2009-05-01 11:47:27

D: Sozialethiker Hengsbach bei DGB-Kundgebung


„Die Arbeit an den Menschen muss stärker gewichtet werden“. Das fordert der Sozialethiker und Jesuit Friedhelm Hengsbach zum Tag der Arbeit. Hengsbach ist an diesem 1. Mai einer der Hauptredner bei der Großkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Nürnberg. „Arbeit für alle, bei fairem Lohn“ – lautet dieses Jahr das Motto der Gewerkschaften. Wie das trotz Wirtschaftskrise und Arbeitsknappheit erreicht werden kann? Darüber sprach Hengsbach vor der Kundgebung mit Radio Vatikan.

„Es geht einmal darum, dass die Arbeitslosigkeit die größte wirtschaftspolitische Herausforderung ist. Das heißt, jeder der arbeiten will und arbeiten kann, soll auch an der Erwerbsarbeit Anteil haben oder beteiligt werden können.“

Die Finanzkrise sei auch eine ökologische Krise - und eine Krise des gesellschaftlichen Zusammenhalts, sagt Hengsbach. „Abwrackprämien“ und Lohnkürzungen seien keine Lösung. Die Bundesregierung konzentriere sich zu sehr auf die Stabilisierung der Finanzmärkte, statt die Realwirtschaft zu beleben. Hengsbach schlägt vor, mehr öffentliche Investitionen in Gang zu setzen, die sich auf Bereiche wie Bildung, Kultur und Gesundheit richten sowie auf den ökologischen Umbau:

„Also eine andere Mobilitätspolitik, Verkehrspolitik, Energiegewinnung, eine andere Politik der Ernährungsweisen – darum geht es. Dass also dieser ökologische Umbau im Vordergrund steht. Und zweitens, dass die ‚Arbeit an den Menschen‛ stärker gewichtet wird als die herkömmliche Industriearbeit und die Arbeit für den Export. ‚ Arbeit an den Menschen‛ - das heißt also, im Bildungsbereich, im Gesundheitsbereich, in der Kultur und auch in der Kommunikation... Dass also Arbeitsplätze geschaffen werden für Menschen mit einem angemessenen Einkommen, das ihre Arbeit auch aufwertet, so dass im zweiten Gang auch eine entsprechende Belebung auf dem Binnenmarkt stattfinden kann."

Die ‚Arbeit an den Menschen‛ aufwerten – das hieße auch, über die Erwerbsarbeit hinaus andere Arbeitsformen mehr anzuerkennen, wie die Familienarbeit, Pflegearbeit und soziales Engagement. Dafür trete auch die katholische Soziallehre ein. Die Kirchen, meint Hengsbach, sollten in der aktuellen Wirtschaftskrise noch stärker ihre Aufgaben als Arbeitgeber in Caritas und Diakonie wahrnehmen. Zukunftsfähige Lösungsstrategien erhoffe er sich von der aus Rom angekündigten Sozialenzyklika.

„Ich erwarte, dass sie aus der Perspektive der Dritten Welt, der Mehrheit der Weltbevölkerung, den Industrieländern einen Spiegel vorhält, denn wenn diese nicht anfangen, den herrschenden Kapitalismus entsprechend zu korrigieren, dann ist diese kapitalistische Wirtschaftsordnung nicht nur am Rande korrekturfähig, sondern dann ist sie mit ganz erheblichen Belastungen versehen und moralisch nicht gerechtfertigt!“
 
(rv 01.05.2009 ad)







All the contents on this site are copyrighted ©.