2009-05-12 17:40:42

Papstpredigt am Ölberg: „Im Heiligen Land ist Platz für alle“


Christen im Heiligen Land sollten sich für eine pluralistische, multiethnische und multireligiöse Gesellschaft engagieren. Dazu hat Papst Benedikt an diesem Dienstagnachmittag bei einem Gottesdienst in Jerusalem aufgerufen. Mit rund 3000 Gläubigen zelebrierte das Kirchenoberhaupt im Josafat-Tal am Fuße des Jerusalemer Ölbergs die Heilige Messe in hebräischer, arabischer und lateinischer Sprache. Seine Predigt trug der Papst auf Englisch vor. Darin wandte er sich vor allem an die Christen im Heiligen Land. Sie stünden in der direkten Nachfolge der ersten Jünger:

„Wenn ich heute vor euch stehe, möchte ich den Schwierigkeiten, dem Schmerz und dem Leid Anerkennung zollen, die so viele von euch infolge der Konflikte ertragen mussten, die diese Region heimgesucht haben, sowie den bitteren Erfahrungen der Vertreibung, die so viele eurer Familien gemacht haben und – Gott verhüte es – vielleicht noch machen müssen. Ich hoffe, meine Anwesenheit hier ist ein Zeichen, dass man euch nicht vergessen hat, dass eure beharrliche Anwesenheit und euer Zeugnis wirklich wertvoll sind vor Gott und dass sie für die Zukunft dieser Region wesentlich sind. Aufgrund eurer tiefen Verwurzelung in diesem Land, eurer altehrwürdigen und starken christlichen Kultur und eures unerschütterlichen Vertrauens in Gottes Verheißungen seid ihr, die Christen des Heiligen Landes, dazu berufen, nicht nur ein Lichtstrahl des Glaubens für die universale Kirche zu sein, sondern auch Sauerteig der Eintracht, der Weisheit und des Gleichgewichts im Leben einer Gesellschaft, die traditionell stets pluralistisch, multiethnisch und multireligiös war und dies auch weiterhin ist.“ 
Jerusalem sei ein Mikrokosmos unserer globalisierten Welt, so der Papst weiter. Aus biblischer Sicht habe die Stadt eine universelle Berufung. Sie sollte daher ein Ort sein, der Universalität, Achtung der anderen, Dialog und gegenseitiges Verständnis lehrt.
 „Sie muß ein Ort sein, an dem Voreingenommenheit und Unwissen sowie die Furcht, die sie nährt, durch Ehrlichkeit, Integrität und Streben nach Frieden überwunden werden. Innerhalb dieser Mauern darf es keinen Platz geben für Gewalt, Engstirnigkeit, Unterdrückung und Rache. Alle, die an einen gnädigen Gott glauben – seien sie Juden, Christen oder Muslime – müssen als erste diese Kultur der Versöhnung und des Friedens fördern, wie mühevoll und langsam der Prozess auch immer sein mag und wie schwer die Last der Erinnerung auch immer wiegt.“
 
Ein besonderes Augenmerk legte der Papst auf diejenigen Christen, die unter der gegenwärtigen Lage zu leiden hätten. Die Jugend des Landes nahm das Kirchenoberhaupt dabei besonders in den Blick:
„An dieser Stelle möchte ich direkt eine tragische Realität ansprechen, die alle, die diese Stadt und dieses Land lieben, mit großer Besorgnis erfüllen muß: die Abwanderung so vieler Angehöriger der christlichen Gemeinde in den letzten Jahren. Während verständliche Gründe viele und besonders junge Menschen dazu veranlassen auszuwandern, so bringt diese Entscheidung für die Stadt eine große kulturelle und geistliche Verarmung mit sich. Heute möchte ich das wiederholen, was ich bereits bei anderen Gelegenheiten gesagt habe: Im Heiligen Land ist Raum für alle! Ich bitte die staatlichen Autoritäten eindringlich, die Anwesenheit der Christen an diesem Ort zu achten und zu unterstützen, und ich möchte euch auch die Solidarität, die Liebe und die Unterstützung der ganzen Kirche zusichern.“
 
Bleiben, Ausharren, Zeugnis ablegen, das waren die Hauptanliegen der Papstpredigt am Fuße des Ölbergs. Zeugnis ablegen für den christlichen Glauben, der „die Herzen aufschließt und uns zur Ganzhingabe an den Herrn in Glaube, Hoffnung und Liebe bewegt“, so die Worte Benedikts XVI.

(rv 12.05.2009 vp)







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