Der Jesuitenpater Wendelin Köster begleitet im deutschsprachigen Programm von Radio
Vatikan durch die Fastenzeit 2009. Der 69-Jährige stammt aus dem Emsland, war zunächst
Jugendseelsorger, dann Leiter des Priesterseminars in Frankfurt/St. Georgen und anschließend
mehr als zehn Jahre lang deutschsprachiger Berater des Generaloberen der Jesuiten
in Rom. Vor kurzem wurde er zum Spiritual des Priesterseminars in Limburg berufen.
Zweimal pro Woche hören und lesen Sie hier seine Radioexerzitien. (rv)
Für
Karsamstag (11.04.)
Liebe Hörerinnen und Hörer!
Die Radio-Exerzitien
klingen heute aus. Es ist Karsamstag, ein seltsamer Tag, wie der Moment des Stillstandes
zwischen Aus- und Einatmen. Die Kirche feiert an diesem Tag keine Liturgie. Es
ist vollbracht – dieses Wort klingt nun aus. Es soll aber nicht verhallen, sondern
in unserer eigenes Leben eingehen und dort Wurzel schlagen. Darum ist es angemessen,
einen Rückblick auf die Betrachtungen dieser Radio-Exerzitien zu halten: Wie bin ich
selbst diesen Weg mitgegangen, nachdenkend und nachfühlend, und wie haben die Betrachtungen
mein Denken, Sprechen und Handeln beeinflusst?
Wir erinnern uns: Die Betrachtungen
waren so aufgebaut, dass sie sich zunächst an das Denken und Fühlen richteten, aber
dann in Worte der Zwiesprache, in ein betendes Kolloquium mündeten. Vielleicht haben
Sie die Szenen aus der Heiligen Schrift lebendig nach- oder mitempfinden können; vielleicht
haben Sie dann auch die passenden Worte gefunden, um mit dem Herrn, seiner Mutter,
dem Apostel Paulus und vielen anderen ins Gespräch zu kommen. Sie alle sind ja in
Gott geborgen und nehmen teil an der liebenden Aufmerksamkeit, mit der Gott uns sieht
und begleitet. Wir sollten aber auch beherzigen, dass die Liebe mehr in die Werke
als in die Worte gelegt werden muss. So wie das Wort Gottes gleichzeitig die Tat Gottes
ist, so soll es auch bei uns sein: nicht viel von Liebe reden, sondern sie tun.
Was
waren die Etappen, an denen wir betrachtend innegehalten und auf die Passion Jesu
geschaut haben? Wir sind in die Radio-Exerzitien eingetreten mit der Versuchung
Jesu in der Wüste. Der himmlischer Vater wollte, dass sein Sohn den Druck des
Bösen verspürte. Verwurzelt in der Heiligen Schrift hat er diesem Druck widerstanden.
So gestärkt beginnt er, das Evangelium auszurufen: Gott ergreift auf neue und endgültige
Weise die Herrschaft. Durch seine Taten untermauert Jesus diese Botschaft.
Es
folgte die Zurückweisung der Forderung nach einem Zeichen der Beglaubigung.
Jesus deckt die Herzenshärte der Fordernden auf. Er bereitet diese Generation
auf das Zeichen vor, das er geben wird. Es sind die drei Tage, in denen er verschlungen
sein wird vom Tod – so wie der Prophet Jona von dem Monsterfisch.
Dann haben
wird teilgenommen an der Verklärung des Herrn auf dem Berg. Dort erstrahlt
er im hellen Glanz seiner himmlischen Heimat. Petrus will diesen Augenblick festhalten,
doch Jesus setzt den Weg nach Jerusalem fort. Einen anderen Weg zurück zum Haus der
Vaters gibt es nicht.
Es folgte ein Blick auf den Kreis der zwölf Apostel
und seine beginnende Vergiftung durch Ehrgeiz und Machtstreben. Was ihr Meister
über sein Leiden und seine Auferstehung ankündigt, verfängt nicht. Statt dessen spekulieren
sie auf gute Posten in seiner Regierungsmannschaft. Das ruft Jesus auf den Plan, der
nicht gekommen ist, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen. Er
wird sein Leben hingeben als Lösepreis für viele.
Danach waren wir Zeugen
der Tempelreinigung. Jesus findet das Haus seines Vater in schlechter
Verfassung. Es ist zu einem Basar geworden. So hat dieser Tempel keine Zukunft. Es
wir einen neuen Tempel geben, der drei Tage nach seiner Zerstörung wieder aufgebaut
ist. Damit meinte er sich selbst. Seine Feinde verstehen ihn nicht und reagieren darauf
mit gesteigerter Wut.
Dann sorgte eine Heilung am Sabbat für eine weitere Eskalation.
Jesus rechtfertigt sich mit dem Hinweis auf seinen himmlischen Vater, der noch
immer am Werk ist. Sein Verbrechen ist: Er stellt sich mit Gott gleich.
Bald wird seine Stunde kommen, in der die Menschen meinen, einen Gotteslästerer
der verdienten Strafe zuzuführen. Doch dieser Verbrecher ist der Sohn Gottes. Er wird
vom Tode auferstehen und als Richter der Menschen wiederkommen.
In der darauf
folgenden Betrachtung haben wir Jesus erlebt, wie er wieder von seiner Stundespricht. Wir wurden Zeugen seiner tiefen Erschütterung. Soll er sich vom Vater
aus dieser Stunde retten lassen? Doch fängt er sich wieder und geht voran, auf die
Stunde zu. So wird er den Vater verherrlichen.
Die Entfremdung Jesu von
seinem Volk und dessen Führern schreitet fort. Ein neuer Konflikt entzündet sich an
der Frage, wer die wahren Kinder Abrahams sind. Die Blutsverwandtschaft mit
ihm sichert niemandem einen Platz im Reich Gottes. Entscheidend ist zu handeln, wie
Abraham gehandelt hat. Der wahre Sohn Abrahams ist Jesus selbst, der handelt, wie
sein Vater handelt. Diejenigen, die sich auf das Privileg des Blutes berufen, erliegen
einer teuflischen Verführung.
Mit dem Einzug Jesu in die Stadt Jerusalem
und in den Tempel rückt die Stunde immer näher. Wir haben versucht, den
Einzug mitzuerleben. Vielleicht sind uns die Ho-shjan-na - Rufe noch im Ohr. Die Spannung
in der Stadt steigt. Die Auseinandersetzung mit den Führern des Volkes und den Verantwortlichen
des Tempela werden immer schärfer.
Es folgte der Verrat des Judas.
Er lieferte Jesus aus. Aber warum? Ist er die nachtschwarze Figur, die zu recht der
Verdammung anheim fiel, oder müsste er rehabilitiert werden? Wie wird der Herr, wenn
er wiederkommt zu richten die Lebenden und die Toten, seinen Verräter beurteilen?
Wir dürfen hoffen, dass die Gnade des Erlösers sein Herz erreicht.
Dann waren
wir Zeugen bei der Fußwaschung. Wenn die Apostel in seinem Namen das Reich
Gottes verkündigen, dann müssen sie es tun wie er. Ihr Markenzeichen ist das Dienen,
nicht das Herrschen. Sie dürfen sich nicht zu schade sein auch für die niedrigsten
Dienste.
Am Karfreitag haben wir den Prozess Jesu verfolgt. Der gefangene
und gefesselte Jesus erscheint weniger gefangen und gefesselt als Pilatus. Jesus hat
seinen Auftrag erfüllt. Er hat sein Ziel erreicht. Die Gegenspieler können es nicht
verhindern.
Heute ist Karsamstag. Auf dem Weg bis hierher haben wir uns
Begleiter und Begleiterinnen gesucht, die uns im Glauben vorangegangen sind. Sie wollen
ja helfen, dass wir Jesus Christus besser verstehen, auf ihn mutiger unsere Hoffnung
setzen und in der Liebe zu ihm wachsen. Mit diesen Gefährten haben wir das Gespräch
gesucht. Es waren die Kolloquien mit der Mutter Jesu, mit dem Apostel Paulus, mit
Abraham, mit dem Propheten Jesaja. Wir haben uns auch an den himmlischen Vater und
an seinen Sohn gewandt. Wenn Sie auf diese Weise beten konnten, geschah das im Heiligen
Geist. Und wenn ihnen dieses Beten nicht so gut gelungen sein sollte, dann heißt das
nicht, dass Gott nicht trotzdem nahe bei Ihnen war. Gott ist größer als unser Herz,
er weiß alles (vgl 1 Jo 3,20).