Die interreligiösen Begegnungen mit Papst Benedikt XVI. in Israel werden im Nachhinein
sehr unterschiedlich bewertet: Nach Ansicht des Direktors des jüdischen Elijah-Interfaith-Instituts,
Alon Goschen-Gottstein, hat das gemeinsame Friedenslied der Religionsvertreter in
Nazareth nach dem „missglückten Treffen“ von Jerusalem vielen Menschen wieder Mut
gemacht. Das Bild des Papstes, Hand in Hand mit Juden, Muslimen und Drusen singend,
sei eine „starke Geste“ gewesen, sagte der Rabbiner am Montag im Interview der Katholischen
Nachrichten-Agentur (KNA). Vatikansprecher Pater Federico Lombardi hatte das Friedenslied
des Rabbiners beim Treffen des Papstes mit Religionsführern als „genialen Einfall“
bezeichnet. Der Vikar der hebräischsprachigen Gemeinde, David Neuhaus, bezeichnete
die Idee eines gemeinsamen Friedensliedes hingegen als „schön“, aber nicht der Realität
des interreligiösen Dialogs im Heiligen Land entsprechend. Das Treffen in Nazareth
sei vom israelischen Außenministerium geplant worden, das auch die Redner ausgewählt
habe. Die Jerusalemer Begegnung mit Vertretern, die die Religionsgemeinschaften selbst
bestimmten, habe dagegen ein „authentisches Bild“ abgegeben: „Wir streiten, schreien
uns an und reden hinterher hoffentlich wieder miteinander“, sagte der Jesuit, der
für das Jerusalemer Treffen verantwortlich war: „Wir stehen hingegen selten Hand in
Hand und singen Friedenslieder“. Die Realität im Heiligen Land sei „viel komplexer,
als der erste Eindruck glauben machen“ wolle, betonte Neuhaus. In jedem Fall werde
der Dialog zwischen den offiziellen Religionsvertretern weitergehen. Im Jerusalemer
Notre-Dame-Zentrum hatte der muslimische Vertreter, Scheich Taisir Al-Tamimi, entgegen
den Planungen das Mikrofon ergriffen und auf Arabisch Israel harsch kritisiert. Drei
Tage später in Nazareth stimmte Goschen-Gottstein nach der Ansprache des Papstes ein
Friedenslied an und forderte die Versammelten zum Mitsingen auf. Danach habe er einen
„Sturm der Zustimmung“ erfahren, so der Rabbiner. Bilder könnten manchmal Fakten schaffen;
darum sei die Geste wichtig gewesen. (kna/rv 19.05.2009 bp)