2009-05-18 12:47:19

D: Debatte um Kermani


Im Streit um den Hessischen Kulturpreis kritisiert der katholische Theologe Elmar Salmann die beiden christlichen Preisträger. Der Islamwissenschaftler Navid Kermani habe sich dem Thema des Kreuzestodes Christi mit großer Sensibilität und großem menschlichen Taktgefühl genähert, schreibt der Professor an der Päpstlichen Universität Sant'Anselmo in Rom in einem Beitrag für den „Kölner Stadt-Anzeiger“. Dass Kardinal Karl Lehmann und der frühere Präsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Peter Steinacker, dies nicht wahrnehmen könnten und es abgelehnt hatten, zusammen mit Kermani ausgezeichnet zu werden, spreche „Bände über den Zustand der christlichen Religion in Westeuropa“; ihr fehle es „offenbar an Glaubenskraft und Großmut zugleich“. Lehmann und Steinacker hatten ihre Position mit verletzenden Angriffen Kermanis auf das Kreuz als zentrales Symbol des christlichen Glaubens begründet. In dem von Lehmann und Steinacker beanstandeten Text hatte Kermani geschrieben, für ihn sei Kreuzestheologie „Gotteslästerung und Idolatrie“.
Kermani selbst äußerte in einem Interview Unverständnis über die Aberkennung und sprach von einem für ihn inakzeptablen Toleranzverständnis. Wenn er an der Kreuzigungstheologie „die Verklärung des Martyriums“ kritisiere, bekomme er auch von Christen „viel Zuspruch“. Toleranz könne aus seiner Sicht nicht bedeuten, nur das zu tolerieren, woran man selbst glaubt. Der Zentralrat der Muslime nannte die Reaktionen der zwei Kirchenmänner „unreif und kindisch“; der interreligiöse Dialog in Deutschland werde mit Füßen getreten.
Der jüdische Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik verteidigte Kermanis Haltung und spricht von einem „integrationspolitischen GAU“. Der Schriftsteller habe artikuliert, was vier Millionen Muslime in Deutschland ebenfalls empfinden dürften. Dass das Erschrecken darüber so groß sei, beweise nur, dass man, was den interreligiösen Dialog betrifft, bisher in einer Scheinwelt gelebt habe. Brumlik sieht die Verantwortung für die Affäre beim Kuratorium, das die Preisträger benannt habe, und bei der hessischen Landesregierung.

(kna/faz 18.05.2009 sk)








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