2009-05-18 13:33:59

Afrika: Vierter Tag, von Kamerun nach Angola


Halbzeit: Papst verlässt Kamerun
Benedikt XVI. ist am Freitagvormittag von Kamerun nach Angola aufgebrochen. In seiner Abschiedsrede auf dem Flughafen von Yaoundé dankte er vor Präsident Baya und den Bischöfen des Landes allen Kamerunern für den großzügigen Empfang der letzten Tage. „Die Wärme der afrikanischen Sonne hat sich in der Wärme Eurer Gastfreundschaft widergespiegelt“, so Benedikt wörtlich. Weiter bat er die Gläubigen um Gebet für die Bischofs-Sondersynode zu Afrika, die im Oktober in Rom stattfinden soll.
Eine Bilanz zur ersten Etappe der Papstreise zieht unsere Korrespondentin Birgit Pottler,
hier zum Nachlesen und -hören: http://www.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=274193
 
Zweite Halbzeit: Angola
Kamerun – Angola. Ein Kontinent. Zwei Welten.
Eine Einführung von Birgit Pottler: http://www.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=274244
 
Papst in Angola: Die Armen nicht vergessen
Vierter Tag der Papstreise auf dem Schwarzen Kontinent: Benedikt XVI. hat Kamerun verlassen und ist in Angola eingetroffen. „Ich komme aus einer Nation, die Krieg und Teilung erlebt hat“, sagt Benedikt in seiner ersten Ansprache, „darum liegt mir der Frieden besonders am Herzen!“ Eindringlich warnt er Afrika davor, auf das Recht des Stärkeren zu setzen.
Um kurz vor eins ist Benedikt, von Kamerun kommend, in Angolas Hauptstadt Luanda gelandet. Dort begrüßte ihn Präsident Eduardo Dos Santos, im Amt seit 1979. „Segne unser Land“ – das ist das Motto der Reise durch Angola. In seiner ersten Ansprache stellte sich der Papst in die Tradition seines Vorgängers, des „Eiligen Vaters“.
„Ich denke jetzt an Johannes Paul II., der Angola 1992 segnete: Er war ein unermüdlicher Missionar Jesu Christi bis an die Enden der Erde; er zeigte den Weg zu Gott und lud alle Menschen guten Willens dazu ein, eine Gesellschaft der Gerechtigkeit und des Friedens zu errichten. Was mich betrifft: Ich komme aus einem Land, in dem den Menschen Frieden und Brüderlichkeit besonders am Herzen liegen – besonders denen, die wie ich Krieg und Teilung erlebt haben. Schuld daran waren zerstörerische, unmenschliche Ideologien, die den Menschen Illusionen vorspiegelten und sie in Wirklichkeit unterdrückten. Ihr versteht daher, dass ich sensibel bin für den Dialog als Mittel, um jede Form von Konflikt und Spannung zu überwinden und um aus jeder Nation – auch aus der euren – ein Haus des Friedens und der Brüderlichkeit zu machen.“
Angola solle sich seines reichen geistlichen und kulturellen Erbes bewusst sein und seinen wachsenden Reichtum dazu einsetzen, „Frieden und Verständigung zwischen den Völkern zu fördern“. So könne das Land dazu beitragen, Afrika eine „friedliche und solidarische Zukunft“ zu verschaffen.
„Darum bitte ich euch: Kapituliert nicht vor dem Recht des Stärkeren! Gott macht es den Menschen möglich, mit den Flügeln von Verstand und Glaube über seine natürlichen Tendenzen hinauszufliegen. Wenn ihr euch von diesen Flügeln tragen lasst, dann werdet ihr in den anderen eure Brüder erkennen, die die gleichen grundlegenden Rechte haben. Leider gibt es in Angola noch viele Arme, die den Respekt vor ihren Rechten einfordern. Man darf die vielen Angolaner nicht vergessen, die noch unterhalb der Armutsgrenze leben. Enttäuscht ihre Erwartungen nicht!“
Die Kirche in Angola grüßte Benedikt als eine der ältesten katholischen Gemeinschaften südlich des Äquators; ihr gelte sein Besuch vor allem.
„Ich schließe mich ihren Bitten an, dass die Zeit des Friedens, der Gerechtigkeit und der Brüderlichkeit in Angola nicht vorübergeht und dass sie als Kirche ihre Mission zum Wohl des Volkes und der Nationen Afrikas tun kann. Gott segne Angola!“
Am Freitagmorgen hatte Benedikt XVI. Kamerun verlassen. Dabei dankte er für die Gastfreundschaft und bat um Gebet für die Bischofs-Sondersynode zu Afrika, die im Oktober in Rom stattfinden soll. Er hoffe auf „eine Zeit der Gnade für die Kirche des ganzen Kontinents, um sich zu erneuern und einer zerrissenen Welt die rettende Botschaft des Evangeliums zu bringen“. (rv)
Hier zum Nachhören: http://62.77.60.84/audio/ra/00154525.RM

 
Papst fordert mehr Demokratie in Angola
Nach seiner offiziellen Begrüßung am Flughafen in Luanda ist Papst Benedikt am Freitagnachmittag erneut mit dem angolanischen Staatspräsidenten José Eduardo Dos Santos zusammengetroffen. Im barocken Präsidentenpalais, dem „Palácio de Povo“ hat der Papst vor Politikern, Vertretern der Zivilgesellschaft und Diplomaten gesprochen. An sie richtete er den Appell, die Demokratisierung im Land entschiedener voranzutreiben. Deutliche Worte des Papstes gingen auch an die Internationale Staatengemeinschaft. Die Industrieländer sollten mehr für die Entwicklung Afrikas tun, ohne die Afrikaner dabei zu bevormunden.
Nach jahrelangem Bürgerkrieg sei in Angola endlich wieder eine „Zeit der Hoffnung“ angebrochen, sagt Benedikt. Daher sei jetzt die Gelegenheit, das Land, so der Papst wörtlich, „auf den Weg jener Prinzipien zu führen, die für jede moderne, zivile Demokratie unabdingbar sind“. Dazu gehörten, laut Benedikt: Respekt vor den Menschenrechten, eine transparente Regierung, eine unabhängige Richterschaft, Pressefreiheit und ein funktionierendes Bildungs- und Gesundheitssystem. Zudem sei entschieden gegen die Korruption vorzugehen.
Wie schon in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag am ersten Januar dieses Jahres rief der Papst die Industrieländer dazu auf, sowohl ihre Wirtschaftsbeziehungen mit Afrika als auch ihre Hilfsprogramme nach ethischen Prinzipien zu gestalten. Wörtlich sagte Benedikt: „Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Afrika erfordert die Zusammenarbeit zwischen nationalen Regierungen, regionalen Initiativen und internationalen Entscheidungsträgern.“ Eine solche Koordinierung sei nur möglich, wenn die afrikanischen Länder nicht nur als „Empfänger von Lösungsstrategien“ betrachtet würden, die andere erarbeitet hätten. Vielmehr sollten die Afrikaner die Entwicklung ihres Kontinents eigenverantwortlich gestalten können.
Von der Internationalen Gemeinschaft forderte Benedikt die endliche Einlösung alter Versprechen: Erstens mehr Einsatz gegen den Klimawandel, zweitens ein gerechteres Wirtschaftssystem - etwa durch die Umsetzung der Doha-Entwicklungsagenda – und drittens, mehr Gelder für Hilfsprojekte.
Seine abschließenden Worte richtete der Papst an die Schwächsten und Ärmsten in den afrikanischen Ländern, darunter Kranke, Frauen und Kinder. Ihnen fühle sich die Kirche besonders verpflichtet. Sie werde auch weiterhin alles dafür tun, damit ihnen geholfen werde.
Nach seinem Empfang im Präsidentenpalast ist Benedikt am Freitagabend auch mit den angolanischen Bischöfen zusammengetroffen. Er dankte den Bischöfen, dass sie die Kirche in Angola sicher durch die schwierigen Zeiten des Bürgerkriegs geführt haben und versicherte ihnen wie den Gläubigen Angolas seiner ständigen Fürsorge.
In Zukunft müsse sich die Kirche in Angola vor allem der Evangelisierung der Familie widmen, deren Einheit in der zeitgenössischen Kultur besonders bedroht sei. Weiter forderte der Papst die Bischöfe dazu auf, sich für die „Heiligkeit des Lebens“ stark zu machen.
Lobende Worte fand der Papst für das große Engagement der Laien und die wachsende Zahl an Priestern in Angola. Sein besonderer Dank galt schließlich den zahlreichen Missionaren, die das Fundament für die christlichen Gemeinschaften im Land gelegt hätten. (rv)
Hier zum Nachhören: http://62.77.60.84/audio/ra/00154661.RM

 
Aids-Debatte in Afrika: „Der Papst hat Recht“
Die ablehnende Haltung des Vatikans zu Kondomen als scheinbar allein Heil bringende Methode in der Aidsprävention beschäftigt die internationale Presse und wird massiv kritisiert. Anders in Afrika. Unsere Korrespondentin Birgit Pottler hat sich umgehört:
Die „Kondomdebatte“ habe in Afrika keinen Schatten auf den Papstbesuch geworfen. Père André Tum aus der Diözese Edea weist diesen Eindruck entschieden zurück. Noch dazu habe diese Journalistenfrage ja gar nichts mit den Auftritten Benedikts in Afrika selbst zu tun. Die Botschaft des Papstes habe die Kirche in Afrika im Gegenteil bestärkt, betont Tum, Professor für Metaphysik am Grand Seminaire von Bafoussam:
„Wir Afrikaner erwarten vom Papst ein Wort der Hoffnung, eine Stärkung im Glauben. Es ist klar, dass Abstinenz und Treue die wirksamsten Mittel sind, die Ausbreitung von Aids einzudämmen.“ Natürlich verteilen Nichtregierungsorganisationen Kondome. Aber – Père André unterstreicht seine Worte mit energischen Handzeichen – „ein gläubiger Christ, ob nun Europäer oder Afrikaner, kann vom Kirchenoberhaupt keine andere Aussage erwarten. Wir Afrikaner fühlen uns bestärkt, denn die Papstbotschaft weist uns auf das Wesentliche hin. Das Evangelium leitet uns an, vollkommen zu sein. Und es ist die Aufgabe des Papstes, uns zur Perfektion, zur Vollkommenheit zu führen. Der Papst darf uns nicht sagen, wie wir besser sündigen können – das ist nicht seine Aufgabe. Er muss uns dabei helfen, das Evangelium im Leben umzusetzen.“
Afrikas Katholiken – einen Unterschied zwischen praktizierenden und so genannten Taufschein-Katholiken gibt es hier nicht – seien der gleichen Ansicht, versichert Tum, auch die Frauen. Doch die kirchliche Lehre und die persönlichen Überzeugungen ließen sich eben nicht immer mit der Realität vereinen, das sei in Afrika so. Der Professor und erfahrene Seelsorger erzählt erst, als das Mikrofon wieder in der Tasche verstaut ist, von Gesprächen mit Frauen, von afrikanischen Traditionen und der verbreiteten Ansicht, je mehr Frauen, je mehr Kinder, desto angesehener ein Mann.
Ein Katholik aus Yaoundé, gekleidet in traditionelles Gewand, erklärt uns jedoch, während Benedikt XVI. im Stadion Eucharistie feiert: „Der Papst hat Recht. Die Verteilung von Kondomen führt zu sexueller Zügellosigkeit.“ Kondome allein lösten das Problem nicht. Der Mann stimmt dem Papst zu und mahnt sogleich die Kirche, HIV-Patienten nicht zu diskriminieren: „Diese Krankheit kann ja auch zum Beispiel durch eine Bluttransfusion übertragen werden. Die Betroffenen verdienen es also, wie alle anderen Kranken behandelt zu werden, mit Würde und Respekt. Und sie brauchen medizinische Versorgung.“
Im Jahr 2000 haben HIV-positive Frauen in Yaoundé eine Selbsthilfegruppe gegründet, inzwischen unterstützt ihr Verein AFASO Waisenkinder, die ihre Eltern durch Aids verloren haben, betreibt Aufklärung und bekämpft die Stigmatisierung HIV-positiver Menschen in der Gesellschaft. Mit Frauen über das Thema Aids und Kondomgebrauch zu sprechen, erweist sich während der Papstreise als schwierig. Eine Katholikin schüttelt auf die Frage, was sie über die Papstworte denkt, den Kopf und macht einen Schritt zurück: „Er ist der Papst. Das muss er sagen und denken. Punkt.“ (rv)
Der Beitrag von Birgit Pottler zum Nachhören: http://62.77.60.84/audio/ra/00154479.RM







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