Auch der zweite Tag
des Papstes in Jerusalem war gespickt mit Programmpunkten. Dabei stand der Dienstagvormittag
ebenfalls ganz im Zeichen des interreligiösen Dialogs. Unser Kollege, Stefan Kempis,
hat die einzelnen Etappen Benedikts vor Ort mitverfolgt. Veronica Pohl hat ihn nach
seinen Eindrücken gefragt:
Wie ist denn der zweite Tag des Papstaufenthaltes
in Jerusalem bisher gelaufen?
„Der Vormittag wirkte wie Papstbesuche in
drei verschiedenen Welten: Erst ein Termin auf dem islamischen Tempelberg, Benedikt
umgeben von muslimischen Würdenträgern, die ihm die goldene Kuppel des Felsendoms
erklären. Danach der Papst mit gefalteten Händen an der Klagemauer und, von Juden
mit Kippa umgeben, im Großrabbinat. Und drittens ein etwas steifer Termin mit lauter
Franziskanern im Abendmahlssaal, wieder mit Papstrede und mit einem gesungenen „Regina
Coeli“, und zu guter Letzt dann ein Abstecher in die so genannte „Lateinische Konkathedrale“.
Drei Welten, die räumlich ganz nahe beieinander liegen, aber schon visuell und erst
recht religiös völlig verschieden voneinander sind. Das merkt man auch an den Sprachen:
Arabisch auf dem Tempelberg, Hebräisch 15 Meter tiefer an der Klagemauer, englisch
und italienisch dann ein paar Kilometer weiter im Abendmahlssaal.“ Beim Abendmahlssaal
liegen ja auch alle drei großen Religionen dieser Stadt auf engstem Raum zusammen…
„Ja,
und darum wäre es für Israel wohl auch schwierig, den Katholiken den Abendmahlssaal
zurückzugeben; man hört sogar von einigen Franziskanern der Kustodie der Heiligen
Stätten, dass sie den Saal eigentlich gar nicht wollen, weil sie sich damit nur ständigen
Ärger einhandeln würden. Denn dieser Saal, der im ersten Stock liegt, ist richtiggehend
eingezwängt zwischen einem jüdischen Heiligtum (dem angeblichen Grab Davids) im Erdgeschoß
und einer Moschee auf dem Dach. Für Benedikt XVI. war das sicher ein anstrengender
Vormittag, das hat man ihm auch ein bisschen angesehen. Gewundert hat mich, dass er
im Abendmahlssaal nicht mal einen Moment innegehalten, still gebetet oder sich etwas
umgesehen hat. Dafür ist es dann in der „Konkathedrale“ zu einem gelösten Moment gekommen,
mit „Viva il Papa“- Rufen und einem Mini-Bad in der Menge.“ Am Montag Abend
war Benedikt ja zum interreligiösen Treffen im Zentrum Notre Dame, wo auch die Radio-Vatikan-Journalisten
untergebracht sind – habt ihr davon etwas mitbekommen?
„Vom Treffen selbst
leider nicht, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Die Polizisten haben uns nicht
durchgelassen, auch wenn wir hundertmal erklärt haben, dass wir hier wohnen. Wir konnten
erst hin, als der Papst schon wieder abgefahren war: Da standen dann allerdings im
Eingang viele Teilnehmer des interreligiösen Treffens und unterhielten sich: Kardinal
Bertone sprach mit Rabbi Schneier aus New York, Kardinal Kasper mit dem evangelischen
Propst von Jerusalem, der es schade fand, dass der Papst nicht auch zu einem kurzen
Gebet in die evangelische Kirche der Heiligen Stadt kommen kann.“ Wurde auch
über die Brandrede von Scheich Tamimi gesprochen?
„Ja, die war natürlich
Thema Nummer eins; der Ärger und die Betretenheit waren allgemein. ‚Das kann doch
nicht sein, dass immer derselbe Mann diese Treffen platzen lässt‛, meinte jemand,
‚warum hat man den denn überhaupt wieder eingeladen‛. Jemand von den Hausherren, den
‚Legionären Christi‛, sagte aber, man solle sich nicht zu sehr darüber aufregen: Die
Lage in der Stadt sei nun mal sehr aufgeheizt, das sei hier einfach einmal mehr deutlich
geworden. Kardinal Kasper meinte gesprächsweise über die Papstrede in Yad Vashem,
das sei eine „sehr schöne Meditation“ gewesen. Vielleicht hätten sich die Israelis
beziehungsweise die Juden „etwas anderes erwartet“, aber der Papst sei ja schon am
Flughafen sehr klar auf das Thema Holocaust eingegangen. Also, den Papst bekommen
wir Radio-Vatikan-Journalisten auf dieser Reise mal wieder nicht zu Gesicht – das
ist ja oft so –, aber die Leute aus seiner engeren Umgebung doch. Die sind ja auch
im „Notre-Dame“-Zentrum untergebracht. Palästinensische Geistliche stoßen abends mit
Biergläsern in der Hand in der Bar auf den Papst an, und an der Rezeption steht der
vatikanische Zeremonienmeister Monsignore Marini und kauft sich einen Bon, um ins
Internet zu kommen…“ (rv 12.05.2009 ad)