Abschied aus Bethlehem: „Mauern stehen nicht ewig“
„Es war ein wirklich
ereignisreicher Tag“, sagte Benedikt XVI. am späten Mittwochnachmittag bei seinem
Abschied aus Bethlehem. Diesen sechsten Tag seiner Heilig-Land-Reise hatte er ganz
den autonomen Palästinensergebieten gewidmet.
Auf dem Platz vor der Geburtskirche
in Bethlehem feierte Benedikt XVI. am Vormittag die Messe, „an dem Ort, an dem Jesus
Christus, Licht der Völker und Hoffnung der Welt, geboren wurde“. Er besuchte das
Caritas Baby Hospital, ein Flüchtlingscamp und stand zum zweiten Mal auf seiner Reise
vor einer Mauer, einer Klagemauer für die Palästinenser. „Voller Qual habe ich
auch die Situation der Flüchtlinge gesehen, die - so wie die Heilige Familie - ihr
Heim verlassen mussten. Und ich habe, an das Lager angrenzend und große Teile Bethlehems
überschattend, die Mauer gesehen, die in euren Gebieten aufragt, Nachbarn trennt und
Familien spaltet.“ Benedikt stand auch hier als deutscher Papst. „Auch wenn
Mauern leicht errichtet werden können, wir wissen alle, dass sie nicht für ewig bestehen.
Sie können niedergerissen werden. Doch zuerst müssen die Mauern eingerissen werden,
die wir um unsere Herzen gezogen haben, die Barrieren, die wir gegen unsere Nachbarn
errichtet haben.“ Deshalb so der Papst, rufe er in seinen Abschiedsworten erneut
zu einem Ende von Intoleranz und Ausgrenzung auf. So unlösbar und festgefahren ein
Konflikt auch zu sein scheint, „es gibt immer einen Grund zu hoffen, dass er gelöst
wird, dass das langmütige und beharrliche Mühen derer, die für Frieden und Versöhnung
arbeiten, am Ende Früchte tragen wird.“ Baldmöglichst solle dies wahr werden,
sagte das Kirchenoberhaupt; das sei sein „dringendster Wunsch“ für das palästinensische
Volk: „damit ihr endlich Frieden, Freiheit und Stabilität genießen könnt, die ihr
so lange entbehrt habt.“ Bei seiner Ankunft in Bethlehem hatte Benedikt die
Palästinenser dazu aufgerufen, auf Gewaltakte jeder Art zu verzichten, gleichzeitig
aber wie schon in Tel Aviv ihr Recht auf einen eigenen Staat unterstrichen - in friedlicher
Nachbarschaft mit Israel. Beim Abschied versicherte der Papst seine Unterstützung
für politische Lösungen des Nahostkonflikts. Er werde weiterhin jede Möglichkeit ergreifen, „die
Beteiligten an den Friedensverhandlungen zum Hinarbeiten auf eine gerechte Lösung
zu drängen, die die legitimen Ansprüche Israels und der Palästinenser gleichermaßen
respektiert“. Das Volk solle „mit Frieden“ gesegnet sein, sagte der Papst beim
Abschied aus der Geburtsstadt Jesu; an den Gesang der Engel hatte er bei der Begrüßung
erinnert: „Friede auf Erde, guter Wille unter den Menschen“.
Gleich mehrmals
also hat Benedikt XVI. im Laufe seiner insgesamt achttägigen Nahostreise eine Zweistaatenlösung
gefordert. Ein wichtiger Schritt hin zu einer „gerechten Lösung“ sei die baldige Einrichtung
der „Ständigen Bilateralen Arbeitskommission“ zwischen dem Heiligen Stuhl und der
Palästinensischen Autonomiebehörde. Sie wurde bereits bei der Unterzeichnung eines
Grundsatzabkommens im Februar 2000 mit der Palästinensischen Befreiungsorganisation
ins Auge gefasst; das Kirchenoberhaupt kündigte bei seinem Abschied aus Bethlehem
nun die Einrichtung der Arbeitsgruppe an. Sie soll unter anderem Fragen zur Beziehung
zwischen Kirche und Staat, zur Religionsfreiheit und zum Schutz der Heiligen Stätten
behandeln. Weitere Themen sind die Achtung der Menschenrechte und der interreligiöse
Dialog. (rv 13.05.2009 bp)