2009-04-30 10:32:29

„Schweinegrippe“: Papst solidarisch mit mexikanischem Volk


RealAudioMP3 Benedikt XVI. ist besorgt über die so genannte Schweinegrippe. Er erklärt sich solidarisch mit dem mexikanischen Volk, das am meisten unter der neuen Grippewelle leidet, ist „den Kranken nahe“ und „betet für die Opfer und ihre Familien“. In ihrem Ursprungsland Mexiko hat der Virus schon an die 180 Menschen das Leben gekostet. Ein Gespräch mit unserer Mexiko-Korrespondentin, Brigitte Schmitt-Fairbanks.

Der Schweinegrippe-Notstand hat in Mexiko längst auch die Kirchen erreicht. Wie präsentiert sich die Lage: Wie viele Kirchen sind geschlossen, wie sehen die Gottesdienste aus?

„Die Lage ist etwas verwirrend. Man kann nicht sagen, wieviele Kirchen zu sind. Die Basilika der Virgen de Guadalupe, das Heiligtum in Mexiko-Stadt, ist geschlossen; Messen werden auf dem Vorplatz vor der Basilika gefeiert. Auch der Dom in Mexiko-Stadt ist zu. In verschiedenen Dioezesen gibt es Anweisungen, überhaupt keine Messen mehr zu halten. Hier in Puebla hat der Erzbischof angeordnet, dass nur noch Messen im engen Kreis gefeiert werden dürfen. Die Kirchen bleiben aber geöffnet. Doch habe ich auch gehört, dass einige Priester ihre Kirche ganz zuschliessen. Sowas hat es zuletzt bei der Christenverfolgung vor 100 Jahren gegeben...
Es herrscht eine gewisse Nervosität. Die Menchen kommen jetzt einzeln in die Kirche zur stillen Anbetung. Dazu wird auch von den Bischöfen ermuntert. Auch wurden die Gläubigen aufgefordert, am Radio oder Fernsehen den Gottesdienst mitzufeiern.Vom Erzbistum Mexiko-Stadt war zu erfahren, dass jetzt unter der Woche ganz wenige zum Gottesdienst kommen, maximal bis zu 20 Leute.“

Wie reagiert die Bischofskonferenz auf den Notstand, was empfehlen die Bischöfe oder auch örtliche Priester ihren Gläubigen?

„Es gibt eine Anordnung der Bischofskonferenz, bestimmte Vorkehrungen zu treffen, die die mögliche Ansteckung auf ein Minimum reduzieren sollen. Vor allem keinen direkten Kontakt! So gibt es keinen Friedensgruss, man soll sich zum Nächsten verneigen; statt der hier üblichen Mundkommunion wird nur noch Handkommunion ausgeteilt. Die Priester sind angehalten, die Liturgiefeier kurz zu halten, und vor der Messe werden potentielle Kranke gebeten, im Interesse aller die Kirche wieder zu verlassen.
Ansonsten ist es jedem Ortsbischof und schliesslich jedem Pfarrer überlassen, seine Kirche zu schliessen. Allerdings sind alle an die Vorgabe der Behörden gebunden, dass es keine Menschenansammlung mehr geben darf.“

Mexikaner gelten als sehr religiös. Wie schlimm empfinden die Katholiken die Einschränkungen ihres Glaubenslebens durch die Seuche?

„Der Grossteil scheint sehr vernünftig zu reagieren. Auch muss man sagen, dass momentan v.a. die Hauptstadt betroffen ist, dort leben ja 20 Millionen Menschen. Allerdings stehen mehrere Patronatsfeste an. In Tepeaca zum Beispiel: Das ist ein Wallfahrtsort ähnlich wie Lourdes, wo jedes Jahr etwa eine Million Pilger hinfahren - da sollte es diesen Donnerstag eine grosse Prozessionen geben. Aber die wurde abgesagt. Der Pfarrer ist sehr besorgt, weil er nicht weiss, wie die Leute, die aus dem ganzen Land anreisen, reagieren werden.
Am Sonntag ist dann der Festtag des Heiligen Kreuzes, ein wichtiges Fest für alle, die am Bau arbeiten. Auch dazu sind alle Veranstaltungen abgesagt. Normalerweise gibt es anschliessend an die Messe eine Kirmes mit Schaubuden, Fahrgeschäften und so weiter, viel Trubel und viele Leute. Dieses Jahr stehen die Karuselle still.“

Gibt es bestimmte Heilige und Nothelfer, auf die die Mexikaner in der derzeitigen Lage schwören?

„Nun, da ist eben genau in Tepeaca der „Nino Doctor“. Dem Bild des segnenden Jesuskindes wird wunderheilende Wirkung zugeschrieben. Dann natürlich Judas Taddäus, der als „Patron der verzweifelten und hoffnungslosen Fälle“ gilt. In Mexiko-Stadt gibt es mindestens 4 Pfarreien, wo der Heilige sehr verehrt wird. In die Kirche San Hipolito kommen manchmal bis zu 10.000 Menschen. Aber genau diese Kirchen sind bis auf weiteres geschlossen. Und schliesslich die „Virgen de Guadalupe“, die Patronin ganz Lateinamerikas. An sie hat Kardinal Rivera von Mexiko eine besondere Fürbitte gerichtet.“

Wie sehen die Pfarrer die Lage?

„Nun, ich kann natürlich nicht alle fragen... Man merkt, dass einige sich mit knirschenden Zähnen der Behördenanordnung beugen, vor allem dort, wo noch keine Krankheitsfälle bekannt sind. Auch die Idee, im Freien, also zum Beispiel auf dem Kirchenvorplatz oder in einem Park den Gottesdienst zu feiern, wurde von den Behörden verboten. So mancher hat schwer mit dem Appell zu kämpfen, im Interesse der sozialen Verantwortung den Kontakt zu den Gläubigen drastisch einzuschränken. „Das ist doch unser pastoraler Auftrag, gerade in so schweren Zeiten”, habe ich von einem Pfarrer gehört.“

Und wie geht’s weiter?

„Alle warten auf den Freitag und darauf, was das Gesundheitsministerium sagt. Alle hoffen natürlich, dass sich die Lage verbessert und am Sonntag wieder Gottesdienste gefeiert werden können. Das ist aber wenig wahrscheinlich. Und darum bieten gerade in diesen Zeiten die modernen Medien viele Vorteile - man kann im Internet den Gottesdienst mitfeiern, man kann die Predigten nachlesen, es gibt Gebete und Reflexionen. Voraussetzung ist natürlich, man hat einen Computer und Internetzugang!“

(rv 30.04.2009 sk)








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