Mit einem großen Abschlussgottesdienst ist am Sonntag der 32. Deutsche Evangelische
Kirchentag (DEKT) in Bremen zu Ende gegangen. Kirchentagspräsidentin Karin von Welck
würdigte vor den rund 100.000 Teilnehmern das Treffen als „bestärkendes, begeisterndes
und durch Musik geprägtes Glaubensfest“. Der katholische Münchner Weihbischof Franz
Dietl und der evangelische Münchner Landesbischof Johannes Friedrich luden anschließend
zum „2. Ökumenischen Kirchentag“ ein, der im kommenden Jahr in München von Protestanten
und Katholiken gemeinsam gefeiert wird. Von Welck wandte sich gegen Vorwürfe,
der Kirchentag sei zu zahm geworden. Die derzeit komplexen Probleme ließen sich nicht
durch plakative Antworten und einfache Rezepte lösen. Wer die Dinge durchdenke erreiche
mehr als jemand, der lautstark nach Veränderungen rufe. Ähnlich hatte sich zuvor DEKT-Generalsekretärin
Ellen Ueberschär geäußert. Sie kritisierte, dass zahlreiche Medienvertreter „Krawallkirchentage
der 70er Jahre“ erwarteten. Mit Blick auf die Wirtschaftskrise sagte von Welck,
die großen Nationen hätten „ökonomisch und ökologisch das Konto überzogen“. Nun gehe
es darum, einen Neuanfang zu machen. Besonders erwähnte die parteilose Hamburger Kultursenatorin
die Situation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland: „Wir können nicht von der
Bildungsgerechtigkeit sprechen, so lange noch jedes Jahr 80.000 junge Menschen die
Schule ohne Abschluss verlassen und Bildungs- und somit Aufstiegs- und Lebenschancen
noch immer sozial vererbt werden.“ Der italienische Theologe Daniele Garrone sagte
in seiner Predigt, die christliche Stimme dürfe „nie ein moralistisches Belehren sein“.
Garrone, Mitglied der Waldenser-Kirche, warnte die Christen davor, unerbetene Ratschläge
zu geben. „Die Protestanten neigen hier mehr zur sozialen Ethik, die Evangelikalen
zur sexuellen, die Katholiken gleich tüchtig zu beidem“, meinte er. Christen sollten
Widerstand leisten „gegen fundamentalistisches Reden, gegen Wahrheitsbesessenheit
und Identitätswahn“ und mit Freundlichkeit und Respekt über ihren Glauben an Gott
sprechen. Oft sprächen Christen lieber über Ethik, weil sie für das Evangelium weniger
Aufmerksamkeit erwarteten, kritisierte er. Seit Mittwoch hatten sich in der Hansestadt
knapp 100.000 Dauerteilnehmer versammelt, darunter 7,6 Prozent Katholiken. Sie konnten
unter rund 2.500 Veranstaltungen wählen. außer Bundespräsident Horst Köhler kamen
auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), ihr Herausforderer bei der Bundestagswahl,
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), sowie weitere Bundesminister. Politisches
Hauptthema war die Wirtschaftskrise und der Ruf nach neuen Regeln für die internationale
Finanzwirtschaft. Auch die Diskussion um ein gemeinsames Abendmahl von Katholiken
und Protestanten flammte auf dem Kirchentag auf. Mit Blick auf den 2. Ökumenischen
Kirchentag (ÖKT) 2010 in München warben der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer,
der Benediktinermönch Anselm Grün und der evangelische Religionspädagoge Fulbert Steffensky
für eine Mahlgemeinschaft. Das ÖKT-Präsidium wies die Forderung zurück. Der Vorsitzende
der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, mahnte in Bremen zu
Geduld. So sei das Amtsverständnis theologisch nicht geklärt. Die katholische Kirche
lässt evangelische Christen nicht zur Eucharistie zu und untersagt es Katholiken,
am Abendmahl der Protestanten teilzunehmen. Hintergrund ist unter anderem die katholische
Auffassung, Geistliche der reformatorischen Kirchen seien nicht gültig geweiht.