Vor vier Monaten sind
sie aus Somalia abgezogen worden – auf einmal sind sie wieder da: die äthiopischen
Truppen. Zwar verneint die Regierung in Addis Abeba den erneuten Einmarsch ins unsichere
Nachbarland, doch Augenzeugenberichte über äthiopische Truppen rund um Beledwayne
sprechen dagegen. Die Stadt liegt etwa 330 km nordwestlich von der somalischen Hauptstadt
Mogadischu. „Das sind zwar nur Stimmen“, sagt dazu der Apostolische Administrator
von Mogadischu, Giorgio Bertin, „aber eigentlich war das vorauszusehen. Vermutlich
wollen die Äthiopier eine wichtige Nord-Süd-Verbindung unter ihre Kontrolle bringen,
an der auch Mogadischu liegt. Schon in den letzten zwei Monaten hatte es immer wieder
mal geheißen, dass ein äthiopisches Bataillon einmarschiert wäre, um irgendwelche
Gruppen zu jagen, die der äthiopischen Grenze zu nahe kamen. Wenn man sieht, wie die
Übergangsregierung jetzt ins Wanken gerät, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich Äthiopien
zum Eingreifen gedrängt sieht.“
In Mogadischu haben erst an diesem Mittwoch
Aufständische eine Kaserne der Afrikanischen Union angegriffen und dabei auch drei
Zivilisten getötet. Islamistische Rebellen, die wieder an die Macht in Somalia wollen,
hatten schon vor ein paar Tagen den Geburtsort von Präsident Sharif Scheich Ahmed
unter ihre Kontrolle gebracht. Von der strategischen Stadt Johwar aus, die nur neunzig
Kilometer von der Hauptstadt Mogadischu entfernt ist, bauen die Islamisten ihre Position
immer weiter aus. Bei der Einnahme des Dorfes Mahdav sei es zu keinerlei Kampfhandlungen
gekommen, schreibt die Nachrichtenagentur afp.
„Die Übergangsregierung steht
unter Druck“, so Bischof Bertin, „auch in Mogadischu selbst; sie kontrolliert wohl
nur noch ein Drittel des Landes. Die Bevölkerung macht wieder einmal das durch, was
sie schon in den 19 Jahren des Bürgerkriegs durchmachen musste... diesmal aber mit
besonderer Angst: Ihr wird nämlich immer klarer, dass diese Fundamentalisten ihnen
das Leben sehr schwer machen werden. Somalia hat nämlich ansonsten eine eher freie
Tradition.“
Erst Ende Januar war der als gemäßigter Islamist geltende Scheich
Ahmed zum Präsidenten gewählt worden; zuvor hatte er lange mit den jetzigen Aufständischen
zusammgearbeitet, sich dann aber in einen so genannten „Friedensprozeß von Djibuti“
einordnen lassen. Die Aufständischen, die so genannten „Shabab“, kontrollieren den
Süden und große Teile von Zentral-Somalia. Bischof Bertin hat nur einen Wunsch für
die Zukunft des gescheiterten Staates am Horn von Afrika:
„Dass der Frieden
wiederkommt. Dass die jetzige Regierung durchhält, und dass die Bevölkerung sich dazu
entscheidet, diese Übergangsregierung stärker zu unterstützen...“
Somalische
Regierungs- und Oppositionsvertreter wollen in Rom darüber beraten, wie das Bürgerkriegschaos
im Land und die Piraterie vor der Küste überwunden werden kann. Das Treffen werde
am 10. Juni stattfinden, teilte die italienische Regierung am Mittwoch mit.