„Hundert Tage, die
die Welt nicht verändert haben“ – so kommentiert die Vatikanzeitung die bisherige
Amtszeit von US-Präsident Barack Obama. Der Leitartikler Giuseppe Fiorentino würdigt
auf Seite eins des „Osservatore Romano“ zwar die große „Fähigkeit, zu kommunizieren“,
die Obama habe, und erste Gesten der Öffnung in Richtung Kuba oder Iran. „Doch in
anderen und konkreteren internationalen Szenarien ist die Kontinuität zur Vergangenheit
deutlich: Etwa im Irak, wo die neue Regierung Bushs Rückzugs-Strategie umsetzt, oder
in Afghanistan.“ Bei genauerem Hinsehen unterscheide sich auch Obamas Kuba-Politik
bislang gar nicht sehr von der früheren unter Präsident George Bush. Die Analyse
der Vatikan-Zeitung geht auch auf die in der US-Kirche lautstark angegriffene Haltung
Obamas zu Stammzellforschung und Abtreibung ein. Auch hier „scheint Obama nicht die
radikalen Neuerungen zu bestätigen, die er zuvor angekündigt hatte“. Wörtlich heißt
es in dem Leitartikel: „Die neuen Richtlinien zur embryonalen Stammzellforschung entsprechen
keinem Kurswechsel, wie er Monate zuvor ins Auge gefaßt worden war. Sie erlauben nicht
die Schaffung neuer Embryonen zu Forschungs- oder „therapeutischen“ Zwecken, und staatliche
Gelder können nur zur Forschung an „überzähligen“ Embryonen verwendet werden.“ Das
nehme der Kritik an „inakzeptablen Formen der Bio-Techniken, die der menschlichen
Identität des Embryos widerstreiten“, nicht ihre Berechtigung – „aber die neue Regelung
ist weniger permissiv“ als befürchtet. Dass die Demokraten in diesen Tagen einen
Gesetzentwurf zur Unterstützung schwangerer Frauen eingebracht haben, nimmt der „Osservatore“
mit „einer gewissen Überraschung“ zur Kenntnis: Das Projekt könne dazu dienen, die
Zahl der Abtreibungen in den USA zu senken. „Das ist zwar kein Dementi der bisher
von Obama aufgestellten Doktrin in Sachen Schwangerschaftsunterbrechung, doch könnte
das Gesetzesvorhaben eine Neujustierung zugunsten der Mutterschaft bedeuten“, urteilt
die Vatikanzeitung. Fazit der ersten hundert Tage Obamas im höchsten politischen
Amt der USA: „Neue Signale sind nicht zu leugnen, vor allem in Umweltschutz und Partnerschaft
mit Peking. Aber um von Revolution zu sprechen, ist das vielleicht zu wenig...“