Die Kirche spielt
eine Schlüsselrolle beim Versöhnungsprozess, der jetzt auf Sri Lanka einsetzen muss.
Das glauben katholische Hilfswerke wie missio in Aachen, dessen Südasien-Fachfrau
Annette Meuthrath wir zu dem Thema befragten. Am Sonntag hatten sich die Tamil-Rebellen
der LTTE nach 26 Jahren Bürgerkrieg dazu bereit erklärt, ihre Waffen nieder zu legen;
das Militär hat ihren Anführer an diesem Montag getötet. Eine blutige Offensive der
Regierungstruppen, die in den vergangenen Wochen Tausende Zivilisten im Nordosten
Sri Lankas das Leben kostete, kann nun zu Ende gehen. Annette Meuthrath glaubt, dass
der Friedensprozess bisher am fehlenden Willen beider Seiten scheiterte.
„Es
war sehr lange keine Kommunikation zwischen den beiden Parteien möglich. An diesem
Wochenende haben die Tamil-Tigers dann erklärt, dass man die Waffen niederlegen möchte,
um die Zivilbevölkerung zu schonen. Ich denke, dass das auch ernst gemeint war. Denn
die Situation war eigentlich für die Tamil-Tigers aussichtslos. Aber dann überrannt
zu werden, obwohl es auch Stimmen aus dem Ausland gab, die die Regierung von Sri Lanka
dazu aufgerufen haben, die Armee von Sri Lanka zu stoppen und in den letzten Tagen
nach einer friedlichen Lösung zu suchen... Diese sind leider ungehört geblieben. Die
Situation im Norden erinnert jetzt eher an eine Totenstille, als an Frieden.“
Inwiefern
spielt die Kirche in der gegenwärtigen Situation eine Rolle für die Menschen in Sri
Lanka?
„Es ist ganz klar, dass es jetzt um eine tiefe Versöhnung geht, die
Kirche hat dabei eine Schlüsselrolle. Sie hat eine wichtige Funktion, der sie sich
hoffentlich auch stellt. Denn sie konnte schon immer Leute von beiden Seiten zusammenbringen.
Und das ist in Zukunft besonders wichtig. Die katholische Kirche in Sri Lanka hat
da eine riesige Chance, weil sie sowohl Tamilen, als auch Singhalesen und andere Bevölkerungsgruppen
in sich vereinigt. Also das ist jetzt die Stunde der kirchlichen Caritas und der
„justice-and-peace-commission“, hier zu arbeiten. Und zwar auf allen Ebenen. Nicht
nur in der praktischen Hilfe, sondern auch, um zu einem Konzept zu kommen, wie Versöhnung
in Sri Lanka möglich sein wird. Und das wird etwas sein, was die Kirche vor Ort begleiten
wird und auch aktiv begleiten kann.“
Und wie realistisch ist es, dass die
Bemühungen um Frieden und Versöhnung im Land Früchte tragen?
„Ich hoffe,
dass die Regierung jetzt offen ist für Hilfsorganisationen, aber dass es zu der bereits
von verschiedenen Seiten angemahnten Untersuchung der Vorfälle kommt, wage ich zu
bezweifeln. Ich glaube nicht, dass sich die Regierung da das Heft aus der Hand nehmen
lassen wird, obwohl das für einen Prozess der Wahrheitsfindung nötig wäre. Hier müsste
es auch ganz tief um Versöhnungsarbeit gehen. Es bräuchte einen „truth-finding-report“
als Ausgangspunkt. Aber ich bezweifele sehr, dass die Regierung da offen reagieren
wird.“
Die Befreiungstiger der LTTE kämpften seit 1983 für einen unabhängigen
Staat der tamilischen Minderheit im Norden des Landes. In dem Bürgerkrieg kamen mehr
als 75.000 Menschen ums Leben.