2009-05-11 10:12:14

Jerusalem – heilige Stadt für drei Weltreligionen


RealAudioMP3 Jerusalem – heilige Stadt für drei Weltreligionen. Ein Porträt der Altstadt, von Stefan Kempis.

Juden beten an der Klagemauer: Es ist Freitagabend, die Sonne geht unter, der Sabbath zieht herauf. Für sie heißt diese Stadt Yerushalayim – Gründung des Gottes Shalem, aber auch das Wort Shalom, Frieden, klingt da phonetisch mit an. Hier geschah nach jüdischer Überzeugung die dramatische Szene der Opferung Isaaks; hier gründete David um das Jahr 1000 vor unserer Zeitrechnung seine Hauptstadt, die sein Nord- und Südreich miteinander verband, und hier erhob sich der Tempel, entstanden die Psalmen und die meisten Texte des „Alten“ Testaments. Das jüdische Viertel Jerusalems ist die alte Oberstadt aus der Zeit des Herodes – Kernpunkte: Jaffa-Tor, Davidsturm, Klagemauer. 70 nach Christus wurde der jüdische Tempel zerstört und die Juden in alle Welt zerstreut. Heute sind sie wieder hier und wollen sich nie wieder vertreiben lassen. Ihr manchmal aggressiv demonstrierter Anspruch trägt zu einer nervösen Grundspannung in der Altstadt mit bei.

Christen aus Indien folgen, mitten im Gassengewirr treppauf treppab, der Via Dolorosa. Jerusalem ist für sie der Ort des Todes und der Auferstehung Jesu; es gibt ein allgemein-christliches Stadtviertel, in dem sich vor allem die Grabeskirche Jesu befindet, und ein ebenfalls christliches, kleineres Viertel der Armenier. Christen in Jerusalem – das ist eine babylonische Mischung von Herkünften, Riten, Trachten und Gebräuchen; ihr Verhältnis untereinander ist nicht immer nur herzlich, in der Grabeskirche fliegen sogar manches Mal die Fäuste. Nirgends auf der Welt wird die Spaltung der Christenheit so sichtbar zum Skandal wie ausgerechnet hier, an den christlichen Heiligen Stätten. Kriege und Zerstörungen haben dazu geführt, dass vom Jerusalem, das Jesus kannte, buchstäblich kein Stein mehr auf dem anderen geblieben ist.

Der Muezzin ruft von der Al-Aksha-Moschee zum Gebet: Auch für Moslems ist Jerusalem eine heilige Stadt, sie nennen sie al-Quds, die Entfernte, denn als solche wird sie im Koran bezeichnet. Mohammed soll eines Nachts von Mekka aus hierhin entrückt worden und von hier aus zu einem Besuch in den Himmel aufgefahren sein. Der überirdisch schöne Felsendom mit seiner goldenen Kuppel ist der drittheiligste Ort des Islam – der heiligste außerhalb der Arabischen Halbinsel. Die Schlüssel zum Tempelberg – einem Areal, das ein Sechstel der Oberfläche der Altstadt einnimmt – hat ein von Jordanien bestallter Funktionär.

Eine Stadt – drei Religionen auf engstem Raum, innerhalb der malerischen Stadtmauer von 1542. Jerusalem, die Stadt auf dem Berg, ist voller Spannungen und Widersprüche. Und sie wächst längst nach allen Seiten, teilweise chaotisch. Jerusalem – Yerushalayim – El Quds. „Friede wohne in deinen Mauern“, betete der Psalmist und betete auch Jesus. Das Gebet ist bis heute nicht so richtig in Erfüllung gegangen.

(rv 11.05.2009 sk)







All the contents on this site are copyrighted ©.