Der Papst habe in
seiner Rede an die Moslems „respektvolle Worte“ gefunden und einen „Dialog auf hohem
Niveau“ geführt – so die Einschätzung unseres Israel-Korrespondenten Stefan von Kempis:
„Also
zunächst einmal muss ich sagen, auffallend war: Es war eine Rede ohne „Bomben“, ohne
doppelten Boden, ohne schwierige Zitate, die zu Missverständnissen mit der islamischen
Welt führen könnten. Da hat man sicher auch im vatikanischen Staatssekretariat beziehungsweise
im Dialograt des Vatikans vorher sehr genau gegengelesen, damit nicht eine Art „Regensburg
2“ passiert. Von Jerusalem aus, wo ich im Moment bin, muss ich sagen, dass auch die
Christen darüber wohl sehr erleichtert sein werden, denn sie haben vor allem auf diese
Rede des Papstes mit einiger Nervosität geblickt. Hier in Jerusalem, kann sich der
Papst kaum frei äußern und bewegen, weil es so viele Fallen und Möglichkeiten zu Missverständnissen
gibt. Aber da in Jordanien sitzt er jetzt in einem mehrheitlich islamischen Umfeld,
an einem herausragenden islamischen Ort. Was er da sagt, das hat für die Christen
auch hier und im ganzen Heiligen Land, in der ganzen Region gleich spürbare Auswirkungen.
Also diese probe ist überstanden. Eine zweite Beobachtung ist: Es war eine
Rede in sehr respektvollem Ton und och mit sehr deutlichen Worten. Sie war also nicht
ohne Substanz. Der Papst hat sein Lieblingsthema „Glaube und Vernunft“ wieder ausführten
können. Er hat sich gegen Extremismus im religiösen Bereich gewandt, und er hat für
die Christen die Anerkennung als Gläubige auch in mehrheitlich islamischen Umfeldern
gefordert. Die dritte Beobachtung: Es war eine Rede, die sich selbst sehr
deutlich in diesen Prozess einschreibt, der vom Brief der 138 islamischen Rechtsgelehrten
angestoßen wurde. Und da muss man jetzt einige Jahre nach der so genannten „Regensburger
Rede“ sagen, was damals zu großen Befürchtungen führte: Dass der Dialog mit der islamischen
Welt schwer gestört werden könnte, das hat sich geradezu in sein Gegenteil verkehrt.
Es ist zu einem Prozess auf hohem Niveau gekommen, einem Dialogprozess zwischen Christentum
und Islam. Der Papst hat sich auf diesen Prozess ausdrücklich bezogen in seiner Rede
und hält diesen Dialog mit dem Islam auf höchstem Niveau. Das gewinnt noch an Profil,
wenn man zum Vergleich das Judentum heranzieht. Da gibt es Vergleichbares nicht in
der Form, auch wenn wir wissen, wie sehr der Papst gerade am Judentum interessiert
ist und es schätzt. Es gibt – und das ist schon eine gewisse Gegenprobe – eben nicht
eine große Vorlesung Benedikt XVI. an der hebräischen Universität von Jerusalem, zu
die man ihn hier aber ganz dringend eingeladen hat. Er hat davon Abstand genommen.
Also auf dieser Folie des Gesprächs mit dem Judentum muss man sagen: Diese rede führt
dem Dialog des Christentums, des Vatikans, der katholischen Kirche mit der islamischen
Welt auf sehr hohem Niveau weiter und auch mit einem sehr respektvollen Ton.“