum zu erzählen, wie es sein sollte – wie es Aristoteles
getan hatte. Dieser Respekt Galileos für das Universum ist sein bedeutsamer Beitrag
zur Geburt der modernen Naturwissenschaft. Erst hinsehen – dann verstehen.“
Vor
genau 400 Jahren - 1609 - baute Galileo das gerade in den Niederlanden erfundene Fernrohr
nach. Mit anfangs nur 3-facher, später 33-facher Vergrößerung beobachtet er die Himmelskörper
und legt bereits ein Jahr später seine Entdeckungen im "Sternenboten" ("Sidereus Nuncius")
dar. Die Abhandlung macht den Astronomen aus Florenz auf einen Schlag berühmt. Dabei
hatte schon 100 Jahre vor Galileo der polnische Astronom Kopernikus entdeckt, dass
sich alle Planeten, auch die Erde, um die Sonne drehen. Die Kirche duldet Kopernikus
Entdeckungen stillschweigend. Erst als Galileo, von seinen Beobachtungen ausgehend,
am Wahrheitsgehalt der Heiligen Schrift öffentlich zu zweifeln beginnt, schaltet sich
die Inquisition ein. Galileo wird als Häretiker gebrandmarkt, muss seine Erkenntnisse
öffentlich widerrufen. Erst 1992 rehabilitiert die Kirche den italienischen Astronomen;
der polnische Papst Johannes Paul II. setzte den längst fälligen Schritt. Erzbischof
Gianfranco Ravasi, der Präsident des Päpstlichen Kulturrates, der den Kongress mit
ausrichtet:
„Gerade der Fall Galilei muss uns als Theologen und uns als
Kirche, zur rückhaltlosen Selbstkritik unserer eigenen Vergangenheit bringen. Das
war es auch, was Johannes Paul II. wollte, als er im Heiligen Jahr 2000 Galilei in
die Elemente der berühmten reinigenden Katharsis der Erinnerung aufnahm.“
„Wer
die Wahrheit nicht kennt, ist nur ein Dummkopf. Wer sie aber kennt, und sie eine Lüge
nennt ist ein Verbrecher.“ – dieses durchaus scharfzüngige Zitat wird Galileo Galilei
zugeschrieben. Die Lehre, die Galileo der Kirche erteilte, gilt bis heute, hält P.
Coyne fest.
„Das grundlegende Unrecht der Kirche jener Zeit war, ihm nicht
zu erlauben, seine Forschung fortzusetzen. Und das gilt für alle Zeiten. Galileo war
ein anerkannter Wissenschaftler, weltbekannt durch seine Schriften zur Teleskopbeobachtung
und seine erste Interpretation davon. Wenn also ein anerkannter Forscher ein bedeutendes
Feld der Wissenschaft verfolgt, dann sollte ihm erlaubt werden, das zu tun - vorausgesetzt
natürlich, dass die Methoden ethisch akzeptabel sind, was bei Galileo ja der Fall
war. Die Frustration von Galileo war eben die: Er war dabei, wichtige Entdeckungen
zu machen. Das ist eine Lektion für alle Zeiten. Meine Meinung als Forscher, der für
die Kirche arbeitet, ist, dass die Kirche diese Lektion gelernt hat.“
Der
Kongress in Florenz dauert noch bis Freitag. Unter den 18 veranstaltenden Organisationen
sind – neben dem Päpstlichen Kulturrat - die Päpstliche Akademie der Wissenschaften,
die Vatikanische Sternwarte, die Universitäten von Florenz, Padua und Pisa sowie die
italienische Elitehochschule Scuola Normale Superiore di Pisa. (rv 27.05.2009 gs)