„Schweinegrippe“: Papst solidarisch mit mexikanischem Volk
Benedikt XVI. ist
besorgt über die so genannte Schweinegrippe. Er erklärt sich solidarisch mit dem mexikanischen
Volk, das am meisten unter der neuen Grippewelle leidet, ist „den Kranken nahe“ und
„betet für die Opfer und ihre Familien“. In ihrem Ursprungsland Mexiko hat der Virus
schon an die 180 Menschen das Leben gekostet. Ein Gespräch mit unserer Mexiko-Korrespondentin,
Brigitte Schmitt-Fairbanks.
Der Schweinegrippe-Notstand hat in Mexiko längst
auch die Kirchen erreicht. Wie präsentiert sich die Lage: Wie viele Kirchen sind geschlossen,
wie sehen die Gottesdienste aus?
„Die Lage ist etwas verwirrend. Man kann nicht
sagen, wieviele Kirchen zu sind. Die Basilika der Virgen de Guadalupe, das Heiligtum
in Mexiko-Stadt, ist geschlossen; Messen werden auf dem Vorplatz vor der Basilika
gefeiert. Auch der Dom in Mexiko-Stadt ist zu. In verschiedenen Dioezesen gibt es
Anweisungen, überhaupt keine Messen mehr zu halten. Hier in Puebla hat der Erzbischof
angeordnet, dass nur noch Messen im engen Kreis gefeiert werden dürfen. Die Kirchen
bleiben aber geöffnet. Doch habe ich auch gehört, dass einige Priester ihre Kirche
ganz zuschliessen. Sowas hat es zuletzt bei der Christenverfolgung vor 100 Jahren
gegeben... Es herrscht eine gewisse Nervosität. Die Menchen kommen jetzt einzeln
in die Kirche zur stillen Anbetung. Dazu wird auch von den Bischöfen ermuntert. Auch
wurden die Gläubigen aufgefordert, am Radio oder Fernsehen den Gottesdienst mitzufeiern.Vom
Erzbistum Mexiko-Stadt war zu erfahren, dass jetzt unter der Woche ganz wenige zum
Gottesdienst kommen, maximal bis zu 20 Leute.“
Wie reagiert die Bischofskonferenz
auf den Notstand, was empfehlen die Bischöfe oder auch örtliche Priester ihren Gläubigen?
„Es
gibt eine Anordnung der Bischofskonferenz, bestimmte Vorkehrungen zu treffen, die
die mögliche Ansteckung auf ein Minimum reduzieren sollen. Vor allem keinen direkten
Kontakt! So gibt es keinen Friedensgruss, man soll sich zum Nächsten verneigen; statt
der hier üblichen Mundkommunion wird nur noch Handkommunion ausgeteilt. Die Priester
sind angehalten, die Liturgiefeier kurz zu halten, und vor der Messe werden potentielle
Kranke gebeten, im Interesse aller die Kirche wieder zu verlassen. Ansonsten ist
es jedem Ortsbischof und schliesslich jedem Pfarrer überlassen, seine Kirche zu schliessen.
Allerdings sind alle an die Vorgabe der Behörden gebunden, dass es keine Menschenansammlung
mehr geben darf.“
Mexikaner gelten als sehr religiös. Wie schlimm empfinden
die Katholiken die Einschränkungen ihres Glaubenslebens durch die Seuche?
„Der
Grossteil scheint sehr vernünftig zu reagieren. Auch muss man sagen, dass momentan
v.a. die Hauptstadt betroffen ist, dort leben ja 20 Millionen Menschen. Allerdings
stehen mehrere Patronatsfeste an. In Tepeaca zum Beispiel: Das ist ein Wallfahrtsort
ähnlich wie Lourdes, wo jedes Jahr etwa eine Million Pilger hinfahren - da sollte
es diesen Donnerstag eine grosse Prozessionen geben. Aber die wurde abgesagt. Der
Pfarrer ist sehr besorgt, weil er nicht weiss, wie die Leute, die aus dem ganzen Land
anreisen, reagieren werden. Am Sonntag ist dann der Festtag des Heiligen Kreuzes,
ein wichtiges Fest für alle, die am Bau arbeiten. Auch dazu sind alle Veranstaltungen
abgesagt. Normalerweise gibt es anschliessend an die Messe eine Kirmes mit Schaubuden,
Fahrgeschäften und so weiter, viel Trubel und viele Leute. Dieses Jahr stehen die
Karuselle still.“
Gibt es bestimmte Heilige und Nothelfer, auf die die Mexikaner
in der derzeitigen Lage schwören?
„Nun, da ist eben genau in Tepeaca der „Nino
Doctor“. Dem Bild des segnenden Jesuskindes wird wunderheilende Wirkung zugeschrieben.
Dann natürlich Judas Taddäus, der als „Patron der verzweifelten und hoffnungslosen
Fälle“ gilt. In Mexiko-Stadt gibt es mindestens 4 Pfarreien, wo der Heilige sehr verehrt
wird. In die Kirche San Hipolito kommen manchmal bis zu 10.000 Menschen. Aber genau
diese Kirchen sind bis auf weiteres geschlossen. Und schliesslich die „Virgen de Guadalupe“,
die Patronin ganz Lateinamerikas. An sie hat Kardinal Rivera von Mexiko eine besondere
Fürbitte gerichtet.“
Wie sehen die Pfarrer die Lage?
„Nun, ich kann
natürlich nicht alle fragen... Man merkt, dass einige sich mit knirschenden Zähnen
der Behördenanordnung beugen, vor allem dort, wo noch keine Krankheitsfälle bekannt
sind. Auch die Idee, im Freien, also zum Beispiel auf dem Kirchenvorplatz oder in
einem Park den Gottesdienst zu feiern, wurde von den Behörden verboten. So mancher
hat schwer mit dem Appell zu kämpfen, im Interesse der sozialen Verantwortung den
Kontakt zu den Gläubigen drastisch einzuschränken. „Das ist doch unser pastoraler
Auftrag, gerade in so schweren Zeiten”, habe ich von einem Pfarrer gehört.“
Und wie geht’s weiter?
„Alle warten auf den Freitag und darauf, was das Gesundheitsministerium
sagt. Alle hoffen natürlich, dass sich die Lage verbessert und am Sonntag wieder Gottesdienste
gefeiert werden können. Das ist aber wenig wahrscheinlich. Und darum bieten gerade
in diesen Zeiten die modernen Medien viele Vorteile - man kann im Internet den Gottesdienst
mitfeiern, man kann die Predigten nachlesen, es gibt Gebete und Reflexionen. Voraussetzung
ist natürlich, man hat einen Computer und Internetzugang!“