2009-05-13 09:46:25

Heilig-Land-Reise: Fünfter Tag


Begegnungen mit Juden und Muslimen stehen im Mittelpunkt des zweiten Besuchstages von Papst Benedikt XVI. in Israel. Am Morgen besichtigte das katholische Kirchenoberhaupt den muslimischen Felsendom in der Jerusalemer Altstadt. Dabei traf er auch mit Großmufti Mohammed Hussein zusammen. In seiner Ansprache rief das Oberhaupt der katholischen Kirche dazu auf, die Konflikte der Vergangenheit zu überwinden. Die Religionen sollten statt dessen einen ehrlichen Dialog führen und so zum Aufbau einer friedlichen und gerechten Welt beitragen.
Für 10 Uhr Ortszeit stand der Besuch des Papstes an der jüdischen Klagemauer auf dem Programm. Der Papst verharrte allein und schweigend vor der wichtigsten religiösen Stätte für die Juden. Zuvor hatte er der jüdischen Gebetstradition folgend einen Zettel mit seinem Wunsch an Gott in eine der Mauerfugen gelegt.
Im Anschluss besuchte Benedikt XVI. die beiden israelischen Oberrabbiner Jona Metzger und Shlomo Amar und den Abendmahlssaal. Es folgte die Begegnung mit Bischöfen und Ordensleuten und ein Besuch am Lateinischen Patriarchat von Jerusalem. Es betreut die rund 70.000 römisch-katholischen Christen im Heiligen Land. Seine Jurisdiktion erstreckt sich über das Staatsgebiet von Israel, Jordanien, Zypern und die Palästinensischen Gebiete.
Am Nachmittag feierte der Papst am Fuß des Ölbergs seine erste Messe in Israel unter freiem Himmel und versicherte den bedrängten Christen im Heiligen Land die Solidarität der ganzen Kirche. „Im Heiligen Land ist Raum für alle!“, sagte Benedikt XVI. und rief die staatlichen Autoritäten dazu auf, die Anwesenheit der Christen im Heiligen Land zu achten und zu unterstützen.
Am Vorabend hatte der 82-Jährige die Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem besucht und dort der Millionen Juden gedacht, die im Holocaust von den Nationalsozialisten ermordet wurden. In Anschluss traf er mit Vertretern der Religionsgemeinschaften im Land zusammen. (rv)
Hier zum Nachhören: http://62.77.60.84/audio/ra/00161794.RM

 
Papst betet in Stille an der Klagemauer
20 Minuten - „ein historischer Moment“: Benedikt XVI. hat an der Klagemauer in Jerusalem gebetet. Der Papst verharrte allein und schweigend vor der wichtigsten religiösen Stätte für die Juden. Stefan von Kempis berichtet vom Besuch Benedikts XVI. an der Klagemauer:
Kurz vor zehn Uhr Jerusalemer Zeit: das Gefolge des Papstes kommt über eine Brücke vom Tempelberg direkt hinunter zur Klagemauer hinunter. Es ist heiß vor der „Western Wall“; der Platz, wo sonst Juden beten und singen, ist geräumt und wirkt auf einmal sehr leer, überall sieht man nur Journalisten und Sicherheitsbeamte. Kardinal Bertone und der New Yorker Rabbiner Schneier unterhalten sich angeregt; einige aus dem Papst-Gefolge wirken etwas nervös, alle tragen aus Respekt eine jüdische Kippa auf dem Kopf; zwischen den dicken Steinquadern aus der Zeit des Herodes ruht sich eine graue Taube aus. Benedikt kommt in einer schwarzen Limousine vorgefahren; er steigt aus, begrüßt den Direktor und den Rabbiner dieses heiligen Orts, er lächelt etwas verhalten, geht mit schnellen Schritten. Vor der Klagemauer sind zwei Stehpulte aufgebaut; der Rabbiner der Klagemauer, Shmuel Rabinovich, trägt mit lauter Stimme auf Hebräisch einen Psalm vor. Dann ist Benedikt dran; er setzt sich die Lesebrille auf und fängt an, auf lateinisch zu lesen, seine Stimme ist leise, anfangs kaum zu verstehen. Der Papst hat sich für einen Psalm entschieden, dessen Kernsatz heißt: „Erbittet für Jerusalem Frieden“. Als er geendet hat, hört man das Klicken der Lesebrille, als er sie aufs Pult zurücklegt.
Benedikt XVI. geht zur Klagemauer – es ist fast wie eine Heraufbeschwörung dieses magischen Moments, als vor neun Jahren der kranke Johannes Paul diesen Weg ging. Der Papst schiebt einen großen, zusammengefalteten Gebetszettel zwischen die Quader; das gelingt nicht gleich. Dann verharrt er ein paar Minuten, mit gefalteten Händen, bewegungslos. Kein Kniefall, keine demonstrative Geste. Über seinem Kopf flattern zwei Schwalben; die Stille wird nur mal von den Rufen einiger Fotografen oder Sicherheitsbeamten unterbrochen. Der Papst dreht sich um, geht zurück, die Hände immer noch gefaltet, und begrüßt einige jüdische Rabbiner. Schneier ist da, ein Freund des Papstes, er spricht Benedikt auf deutsch an; ein paar Gesprächsfetzen lassen sich verstehen, etwa: „dass wir weiterarbeiten“, und dann: „Ich bin mit Ihnen“. Die Atmosphäre, bisher etwas konzentriert-gedrückt, lockert sich auf, Schneier macht sogar einen Witz. „Ich bin der Oberrabbiner von Frankreich“, sagt einer der Anwesenden zu Benedikt; ein anderer überreicht eine kleine Skulptur und ein dickes Buch über die Klagemauer, Titel: „Die Steine unseres Erbes berühren“. Zwanzig Minuten ungefähr, dann ist die Visite Benedikts an der Klagemauer vorüber. Ein historischer Moment, gewiss – auch wenn jede spektakuläre Geste unterblieben ist. Nur 24 Stunden später wird Benedikt wieder vor einer Mauer stehen – beim Besuch in Bethlehem nämlich. Und das wird dann wirklich ein neues Bild sein, das es mit Johannes Paul noch nicht gegeben hat – denn die Mauer von Bethlehem, eine Klagemauer ganz anderer Art, steht erst seit ein paar Jahren. (rv)
Hier zum Nachhören: http://62.77.60.84/audio/ra/00161711.RM

 
Gebet für die ganze Menschheitsfamilie
Hier das Gebet, das Papst Benedikt auf einem zusammengefalteten Zettel in eine der Fugen der Klagemauer steckte:
Gott aller Zeiten,
bei meinem Besuch in Jerusalem, der „Stadt des Friedens“,
spirituelle Heimat für Juden, Christen und Moslems gleichermaßen,
bringe ich vor Dich die Freuden, die Hoffnungen und Wünsche,
die Bemühungen, das Leiden und den Schmerz all deiner Völker in der Welt.
Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs,
höre den Schrei der Bedrängten, der Verängstigten, der Verlassenen,
sende deinen Frieden auf dies Heilige Land, auf den Nahen Osten,
auf die ganze Menschheitsfamilie.
Rühre die Herzen aller, die deinen Namen rufen,
damit sie demütig auf dem Weg der Gerechtigkeit und des Mitleids gehen.
„Gut ist der Herr zu dem, der auf ihn hofft, zur Seele, die ihn sucht.“ (Klagelieder 3,25) (rv)
Stichwort: Klagemauer: http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=286731
 
Papstpredigt am Ölberg: „Im Heiligen Land ist Platz für alle“
An diesem Dienstagnachmittag hat Benedikt XVI. eine Messe im Josafat-Tal am Fuße des Ölbergs zelebriert. Der Gottesdienst wurde in hebräischer, arabischer und lateinischer Sprache gefeiert. Seine Predigt trug der Papst auf Englisch vor. Dabei betonte er die Besonderheit des Ortes. Jesus Christus selbst habe am Fuß des Ölbergs gebetet und gelitten. Die Christen im Heiligen Land stünden in der direkten Nachfolge der ersten Jünger, so der Papst:
„Wenn ich heute vor euch stehe, möchte ich den Schwierigkeiten, dem Schmerz und dem Leid Anerkennung zollen, die so viele von euch infolge der Konflikte ertragen mussten, die diese Region heimgesucht haben, sowie den bitteren Erfahrungen der Vertreibung, die so viele eurer Familien gemacht haben und – Gott verhüte es – vielleicht noch machen müssen. Ich hoffe, meine Anwesenheit hier ist ein Zeichen, dass man euch nicht vergessen hat, dass eure beharrliche Anwesenheit und euer Zeugnis wirklich wertvoll sind vor Gott und dass sie für die Zukunft dieser Region wesentlich sind. Aufgrund eurer tiefen Verwurzelung in diesem Land, eurer altehrwürdigen und starken christlichen Kultur und eures unerschütterlichen Vertrauens in Gottes Verheißungen seid ihr, die Christen des Heiligen Landes, dazu berufen, nicht nur ein Lichtstrahl des Glaubens für die universale Kirche zu sein, sondern auch Sauerteig der Eintracht, der Weisheit und des Gleichgewichts im Leben einer Gesellschaft, die traditionell stets pluralistisch, multiethnisch und multireligiös war und dies auch weiterhin ist.“
Die Christen im Heiligen Land seien also nicht vergessen. Ein Beispiel und ein Hoffnungszeichen in ihrer schwierigen Lage im Heiligen Land solle ihnen der Gehorsam Jesu Christi im Garten Getsemani sein, so der Papst.
Paulus gebe mit seiner Mahnung, „nach dem zu streben, was im Himmel ist“, einen weiteren Orientierungspunkt für die Verheißung und Versöhnung, die Gott für die ganze Menschheitsfamilie im himmlischen Jerusalem wolle. Diese Stück für Stück auch im irdischen Jerusalem zu verwirklichen, müsse weiter das gemeinsame Anliegen aller Menschen im Heiligen Land sein, der Papst:
„In der Tat war Jerusalem schon immer eine Stadt, auf deren Straßen der Widerhall verschiedener Sprachen zu hören ist, auf deren Pflaster Menschen aller Rassen und Sprachen einhergehen, deren Mauern ein Symbol sind für Gottes Fürsorge um die ganze Menschheitsfamilie. Als Mikrokosmos unserer globalisierten Welt muss diese Stadt, wenn sie ihrer universalen Berufung gerecht werden will, ein Ort sein, der Universalität, Achtung der anderen, Dialog und gegenseitiges Verständnis lehrt. Sie muss ein Ort sein, an dem Voreingenommenheit und Unwissen sowie die Furcht, die sie nährt, durch Ehrlichkeit, Integrität und Streben nach Frieden überwunden werden. Innerhalb dieser Mauern darf es keinen Platz geben für Gewalt, Engstirnigkeit, Unterdrückung und Rache. Alle, die an einen gnädigen Gott glauben – seien sie Juden, Christen oder Muslime – müssen als erste diese Kultur der Versöhnung und des Friedens fördern, wie mühevoll und langsam der Prozess auch immer sein mag und wie schwer die Last der Erinnerung auch immer wiegt.“
Ein besonderes Augenmerk legte der Papst auf diejenigen Christen, die unter der gegenwärtigen Lage zu leiden hätten. Die Jugend des Landes nahm das Kirchenoberhaupt dabei besonders in den Blick:
„An dieser Stelle möchte ich direkt eine tragische Realität ansprechen, die alle, die diese Stadt und dieses Land lieben, mit großer Besorgnis erfüllen muss: die Abwanderung so vieler Angehöriger der christlichen Gemeinde in den letzten Jahren. Während verständliche Gründe viele und besonders junge Menschen dazu veranlassen auszuwandern, so bringt diese Entscheidung für die Stadt eine große kulturelle und geistliche Verarmung mit sich. Heute möchte ich das wiederholen, was ich bereits bei anderen Gelegenheiten gesagt habe: Im Heiligen Land ist Raum für alle! Ich bitte die staatlichen Autoritäten eindringlich, die Anwesenheit der Christen an diesem Ort zu achten und zu unterstützen, und ich möchte euch auch die Solidarität, die Liebe und die Unterstützung der ganzen Kirche zusichern.“

Bleiben, Ausharren, Zeugnis ablegen, das waren die Hauptanliegen der Papstpredigt am Fuße des Ölbergs. Zeugnis ablegen für den christlichen Glauben, der „die Herzen aufschließt und uns zur Ganzhingabe an den Herrn in Glaube, Hoffnung und Liebe bewegt“, so die Worte Benedikts XVI. (rv)


„Ein unvergessliches Erlebnis“
Eine bunte und festliche Messe war es, die tausende Gläubige gemeinsam mit Papst Benedikt am Fuß des Ölbergs vor den Stadtmauern von Jerusalem feiert hat. Mit dabei war auch unser Korrespondent Stefan von Kempis. Hier seine Eindrücke:
Es war ein malerisches Bild: Oben die Mauern von Jerusalem, geschmückt mit den Fahnen des Vatikans und des Lateinischen Patriarchats, unten Christen vieler verschiedenen Länder und Kulturen – dann Bischöfe, die alle anders aussahen, der eine mit Mitra, der andere mit einer Art Krone, und Papst Benedikt mit goldenem Messgewand. Die Messtexte waren in vielen verschiedenen Sprachen, darunter übrigens auch eine Fürbitte auf hebräisch. Es wirkte ein bisschen wie Pfingsten, als alle die Frohe Botschaft in ihrer Muttersprache hörten; allerdings schwebte oben über allem ein israelischer Beobachtungs-Zeppelin, wie er auch bei Unruhen über dem Tempelberg auftaucht. Ein Wermutstropfen war, dass nur die Hälfte der Erwarteten kommen konnte, nur etwa 3000 Menschen; viele kamen wegen der strengen Sicherheitsvorkehrungen nicht durch – nicht einmal die Ordensfrauen aus der Päpstlichen Nuntiatur. Die Messe wirkte bunt und festlich; schon nach den ersten Worten der Papst-Predigt kam kräftiger Beifall auf, und Applaus gab es auch, als Benedikt rief: „Ihr seid nicht vergessen!“, oder als er sagte: „Im Heiligen Land ist Platz für jeden.“ Diese Messfeier wird nicht mit einem Schlag die Probleme des Heiligen Landes oder der Christen hier lösen. Aber für jeden, der dabeisein konnte, wird sie sicher unvergesslich bleiben.
 
Jerusalem: Papstansprache am Felsendom
Benedikt XVI. hat an diesem Dienstag den muslimischen Felsendom in der Jerusalemer Altstadt besucht. Dabei traf er mit Großmufti Mohammed Hussein zusammen. In seiner Ansprache rief das Oberhaupt der katholischen Kirche dazu auf, die Konflikte der Vergangenheit zu überwinden. Die Religionen sollten statt dessen einen ehrlichen Dialog führen und so zum Aufbau einer friedlichen und gerechten Welt beitragen. Mufti Mohammed Hussein appellierte seinerseits an Benedikt, sich aktiv für „ein Ende der Aggression“ Israels gegen die Palästinenser einzusetzen. (rv)
Die Ansprache im Englischen Original: http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=286723
Stichwort: Felsendom http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=286730

 
Papst im Abendmahlsaal: Reichtum christlicher Kirchen
Papst Benedikt im Abendmahlsaal: Mit seinem kurzen Aufenthalt zum Regina Coeli Gebet bei den Franziskanern hat Benedikt einen der zentralen Schauplätze der christlichen Heilsgeschichte besucht. Der kleine, fast intime gotische Raum aus dem 14. Jahrhundert erinnert an das letzte Abendmahl, das Jesus hier mit den Jüngern einnahm; hier wusch er ihnen die Füße, hier setzte er das Sakrament der Eucharistie ein. Intim auch die Gesellschaft, die Benedikt hier empfing: die Ordinarien – Bischöfe, Vikare, Kustode – des Heiligen Landes und die Franziskaner der Kustodie des Heiligen Landes, ein Grüppchen älterer und jüngerer Brüder in ihrem charakteristischen braunen Ordensgewand.
Die christliche Tradition hat diesen Raum gleichgesetzt mit dem Ort, an dem die Jünger mit den Frauen und Maria betend warteten und den Heiligen Geist empfingen. Daher sangen die Franziskaner nach dem Einzug des Papstes das „Veni creator Spiritus“, sozusagen den Hymnus von Pfingsten an diesem Ort des ersten Pfingstfestes der Heilsgeschichte.
Der Papst erinnerte an die Entstehung der christlichen Urgemeinde an diesem Ort sowie an den Reichtum der verschiedenen christlichen Kirchen und beschwor ein „neues ökumenisches Bewusstsein“, das unsere Zeit seit dem II. Vatikanischen Konzil kennzeichnet. Die „innere Disposition zur Einheit unter der Leitung des Heiligen Geistes“ sei entscheidend, damit die Christen ihre Sendung erfüllen könnten.
Der Abendmahlsaal gehört heute dem Staat Israel, eine Zeitlang erwog Tel Aviv freilich, diesen symbolträchtigen Ort der Kirche zu schenken. Franziskanerkustos Pierbattista Pizzaballa bezeichnete den Abendmahlsaal vor dem Papst als „den wenigsten glorreichen und vielleicht ungepflegtesten Ort“ der Heiligen Stätten Jerusalems. In der „Armut“ dieses Ortes spiegelten sich aber die Widersprüche des Heiligen Landes und einer „Geschichte, die nie zum Abschluss kommt“. Benedikt XVI. schien sich dennoch wohl zu fühlen in diesem kargen, strengen Saal. Beim Auszug nach dem Regina Coeli ließen es sich die jüngeren Franziskanerbrüder nicht nehmen, den Papst mit Benedetto-Rufen zu feiern. (rv)
Hier zum Nachhören: http://62.77.60.84/audio/ra/00161743.RM
Wir dokumentieren hier die Papstrede im Abendmahlsaal im Wortlaut in einer Arbeitsübersetzung: http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=286809

 
Oberrabbinat: „Beispiel des Vetrauens und Dialogs“
Der Weg der Versöhnung zwischen katholischer Kirche und Judentum ist nach den Worten von Papst Benedikt XVI. unumkehrbar. Bei einem Treffen mit beiden israelischen Oberrabbinern, Jona Metzger und Shlomo Amar, an diesem Dienstag in Jerusalem bekräftigte der Papst die ungebrochene Gültigkeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). Die Kirche sei unwiderruflich der authentischen und dauerhaften Versöhnung zwischen Christen und Juden verpflichtet.
Vor dem Oberrabbinat waren zuvor Luftballons in den tief blauen Himmel über Jerusalem gestiegen. Es war ein Kontrastprogramm für das Kirchenoberhaupt, stand er doch keine halbe Stunde zuvor noch im Schatten der Klagemauer und am Vortag im bedrückenden Dunkel der Gedenkstätte Yad Vashem. Nach einem Rundgang durch das Zentrum „Hechal Shlomo“ in unmittelbarer Nähe zur Großen Synagoge und einem persönlichen Gespräch hinter verschlossenen Türen folgt der Festakt: Ansprachen der beiden Oberrabbiner auf Hebräisch, Papst Benedikt hat einen Simultanübersetzer zur Seite.
Dann brüderliche Worte des Papstes auf Englisch:
„Ich versichere euch meines Wunsches, das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen Stuhl, dem Oberrabbinat von Israel und dem jüdischen Volk weltweit zu vertiefen. … Ich vertraue darauf, dass unsere Freundschaft sich auch weiterhin als ein Beispiel des Vertrauens und des Dialogs für die Juden und die Christen auf der ganzen Welt präsentiert.“
Benedikt XVI. würdigte die schon erreichten Fortschritte im interreligiösen Dialog. Das gelte besonders für laufende Arbeiten der gemeinsamen Kommission des Heiligen Stuhls und des Oberrabbinats. Juden und Christen seien gleichermaßen daran interessiert, den Schutz des Lebens und der Familie, gute Bildung sowie Religions- und Gewissensfreiheit für eine „gesunde Gesellschaft“ zu garantieren.
„Diese Themen des Dialogs stellen nur eine Anfangsphase dessen dar, was, so hoffen wir, ein solider, beständiger Weg hin zu einem besseren gegenseitigen Verständnis sein wird. Wenn wir die dringendsten ethischen Fragen unserer Tage angehen, finden sich unsere beiden Gemeinschaften vor der Herausforderung, die Menschen guten Willens auf der Ebene der Vernunft miteinzubeziehen und ihnen gleichzeitig die religiösen Fundamente zu zeigen, welche die unveränderlichen moralischen Werte am besten stützen.“
Christen und Juden müssten gemeinsam daran arbeiten, die Wertschätzung der Gesellschaft „für die spezifischen Beiträge unserer religiösen und ethischen Traditionen zu steigern“.
Gerade in Israel schätze die kleine Gruppe der Christen die Möglichkeiten des Dialogs mit „ihren jüdischen Nachbarn“.
Der Papst wörtlich: „Wie die Konzilserklärung ,Nostra Aetate’ klarstellt, würdigt die Kirche weiterhin das gemeinsame spirituelle Erbe von Christen und Juden und wünscht ein immer tieferes gegenseitiges Verständnis und gegenseitigen Respekt durch biblische und theologische Studien ebenso wie durch den brüderlichen Dialog.“
Im Blick auf die bereits erzielten Ergebnisse könnten Christen und Juden vertrauensvoll auf eine immer überzeugtere Zusammenarbeit zusteuern – „gemeinsam mit allen Menschen guten Willens, im Zurückweisen von Hass und Verfolgung auf der ganzen Welt“. (rv)
Hier zum Nachhören: http://62.77.60.84/audio/ra/00161792.RM
Wir dokumentieren die Ansprache an die Rabbiner in einer Arbeitsübersetzung: http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=286755
 
Patriarchat: „Frieden für Jerusalem erbitten“
Nach dem Mittagsgebet und der Begegnung mit den Bischöfen im Abendmahlssaal auf dem Zionsberg hat Benedikt XVI. das nahe gelegene Lateinische Patriarchat von Jerusalem besucht. Bei Ordensleuten aus dem Heiligen Land, rund 300 hatten sich in der Konkathedrale Jerusalems versammelt, herrschte Begeisterung.
Das Kirchenoberhaupt erinnerte an die „Frohe Botschaft“, die Petrus „in dieser Stadt“ erstmals verkündet habe. „Von Jerusalem ging das Evangelium, in die ganze Welt hinaus ... bis zu den Enden der Erde’ (Ps 19,4), doch die Missionsarbeit der Kirche wurde stets von den Gebeten der Gläubigen getragen, die um den Altar des Herrn versammelt waren und die mächtige Kraft des Heiligen Geistes auf den Dienst der Verkündigung herabriefen.“
Er freue sich, so Benedikt XVI., selbst an den Ort zu kommen, an dem sich seit den ersten Tagen der Kirche gläubige Christen versammelten; doch auch in Jubelrufen mahnte er zum Einsatz für den Frieden im Heiligen Land:
„Mit den Worten des Psalmisten bitte ich euch auch, Frieden für Jerusalem zu erbitten (vgl. Ps 122,6) und ohne Unterlass für ein Ende des Konflikts zu beten, der so viel Leid über die Menschen dieses Landes gebracht hat.“ (rv)
Hier zum Nachhören: http://62.77.60.84/audio/ra/00161793.RM
 
Papstworte in der lateinischen Konkathedrale in Jerusalem
Vor dem Gottesdienst besuchte Benedikt XVI. die Konkathedrale – de facto: die Patriarchatskirche der Lateiner von Jerusalem. Rund 300 Gläubige und Geistliche hatten ihn dort am Dienstagvormittag jubelnd in Empfang genommen. Nach seinem Gebet vor dem Allerheiligsten und den Grußworten des lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Fouad Twal, richtete Benedikt XVI. seinerseits einige Grußworte an die Gläubigen.
Wir dokumentieren hier die Grußworte des Papstes in deutscher Übersetzung: http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=286791

 
 
Papstbesuche in „drei verschiedenen Welten“
Auch der zweite Tag des Papstes in Jerusalem war gespickt mit Programmpunkten. Dabei stand der Dienstagvormittag ebenfalls ganz im Zeichen des interreligiösen Dialogs. Unser Kollege, Stefan Kempis, hat die einzelnen Etappen Benedikts vor Ort mitverfolgt. Ihn haben wir gefragt, wie denn der zweite Tag des Papstaufenthaltes in Jerusalem bisher gelaufen ist?
„Der Vormittag wirkte wie Papstbesuche in drei verschiedenen Welten: Erst ein Termin auf dem islamischen Tempelberg, Benedikt umgeben von muslimischen Würdenträgern, die ihm die goldene Kuppel des Felsendoms erklären. Danach der Papst mit gefalteten Händen an der Klagemauer und, von Juden mit Kippa umgeben, im Großrabbinat. Und drittens ein etwas steifer Termin mit lauter Franziskanern im Abendmahlssaal, wieder mit Papstrede und mit einem gesungenen „Regina Coeli“, und zu guter Letzt dann ein Abstecher in die so genannte „Lateinische Konkathedrale“. Drei Welten, die räumlich ganz nahe beieinander liegen, aber schon visuell und erst recht religiös völlig verschieden voneinander sind. Das merkt man auch an den Sprachen: Arabisch auf dem Tempelberg, Hebräisch 15 Meter tiefer an der Klagemauer, englisch und italienisch dann ein paar Kilometer weiter im Abendmahlssaal.“
Beim Abendmahlssaal liegen ja auch alle drei großen Religionen dieser Stadt auf engstem Raum zusammen…
„Ja, und darum wäre es für Israel wohl auch schwierig, den Katholiken den Abendmahlssaal zurückzugeben; man hört sogar von einigen Franziskanern der Kustodie der Heiligen Stätten, dass sie den Saal eigentlich gar nicht wollen, weil sie sich damit nur ständigen Ärger einhandeln würden. Denn dieser Saal, der im ersten Stock liegt, ist richtiggehend eingezwängt zwischen einem jüdischen Heiligtum (dem angeblichen Grab Davids) im Erdgeschoß und einer Moschee auf dem Dach. Für Benedikt XVI. war das sicher ein anstrengender Vormittag, das hat man ihm auch ein bisschen angesehen. Gewundert hat mich, dass er im Abendmahlssaal nicht mal einen Moment innegehalten, still gebetet oder sich etwas umgesehen hat. Dafür ist es dann in der „Konkathedrale“ zu einem gelösten Moment gekommen, mit „Viva il Papa“- Rufen und einem Mini-Bad in der Menge.“
Am Montag Abend war Benedikt ja zum interreligiösen Treffen im Zentrum Notre Dame, wo auch die Radio-Vatikan-Journalisten untergebracht sind – habt ihr davon etwas mitbekommen?
„Vom Treffen selbst leider nicht, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Die Polizisten haben uns nicht durchgelassen, auch wenn wir hundertmal erklärt haben, dass wir hier wohnen. Wir konnten erst hin, als der Papst schon wieder abgefahren war: Da standen dann allerdings im Eingang viele Teilnehmer des interreligiösen Treffens und unterhielten sich: Kardinal Bertone sprach mit Rabbi Schneier aus New York, Kardinal Kasper mit dem evangelischen Propst von Jerusalem, der es schade fand, dass der Papst nicht auch zu einem kurzen Gebet in die evangelische Kirche der Heiligen Stadt kommen kann.“
Wurde auch über die Brandrede von Scheich Tamimi gesprochen?
„Ja, die war natürlich Thema Nummer eins; der Ärger und die Betretenheit waren allgemein. ‚Das kann doch nicht sein, dass immer derselbe Mann diese Treffen platzen lässt‛, meinte jemand, ‚warum hat man den denn überhaupt wieder eingeladen‛. Jemand von den Hausherren, den ‚Legionären Christi‛, sagte aber, man solle sich nicht zu sehr darüber aufregen: Die Lage in der Stadt sei nun mal sehr aufgeheizt, das sei hier einfach einmal mehr deutlich geworden. Kardinal Kasper meinte gesprächsweise über die Papstrede in Yad Vashem, das sei eine „sehr schöne Meditation“ gewesen. Vielleicht hätten sich die Israelis beziehungsweise die Juden „etwas anderes erwartet“, aber der Papst sei ja schon am Flughafen sehr klar auf das Thema Holocaust eingegangen. Also, den Papst bekommen wir Radio-Vatikan-Journalisten auf dieser Reise mal wieder nicht zu Gesicht – das ist ja oft so –, aber die Leute aus seiner engeren Umgebung doch. Die sind ja auch im „Notre-Dame“-Zentrum untergebracht. Palästinensische Geistliche stoßen abends mit Biergläsern in der Hand in der Bar auf den Papst an, und an der Rezeption steht der vatikanische Zeremonienmeister Monsignore Marini und kauft sich einen Bon, um ins Internet zu kommen…“ (rv)
Hier zum Nachhören: http://62.77.60.84/audio/ra/00161828.RM
 
Papstrede beim interreligiösen Treffen in Jerusalem
Am Montagabend ist Benedikt XVI. im „Notre Dame of Jerusalem Centre“ mit den Repräsentanten verschiedener Organisationen für den interreligiösen Dialog zusammengetroffen. In seiner Ansprache vor rund 500 Gästen aus verschiedenen Religionsgemeinschaften, darunter hohe jüdische, muslimische, drusische, samaritanische und christliche Geistliche, betonte Benedikt XVI. die wichtige Bedeutung der Religionen in der zeitgenössischen Kultur.
Der Papst hielt seine Ansprache in englischer Sprache. (rv)
Wir dokumentieren die Rede hier im vollen Wortlaut: http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=286785

EINDRÜCKE, INTERVIEWS UND NACHRICHTEN:Yad Vashem: Gemischtes Echo in Israel
Die Ansprache des Papstes in Yad Vashem stößt auf gemischtes Echo. Der Direktor der Gedenkstätte, Avner Shalev, sprach unmittelbar nach dem Besuch des Kirchenoberhaupts von einem „wichtigen und positiven Besuch“ sowie „einem Schritt vorwärts“. Die Ansprache habe gezeigt, dass sich der Papst intensiv mit dem Judentum beschäftigt habe und sich dafür interessiere. Allerdings hätte er sich noch einmal eine Verurteilung des Holocaust wie am Vormittag am Flughafen erwartet, so Shalev. Zudem hätte der Papst „etwas persönlicher“ auftreten und die Täter benennen können. Insgesamt sei seine Meinung zu der Rede etwas gespalten.
Ähnlich äußerte sich Rabbi Meir Lau. Im israelischen Fernsehen sprach er von einem positiven Aspekt, dass der Papst die Leugnung des Holocaust deutlich verurteilt habe. Der Rabbiner bedauerte jedoch, dass Benedikt XVI. nicht sein tiefes Mitgefühl, sondern das der katholischen Kirche ausgesprochen habe. „Ich habe ein ,Es tut mir Leid, ich entschuldige mich’ vermisst“, so der Rabbiner. Er sprach vom Gefühl einer verpassten Gelegenheit. Insgesamt sei es aber ein guter Tag gewesen. Besonders lobte Lau die Rede des Papstes bei dessen Ankunft.
Das katholische Oberhaupt hatte sich am ersten Tag seines Besuches in Israel mit klaren Worten gegen das Leugnen oder Verharmlosen des Holocausts gewandt. „Mögen die Namen dieser Opfer niemals ausgelöscht werden! Mögen ihre Leiden niemals geleugnet, verharmlost oder vergessen werden!“ sagte Benedikt. Bereits am Flughafen in Tel Aviv verurteilte er jede Form von Antisemitismus, der „immer noch in vielen Teilen der Welt sein hässliches Haupt erhebt“. (kna/ansa/rv)
 
Israel: Botschafter würdigt Papstansprachen
Der Botschafter Israels beim Hl. Stuhl, Mordechai Lewy, hat den Papst an diesem Dienstag gegen die Angriffe zu seiner Rede in Yad Vashem verteidigt. Der Papst sei kein Politiker und nicht dazu, da alle Erwartungen zu erfüllen, sagte der Diplomat vor Journalisten. Die Ansprache müsse eher religiös als politisch gelesen werden und stehe in engem Zusammenhang mit der Begrüßungsansprache des Papstes am Flughafen in Tel Aviv. Benedikt XVI. habe sehr klar die sechs Millionen Opfer genannt und den Antisemitismus verurteilt, erklärte Lewy. Sein Besuch habe sehr wohl auch politische Bedeutung und sei ein „Ereignis von historischer Dimension“. Damit beginne eine Tradition von Papstbesuchen im Rhythmus von zehn Jahren. (asca/ansa)
 
Deutschland: Lob und Tadel in deutschen Medien
Die deutschen Zeitungen kommentieren den Besuch von Papst Benedikt XVI. in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem sehr unterschiedlich. Einhellig betonen sie an diesem Dienstag, dass das aus Deutschland stammende Kirchenoberhaupt einen schwierigen Balance-Akt habe vollbringen müssen.
Die Welt“ bemerkt, der Papst habe sich auffallend oft auf die gemeinsamen alttestamentarischen Wurzeln von Juden und Christen bezogen, um das Einende zu betonen. „Seine Ansprache war vom verständlichen Bemühen geprägt, nur nichts falsch zu machen“, notiert die Zeitung.
Die „Frankfurter Rundschau“ bilanziert, bislang sei das Kirchenoberhaupt in Jordanien und Israel bescheiden und vorsichtig aufgetreten. Benedikt XVI. habe noch nichts Falsches gesagt. Doch das sei „kein Grund, ihn zu loben, denn der Preis für Zurückhaltung ist Oberflächlichkeit“. Die Shoah zu verurteilen, sei keine intellektuelle Leistung, sondern moralische Selbstverständlichkeit. Die Warnung vor der ,hässlichen Fratze’ des Antisemitismus sei „wohlfeil, wenn das Kirchenoberhaupt mit dem Finger auf die Welt zeigt, ohne dazu zu sagen, dass er es war, der einen Holocaustleugner in den Schoß der katholischen Kirche zurückgeholt hat“.
Auch die „Süddeutsche Zeitung“ zieht eine gemischte Bilanz über den Auftakt des Israel-Besuchs. Einerseits lobt sie klare Aussagen des Papstes zu Holocaust und Antisemitismus und spricht von teils bewegenden Worten, die Benedikt XVI. für die Opfer des Holocaust gefunden habe. Über die Täter allerdings und die Rolle der Kirchen im Dritten Reich habe er nicht gesprochen.
Die „Rheinische Post“ betont, die Ansprache des Papstes sei ein „eindringliches Nein zur Schande des Antisemitismus, ein Ja zu menschlichem und religiösem Miteinander“ gewesen. „Vergessen wir die Mäkeleien seiner stets sprungbereiten Gegner, die ihm Unglaubwürdigkeit vorhielten, weil er dem verbohrten Schein-Bischof Williamson die Versöhnungshand ausstreckt“, heißt es in dem Kommentar. (kna)
 
Lombardi weist Kritik an Yad-Vashem-Rede zurück
Vatikansprecher Pater Federico Lombardi hat die Kritik an der Rede des Papstes in Yad Vashem zurückgewiesen. Bereits vor dem Besuch habe Benedikt XVI. die Shoah und Antisemitismus mehrmals verurteilt. Seine besondere Situation als Deutscher sei in Auschwitz Thema gewesen. Nicht in jeder Ansprache könnten alle im Bezug auf die Shoah relevanten Themen wiederholt werden, so der Vatikansprecher vor Journalisten. Am Holocaust-Denkmal selbst habe Benedikt XVI. den Fokus auf das Gedenken an die Opfer gelegt. Der Papst müsse sich nicht als ehemaliger Wehrmachtssoldat für den Judenmord entschuldigen. Dass er gegen Kriegsende zusammen mit anderen Seminaristen als Flakhelfer eingezogen worden sei, beruhe nicht auf einer freien Entscheidung.

Die Adressaten müssten bereit sein, „mit offenem Herzen zu hören“, sagte Lombardi im Gespräch mit unserem Korrespondenten Stefan von Kempis. Er hat ihn zunächst nach seinem Eindruck des Papstbesuchs an der Klagemauer gefragt. Lombardi:
„Das war ein tiefer Moment des Gebets für den Frieden. Der Psalm, den der Papst gewählt hat, ist ein Psalm der Pilgerschaft nach Jerusalem im Frieden – und der Wunsch für Jerusalem ist Frieden! Auch das Gebet auf dem Zettel, den der Papst in die Klagemauer gesteckt hat, ist ein Gebet für den Frieden- für Jerusalem als ,Stadt des Friedens für alle Völker’. Diese Reise ist ganz klar eine Pilgerschaft für den Frieden – das haben wir auch an der Klagemauer erfahren.“
Es gab allerdings Unfrieden nach der Ansprache des Papstes in Yad Vashem – unter anderem beim Zentralrat der Juden in Deutschland. Was meinen Sie dazu?
„Ich war ganz zufrieden mit der Ansprache des Papstes in Yad Vashem! Ich glaube, das Problem ist gar nicht so sehr die Rede des Papstes, sondern die Bereitschaft der Hörer, zu verstehen, was der Papst sagt. Wenn du schon im Kopf hast, was der andere sagen muss, dann bist du praktisch nie zufrieden mit seiner Rede! Aber wenn du bereit bist, das mit offenem Herzen zu hören, was der andere dir sagt, dann bist du immer zufrieden. Ich glaube, das ist eigentlich das Problem…“ (rv)
Hier zum Nachhören: http://62.77.60.84/audio/ra/00161741.RM

 
Verhaltene Reaktionen in israelischer Presse
Israels Zeitungen berichten ausführlich über den ersten Tag des Papstbesuchs in ihrem Land; Fotos auf den Titelseiten zeigen Benedikt XVI. im Holocaust-Memorial von Yad Vashem. Doch die Reaktionen auf die Papstrede dort sind verhalten bis rundheraus negativ: Die „Ha’aretz“ titelt „Überlebende verärgert über Benedikts lauwarme Ansprache“. Der Artikel erwähnt, dass der deutsche Papst in Hitler-Jugend und Wehrmacht war, das aber in Yad Vashem nicht einmal erwähnt habe. Auch von den Holocaust-Überlebenden, die dem Papst nach seiner Rede kurz die Hand gaben, hätten einige „gemischte Gefühle“ geäußert.
Die „Ha’aretz“ bringt auf ihrer ersten Seite zwei Kommentare, die an Schärfe kaum zu überbieten sind. Der erste trägt die Überschrift „Gleichgültigkeit und Banalität einer Rede“ und führt aus, man hätte vom Papst „einen intelligenteren Text erwarten dürfen“. Vielleicht werde man „in 500 Jahren“ bei einer vatikanischen Archivöffnung verstehen, wie es zu einer „so gezwungen wirkenden Ansprache“ kommen konnte. Dabei sei doch eigentlich „nichts einfacher, als echten Horror auszudrücken, wenn man vom Holocaust spricht“. „Wenn das nicht getan wird, dann, weil da jemand entschieden hat, das nicht zu tun. Keine Kirchenglocke wäre gesprungen, wenn der Papst etwas über christlichen Antisemitismus gesagt hätte… Was er über den Holocaust sagte, klang zu kalkuliert, zu diplomatisch und professionell – er empfahl Mitgefühl, als wäre das eine Art Aspirin.“ Ein weiterer Kommentar auf Seite eins ist etwas milder: „Er hat zu seinen eigenen Leuten gesprochen“, heißt der Titel. Die Autorin meint, die Worte des Papstes hätten „noch vor zehn Jahren als mutige Schritte angesehen werden können“. „Aber heute, nach diesem Vorgänger, wirkt das wie too little, too late – zu wenig, zu spät.“
Erst auf Seite zwei geht die Zeitung auf andere Aspekte der Papstreise ein. Der Artikel zum interreligiösen Treffen ist unaufgeregt; der Titel heißt „Papst verlässt Konferenz, als Moslem Israel des Mordes bezichtigt“. Wie andere israelische und übrigens auch palästinensische Medien interpretiert „Ha’aretz“ den Abbruch des interreligiösen Treffens nach Tamimis Rede als Protest Benedikts gegen die Rede des Scheichs. Eine Karikatur auf Seite vier zeigt Verteidigungsminister Barak als Papst verkleidet, der entschlossen ein Weihrauchfass schwenkt; im Hintergrund stehen einige israelische Politiker in der Uniform der Schweizergarde.
Im Vergleich zur „Ha’aretz“ wirkt die „Jerusalem Post“ viel gemäßigter: Ihr Titel heißt „Papst vermeidet knapp eine Entschuldigung in Yad Vashem“. Der Untertitel gibt Worte des Tel Aviver Oberrabbiners Meir Lau wieder: „Etwas hat gefehlt – wenn schon keine Entschuldigung, dann wenigstens ein Ausdruck des Bedauerns.“ Im Artikel heißt es, die Papstrede sei zwar „mit Bibelzitaten gewürzt, bezog sich aber nie auf die Nazis und auf alle Streitfragen, die mit dem Holocaust zusammenhängen“. Ein kleinerer Aufsatz auf Seite eins titelt dann: „Palästinensischer Geistlicher verdirbt päpstlichen interreligiösen Abend“, und sehr ausführlich und positiv, mit zahlreichen Fotos, berichtet das Blatt dann auf der zweiten Seite von der Ankunftsrede Benedikts und seinem Treffen mit Präsident Shimon Peres. Ausführlich wird dann auch an anderer Stelle das Versprechen des Papstes wiedergegeben, er werde sich für die Freilassung des entführten israelischen Soldaten Gilad Shalit einsetzen.
Ein kleiner Kommentar erwähnt, dass das Papstflugzeug beim Abflug aus Jordanien mit der Flagge des Vatikans und Israels verziert war: „Das entsprach zwar dem Protokoll, war aber dennoch ein bemerkenswerter Anblick. Ein islamisches Flugzeug fliegt den katholischen Pontifex in den jüdischen Staat.“ Die „Post“ bringt ansonsten einen langen Aufsatz über einen britischen Holocaust-Forscher, der sich sehr kritisch zum derzeitigen Stand der katholisch-jüdischen Beziehungen äußert: „So wie die Juden versuchen, einen Zaun um die Tora zu ziehen, zieht der Papst anscheinend einen Zaun um die Kirche.“ Der Forscher beklagt, dass man mit Richard Williamson „einen Antisemiten in die Kirche wiederaufgenommen hat. Bei einem Priester, der eine Homo-Ehe schließt, hätte man das nie gemacht.“
Das Massenblatt „Jedijot Achronot“ spricht von einer „Verpassten Chance des Papstes“. Benedikt habe nicht von „Ermordeten“, sondern nur von „Getöteten“ gesprochen. Im israelischen Radio und Fernsehen kommen Überlebende des Holocaust und Experten zu Wort, die sich verwundert oder enttäuscht über den Papst-Auftritt in Yad Vashem zeigen.
Die palästinensischen Zeitungen berichten hingegen eher positiv über den ersten Tag Benedikts in Israel und Palästina. Dabei konzentrieren sie sich vor allem auf den „Eklat“ beim interreligiösen Treffen im Notre-Dame-Zentrum. „Der Vatikan verurteilt die Blitz-Rede von Scheich Tamimi“, heißt die Schlagzeile der arabischsprachigen „El-Quds“; der Moslemvertreter habe zum Dschihad aufgerufen und Jerusalem als „ewige Hauptstadt Palästinas“ bezeichnet, und zwar in „politischer, nationaler und spiritueller“ Hinsicht, schreibt das Blatt. „Israelischer Ärger über die Worte Tamimis“ – das ist der Titel eines weiteren Aufsatzes; er gibt an, dass das Großrabbinat den Dialog mit dem Islam für eine Weile boykottieren werde. Auch das israelische Tourismusministerium habe in einer Stellungnahme die Brandrede des Scheichs als inakzeptabel bezeichnet; Tamimi habe dem Einsatz für Frieden einen Bärendienst erwiesen, indem er Angst und Hass zwischen Israelis und Palästinensern sowie zwischen Angehörigen der verschiedenen Religionen geschürt habe. Das Blatt hofft, dass sich der Papst am Dienstag bei seinem Besuch in Betlehem zum „Anwalt für Gerechtigkeit und Freiheit“ machen wird, und unterstreicht wie auch andere palästinensische Medien den Ruf Benedikts nach freiem Zutritt aller Gläubigen zu ihren Heiligen Stätten.
„El-Quds“ berichtet aber auch über den Auftritt Benediks XVI. in Yad Vashem; der Artikel gibt die Kritik und Enttäuschung wieder, die Tel Avivs Oberrabbiner Meir Lau zur Rede des Papstes geäußert hat.
 „Al-Ayam“ legt hingegen den Akzent darauf, dass Benedikt Antisemitismus verurteilt und Angehörige aller Religionen zum Dialog aufgerufen habe; das Blatt zitiert Teile aus der Rede Benedikts am Flughafen, um dann den Kommentar eines ultrarechten jüdischen Knesset-Abgeordneten wiederzugeben. Dieser ruft zum Boykott der Visite auf, weil der Papst den Seligsprechungsprozess von Pius XII. vorantreibe. Mehrere Schas-Politiker seien tatsächlich nicht zur Begegnung mit dem Papst im Präsidentenpalast gegangen.
Al-Hayat al-dschadida“ titelt: „Papst fordert gerechte Lösung für Schaffung eines Staates Palästina“. Der Artikel berichtet ausführlich über die Schließung eines palästinensischen Pressezentrums, das aus israelischer Sicht illegal eröffnet worden war. Wenn man israelische und palästinensische Zeitungen nebeneinander hält, wirkt das manchmal wie Berichte aus zwei verschiedenen Welten. Oder von zwei verschiedenen Papstreisen. (rv)
Hier zum Nachhören: http://62.77.60.84/audio/ra/00161733.RM

 
Rabbiner: Holocaust-Leugner sollen sich Beispiel am Papst nehmen
Von einem historischen und beispielhaften Papstbesuch spricht der New Yorker Rabbiner Arthur Schneier. Unser Korrespondent Stefan von Kempis ihn am Ende des ersten Tages Benedikts XVI. in Jerusalem getroffen.
„Es war ein historischer Besuch für Israel. Die Menschen, die die Legitimation des Holocaust und des Staates Israel leugnen, sollen sich ein Beispiel am Papst nehmen.“
Schneier der den deutschen Papst 2008 in New York in seiner Synagoge empfangen hatte, pflegt enge Kontakte zu Benedikt. Der Besuch in der Gedenkstätte Yad Vashem habe ihn sehr gerührt, bekennt der Rabbiner, selbst Holocaust-Überlebender.
„Leider habe ich meine Familie in Auschwitz verloren, ich alleine habe die Shoah in Budapest überlebt. Ich danke dem Ewigen, dass wir beide, Benedikt und ich, am Leben geblieben sind, dass wir zusammenarbeiten können, dass wir eine heilige Arbeit für den Frieden leisten können.“
Schneiders Reaktion zum nicht geplanten Auftritt Scheichs Tamini und dem Verbal-Angriff auf Israel seitens des Chefs des obersten Scharia-Gerichtes von Palästina:
„Das war eine Frechheit. Ich habe mit ihm gesprochen und ihm das auch gesagt. Religiöse Führer müssen Disziplin haben, wir können zum Frieden beitragen und in Konflikten das Problem sein. Leider, leider sind die, die nicht an ein friedliches Zusammenleben glauben, mit unserem Weg von ,Leben und Leben lassen’ nicht zufrieden.“ (rv)
Im Audiofile hören Sie das ganze Interview: http://62.77.60.84/audio/ra/00161703.RM
 
Deutschland: Bischöfe zufrieden, Juden enttäuscht
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die Rede von Papst Benedikt XVI. in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem kritisiert. Dagegen zeigte sich die Deutsche Bischofskonferenz sehr zufrieden mit den Worten des Kirchenoberhaupts.
Zollitsch „sehr dankbar“
„Die Kirche in Deutschland ist dem Papst für seine klaren Worte - auch gegen jede Form des Antisemitismus - sehr dankbar“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, der „Bild“-Zeitung (Dienstag). Der Papst habe deutlich gemacht, dass jede Generation die Verpflichtung habe, an das Geschehene zu erinnern und alles dafür zu tun, dass sich der Holocaust nie wiederhole“, so Zollitsch. Münchens Erzbischof Reinhard Marx sagte „Bild“, Benedikts Besuch in Israel unterstreiche, „wie wichtig für die Kirche ein besonderes Verhältnis zum jüdischen Volk ist.“
Kirche auf Seite der Opfer
Mit seinem Besuch in Yad Vashem habe Benedikt XVI. den kontinuierlichen und unaufgebbaren Dialog der katholischen Kirche mit dem Judentum fortgesetzt. Das erklärte an diesem Dienstag der Vorsitzende der Unterkommission der Deutschen Bischofskonferenz für die Beziehungen zum Judentum, Bischof Heinrich Mussinghoff. Vor allem sei dem Papst um „die Erinnerung in Stille“ gegangen, „weil es für ihn Orte gibt, an denen nur schwerlich ins Wort gefasst werden kann, was man empfindet“. Für das Grauen des Holocaust gebe es keine Worte, wohl aber die Verneigung vor den Opfern, so Mussinghoff weiter. „Deshalb hat Benedikt XVI. den Millionen ermordeten Juden die Ehre erwiesen und die Verpflichtung der Kirche besiegelt, immer an der Seite der Opfer zu stehen.“ Benedikt XVI. habe mit seiner Rede in Yad Vashem bewiesen, „dass er nahtlos an die Worte anknüpft, die schon sein Vorgänger, Papst Johannes Paul II. an diesem Ort gefunden hat“, betonte der Bischof.
Zentralrat enttäuscht
Der Zentralrat der Juden hat sich dagegen enttäuscht über den ersten Besuchstag von Benedikt XVI. in Israel geäußert. Dies liege vor allem daran, dass der Papst keine klare Distanzierung zu den Pius-Brüdern und ihrem Holocaust-Leugner Williamson habe erkennen lassen, sagte die Zentralratsvorsitzende, Charlotte Knobloch, im ARD-Fernsehen. In den Tagesthemen sprach sie von einem „Graben“ zwischen Vatikan und Juden. Mit seinem Aufruf zum Kampf gegen Antisemitismus habe Benedikt zwar „ein positives Signal in Richtung Judentum ausgesandt“. Die Geste erscheine jedoch halbherzig. „Dass der Papst die Holocaust-Leugnung verurteilt, daran zweifelt niemand“, sagte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, dem Nachrichtensender N 24. Gerade in Yad Vashem hätte man sich aber eine klare Distanzierung von der Piusbruderschaft und der Juden-Missionierung gewünscht. (pm/kna/tagesschau.de)
 
Jerusalem: Reaktionen der Evangelischen Kirche
Über die Rede des Kirchenoberhaupts vor Verantwortlichen für den interreligiösen Dialog am Montagabend „wird man nachdenken müssen“. Das sagte der Propst der Evangelischen Kirche des Heiligen Landes, Uwe Gräbe, im Gespräch mit unserem Korrespondenten Stefan von Kempis in Jerusalem.
Benedikt XVI. hatte im Päpstlichen Institut „Notre Dame of Jerusalem Centre“ die Gemeinsamkeiten der Religionen betont. Die Unterschiede der Kulturen seien keine Hindernisse, sondern eine Herausforderung.
Propst Gräbe kommentierte direkt im Anschluss: „Der Papst hat eine sehr hoch philosophische Rede gehalten, eine sehr anspruchsvolle Rede. Ich denke, man wird sie erst nachlesen müssen, um genau zu verstehen, was er hat sagen wollen. Da wird man darüber nachdenken müssen.“
Der Papst habe an seinem ersten Tag in Israel „sehr verschiedene Botschaften“ gegeben.
„Beim Staatspräsidenten war es sehr klug, wie er darauf aufmerksam gemacht hat, dass Sicherheit nur aus Vertrauen wachsen kann und nicht aus Verteidigung. Das war sehr klug an die israelische Seite gerichtet, zugleich mit der Aussage, dass gegen den Antisemitismus stärker vorzugehen ist. Diese Abgrenzung gegen jede Form von Antisemitismus war sehr klug.“
Zum Zwischenfall um Scheich Tayssir Attamimi, der in einem ursprünglich nicht vorgesehenen Redebeitrag mit scharfen Worten Israel angegriffen hatte, bemerkte der evangelische Theologe konsterniert:
„Das kennen wir von ihm. Den Herrn wird man fesseln und knebeln müssen, damit er solch ein Treffen nicht sprengt. Sonst wird er das immer tun.“
Attamimi, der Chef des obersten Scharia-Gerichtes von Palästina, hatte bereits an gleicher Stelle im Jahr 2000 für einen Eklat gesorgt, als er beim Papstreffen eine polemische Rede gegen Israel hielt und dann unmittelbar die Konferenz verließ. (rv)
Im Audiofile hören Sie das ganze Interview: http://62.77.60.84/audio/ra/00161702.RM
 
Stichwort: Christen und Juden
Spannungen und Hass zwischen christlichen Gemeinden und Juden lassen sich schon in der Frühphase des Christentums nachweisen, als sich die Anhänger des Juden Jesus aus ihrer ursprünglichen Religionsgemeinschaft lösten und zu einer eigenen Glaubensgemeinschaft wurden. Christen wurden in dieser Phase von Juden verfolgt. Umgekehrt polemisierten christliche Kirchenväter gegen die Juden. So wurden diese unter Berufung auf das Neue Testament für den Kreuzestod Jesu verantwortlich gemacht und als „Gottesmörder“ beschuldigt.
Judenfeindliche Haltung von Christen brach vor allem in gesellschaftlichen Krisensituationen wie den Kreuzzügen oder dem Ausbruch der Pest im 14. Jahrhundert aus. Sie wurde genährt durch antijüdische Legenden über angebliche Hostienfrevel, Ritualmorde oder die Vergiftung von Brunnen. Auch wirtschaftliche Ursachen wie die, den Juden, aber nicht den Christen im Mittelalter erlaubte Geld- und Pfandleihe mündeten in Gewalttaten, Vertreibungen und Zwangsbekehrungen. Vielerorts mussten in den Städten die Juden in abgesonderten Judengassen oder Gettos leben.
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurde dieser christlich motivierte Antijudaismus von einem Antisemitismus überlagert, der sich vor allem aus der Rassenideologie und nationalistischen Quellen speiste. Er führte unter anderem in Russland und Polen zu schweren Pogromen. Seine furchtbarste Ausprägung erhielt der Antisemitismus in der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, die die völlige Ausrottung des Judentums plante und mehr als sechs Millionen Juden umbrachte.
In der Folge des Holocaust kam es in den christlichen Großkirchen zu einem Umdenkungsprozess. Die katholische Kirche räumte ein, dass kirchlicher Antijudaismus und Antisemitismus zum millionenfachen Mord an Juden beigetragen und eine verbreitete Gleichgültigkeit vieler Christen gegenüber der Shoah begünstigt hätten. Einen vielbeachteten Wendepunkt für die katholische Kirche brachte das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), das die Juden als „unsere von Gott geliebten Brüder und Schwestern“ bezeichnete.
In einem 1998 veröffentlichten Vatikan-Dokument zum Holocaust äußerte die Kirche zwar Bedauern über das „Versagen ihrer Söhne und Töchter aller Generationen“ gegenüber den Juden. Eine Mitschuld der Kirche als Institution wurde aber abgelehnt.
Im Jahr 2000 sprach mit Johannes Paul II. erstmals in der Geschichte der Kirche ein Papst ein umfassendes „Mea culpa“ für die Fehler und Sünden von Christen in den zurückliegenden 2.000 Jahren aus.
In jüngster Zeit kam es wiederholt zu Spannungen zwischen der Kirche und dem Judentum. Ein Konfliktpunkt ist die erneuerte Karfreitagsfürbitte und die damit verbundene Frage der Judenmission. Vertreter beider Seiten betonten jedoch, das inzwischen starke Fundament der gegenseitigen Beziehungen sei durch die jüngsten Querelen nicht dauerhaft zu erschüttern. (kna/rv)








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