Papst Benedikt XVI. hat an diesem Sonntag auf dem Petersplatz einen Portugiesen und
vier italienische Männer und Frauen heilig gesprochen. Wir dokumentieren hier seine
Predigt in einer Arbeitsübersetzung von Pater Eberhard von Gemmingen SJ:
Liebe
Brüder und Schwestern, an diesem dritten Sonntag der Osterzeit, stellt die Liturgie
noch einmal das Geheimnis des auferstandenen Christus in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit.
Der Urheber des Lebens, Sieger über Sünde und Tod, fährt fort, sich für uns darzubringen
und für uns als unser Fürsprecher einzusetzen. Am Kreuz gestorben stirbt er nicht
mehr, und mit den Zeichen der Passion lebt er unsterblich. Lassen wir uns innerlich
von der österlichen Fülle überfluten, die von diesem großen Geheimnis ausgeht. Beten
wir mit dem Antwortpsalm „Das Licht deines Antlitzes leuchte über uns.“ Das Licht
des auferstandenen Christus leuchtet heute in besonderer Weise über uns durch die
evangelischen Züge der fünf Seligen, die in dieser Feier ins Buch der Heiligen eingeschrieben
werden: Arcangelo Tadini, Bernardo Tolmei, Nuno de Santa Maria Alvares Pereira, Gertrude
Comensoli und Caterina Volpicelli. Gerne vereinige ich mich mit der Ehre, die ihnen
die Pilger bezeugen, die hier aus verschiedenen Nationen zusammen gekommen sind. Ihnen
übermittle ich ganz herzlich meinen Gruß. Die unterschiedlichen menschlichen und geistlichen
Schicksale dieser neuen Heiligen zeigen uns die tiefe Erneuerung, das das Geheimnis
der Auferstehung Christi in den Herzen der Menschen bewirkt. Es ist das grundlegende
Geheimnis, das die ganze Heilsgeschichte orientiert und leitet. Völlig richtig lädt
uns die Kirche immer – und besonders in dieser österlichen Zeit – dazu ein, unsere
Aufmerksamkeit auf den auferstandenen Christus zu lenken, der im Sakrament der Eucharistie
wirklich gegenwärtig ist. Im Evangelium erzählt uns der heilige Lukas eine der
Erscheinungen des auferstandenen Jesus. Ganz am Anfang des Absatzes merkt der Evangelist
an, das die zwei Jünger von Emmaus, die eilig nach Jerusalem zurückgekehrt sind, den
Elf erzählen, wie sie Jesus beim Brechen des Brotes erkannt haben. Und wie sie die
außergewöhnliche Erfahrung ihrer Begegnung mit dem Herrn erzählen, steht er schon
in Person in ihrer Mitte. Aufgrund dieser plötzlichen Erscheinung sind die Apostel
voller Angst und voll Schrecken. Es ging so weit, dass Jesus sie aufforderte, ihn
anzufassen, um ihnen Sicherheit zu geben und jeden Zweifel und jede Angst zu nehmen..
Er war kein Gespenst, sondern ein Mensch mit Fleisch und Blut. Dann bat er sie, ihm
etwas zu essen zu geben. Noch einmal – wie es bei den Jüngern von Emmaus geschehen
war – ist es bei Tisch, als er mit ihnen aß, dass er sich als auferstandener Christus
zeigt. So hilft er ihnen, die heilige Schrift zu verstehen und die Ereignisse des
Heils im Licht von Ostern zu neu aufzunehmen. „Alle Worte der Schrift mussten sich
erfüllen – sagt er – alles, was Moses, die Propheten und die Psalmen über mich geschrieben
haben. Er lädt sie ein, in die Zukunft zu schauen. „In seinem Namen werden allen Völkern
die Umkehr und die Vergebung der Sünden verkündet werden.“ Diese gleiche Erfahrung
erlebt jede Gemeinschaft bei der Feier der Eucharistie – vor allem am Sonntag. Die
Eucharistie ist der privilegierte Ort, an dem die Kirche den „Urheber des Lebens“
erkennt. Sie ist das „Brechen des Brotes“, wie sie in der Apostelgeschichte genannt
wird. Dabei treten wir durch den Glauben in Gemeinschaft mit Christus ein. Er
ist Altar, Opfer und Priester. Wir vereinigen uns um ihn, um seiner Worte und der
Ereignisse der heiligen Schrift zu gedenken. Wir erleben neu seine Passion, seinen
Tod und seine Auferstehung. Wenn wir die Eucharistie feiern, vereinigen wir uns mit
Christus, dem Opfer der Aussöhnung, und von ihm erhalten wir Vergebung und Leben.
Was wäre unsere Leben ohne die Eucharistie? Die Eucharistie ist das ewige und lebendige
Erbe, das uns im Sakrament seines Leibes und Blutes vom Herrn hinterlassen wurde.
Wir müssen es immer wieder neu durchdenken und vertiefen, damit – wie der verehrte
Papst Paul VI. sagte –es seine unerschöpfliche Wirksamkeit auf uns an allen Tagen
unseres Lebens ausüben kann. Vom Eucharistischen Brot genährt, haben die Heiligen,
die wir heute verehren, ihre Mission der evangelischen Liebe auf den verschiedenen
Feldern , auf denen sie mit ihren speziellen Charismen gewirkt haben, vollbracht. Der
heilige Arcangelo Tadini verbrachte viele Stunden vor der Eucharistie. Er hatte die
menschliche Person in ihrer Gesamtheit immer vor ‚Augen bei seiner pastoralen Arbeit.
So half er seinen Pfarrmitgliedern menschlich und geistlich zu wachsen. Dieser heilige
Priester, der ein Mensch Gottes war, bereit, sich in jedem Augenblick vom Heiligen
Geist führen zu lassen, war gleichzeitig immer bereit, eine Not im Augenblick aufzugreifen
und Hilfe zu schaffen. Daher unternahm er nicht wenige konkrete und mutige Initiativen
– wie z.B. die Organisation der katholischen Arbeitergesellschaft und der gegenseitigen
Hilfe, den Bau der Filanda, das Heim für Arbeiterinnen und im Jahr 1900 die Gründung
der Kongregation der Arbeiterinnen des Heiligen Hauses von Nazareth. Sie hatte zum
Ziel, nach dem Beispiel der heiligen Familie von Nazareth durch die Teilnahme an der
täglichen Mühe die Welt der Arbeit zu heiligen. Wie prophetisch war die charismatische
Intuition von Don Tadini und wie aktuell bleibt sein Beispiel gerade heute, in einer
Zeit großer wirtschaftlicher Krise! Er erinnert uns, dass wir den Sauerteig des Evangeliums
nur dann, wenn wir eine dauerhafte und tiefe Beziehung zum Herrn besonders im Sakrament
der Eucharistie haben, in die verschiedenen Arbeitsbereiche und in jede Umgebung unseres
Lebens tragen können. Auch im Heiligen Bernardo Tolomei tritt die Liebe zum Gebet
und zur Handarbeit besonders hervor. Er war ein außergewöhnlicher Förderer des benediktinischen
Mönchslebens. Er hatte eine eucharistische Existenz, ganz der Kontemplation verschrieben,
und er war völlig im Dienst am Nächsten. Wegen seiner außerordentlichen Demut und
Brüderlichkeit wurde er von den Mönchen 27 Jahre in Folge zum Abt gewählt – bis zu
seinem Tod. Um seinem Werk eine sichere Zukunft zu garantieren, erhielt er von Papst
Clemens VI. am 21. Januar 1344 die päpstliche Anerkennung der neuen benediktinischen
Kongregation unter den Namen „Santa Maria di Monte Oliveto“. Bei der großen Pest im
Jahr 1348 verließ er die Einsamkeit von Monte Oliveto, um ins Benediktinerkloster
Sankt Benedikt a Porta Tufi in Siena zu gehen, um den Mönchen die von der Pest betroffen
waren, zu helfen. Er starb dann selbst an dieser Krankheit und wurde so ein Martyrer
der Nächstenliebe. Von dem Beispiel dieses Heiligen kommt auf uns die Einladung, unseren
Glauben aus dem Impuls der Nächstenliebe, die bereit ist auch zum letzten Opfer, in
ein Leben für Gott im Gebet und im Dienst am Nächsten umzusetzen. (auf Portugiesisch) In
Psalm 4 heißt es in Vers 4: „Wunderbar handelt der Herr an den Frommen, der Herr erhört
mich, wenn ich zu ihm rufe.“ Diese Worte des Antwortpsalms drücken das Geheimnis des
abenteuerlichen Lebens von Nuno de Santa Maria aus. Er ist ein Held und Heiliger Portugals.
Die 70 Jahre seines Lebens lagen am Ende des 14. und am Anfang des 15. Jahrhunderts.
In dieser Zeit erreichte Portugal seine Unabhängigkeit von Kastilien und breitete
sich auf dem Ozean aus. Das war ein göttliches Zeichen dafür, das Evangelium bis ans
Ende der Welt zu tragen. Der Heilige Nuno fühlte sich als Instrument Gottes und als
Teil der Militia Christi. Er wusste sich als Zeuge Christi in einer Berufung an alle
Christen. Bezeichnend sind sein intensives Gebetsleben und sein absolutes Vertrauen
in Gott. Er war zunächst ein sehr guter Offizier und großer Vorgesetzter. Nuno bemühte
sich immer, Gott nicht im Wege zu stehen, im Gegenteil seinen Willen zu erkennen und
zu tun. Er ahmte die Gottesmutter Maria nach, die er sehr verehrte. Ihr schrieb er
auch öffentlich seine Siege zu. In der zweiten Hälfte seines Lebens ging er in das
Karmelitenkloster, das auf seine Veranlassung hin gebaut worden war. Ich fühle mich
glücklich, der ganzen Kirche diesen vorbildlichen Heiligen vorstellen zu können. Er
lebte in Gebet und tiefem Glauben in einer Zeit, die dafür eigentlich wenig geeignet
und offen war. Er zeigte, dass man in jeder Zeit und Umgebung die Prinzipien und Werte
christlichen Lebens wirklich auch leben kann, wenn dieses Leben nur im Dienst der
Ehre Gottes und des Gemeinwohles steht.
(wieder auf Italienisch) Eine
besondere Anziehungskraft ging für die Heilige Gertrude Comensoli seit ihrer Kindheit
von Jesus in Form der Eucharistie aus. Die Anbetung des eucharistischen Christus wurde
zum Hauptziel ihres Lebens, man könnte fast sagen zur Voraussetzung ihrer Existenz.
Denn erst durch die Eucharistie hat Gertrude ihre Berufung und Mission in der Kirche
verstanden: die Berufung, sich ohne Vorbehalt dem apostolischen und missionarischen
Handeln zu widmen, vor allem zu Gunsten der Jugend. So entstand, dem Wunsch von Papst
Leon XIII. folgend, ihr Institut, dass es sich zur Aufgabe machte, die „betrachtende
Liebe“ in den eucharistischen Christus umzuwandeln; in die „gelebte Barmherzigkeit“,
indem man sich den Bedürfnissen des Nächsten widmet. In einer verlorenen und oft verletzten
Gesellschaft, wie es die unsere ist, wendet sich die Heilige Gertrude an eine Jugend,
die der unserer Zeit entspricht, eine Jugend auf der Suche nach Werten und dem Sinn
der eigenen Existenz. Dieser zeigt sie als felsenfesten Anhaltspunkt Gott auf, der
sich in Form der Eucharistie zu unserem Wegbegleiter gemacht hat. Wir werden so erinnert,
dass sich die Anbetung von allen Werken der Barmherzigkeit abheben muss. Denn durch
die Liebe zu unserem gestorbenen und auferstandenen Christus, der im eucharistischen
Sakrament wahrhaftig präsent ist, wird die evangelische Barmherzigkeit zum Vorschein
gebracht, die uns dazu bringt, alle Menschen als Brüder anzusehen.
Zeugin
der göttlichen Liebe war auch die Heilige Caterina Volpicelli, die sich bemühte, „zu
Christus zu gehören, um zu Christus zu bringen“. Wie viele hat sie gegen Ende des
19. Jahrhunderts in Neapel erreicht, in einer Zeit der spirituellen und sozialen Krise.
Auch für sie bestand das Geheimnis in der Eucharistie. Ihren ersten Mitarbeiterinnen
hat sie ans Herz gelegt, ein intensives Leben der Spiritualität und des Gebetes zu
pflegen, vor allem den lebendigen Kontakt mit dem eucharistischen Jesus. Dies ist
auch heute die Bedingung, um das von ihr begonnene Werk und ihre Mission fortzuführen,
die sie den „Ancelle del Sacro Cuore“ („Mägden des Heiligsten Herzen Jesu“) hinterlassen
hat. Um authentische Erzieherinnen des Glaubens zu sein, die es anstreben, den neuen
Generationen die Werte der christlichen Kultur zu übermitteln, ist es unerlässlich,
wie sie es zu wiederholen pflegte, Gott aus dem Gefängnis zu befreien, in das ihn
die Menschen verbannt haben. Denn nur im Herzen Christi kann die Menschheit eine stabile
Heimat finden. Die Heilige Caterina zeigt ihren spirituellen Töchtern und uns allen
auf, wie der fordernde Weg der Bekehrung unsere Herzen an der Wurzel verändern und
sich in Handlungsweisen umwandeln kann, die mit dem Evangelium übereinstimmen. So
ist es möglich, die Basis für eine Gesellschaft zu schaffen, die der Gerechtigkeit
und der Solidarität offen gegenüber steht. So kann das wirtschaftliche und kulturelle
Ungleichgewicht überwunden werden, das weiterhin in großen Teilen unseres Planeten
besteht.
Liebe Brüder und Schwestern, lasset uns dem Herrn für das Geschenk
der Heiligkeit danken, das heute in voller Pracht in der Kirche erstrahlt, in Form
von Arcangelo Tadini, Bernardo Tolomei, Nuno de Santa Maria Alvares Pereira, Gertrude
Comensoli und Caterina Volpicelli. Lassen wir uns von ihrem Beispiel in den Bann ziehen,
lassen wir uns von ihrer Lehre leiten, damit auch unsere Existenz zu einem Lobgesang
an Gott wird – auf den Spuren Jesu, der im Glauben im Geheimnis der Eucharistie verehrt
wird und dem wir durch Großzügigkeit in Nächstenliebe dienen. Mögen wir die Realisierung
dieser evangelischen Mission durch die Fürbitte Marias, der Königin der Heiligen,
erreichen, und durch diese fünf neuen, leuchtenden Beispiele an Heiligkeit, die wir
heute mit Freude verehren. Amen!