2009-04-10 16:47:02

Radio-Exerzitien: Einführung in den Karsamstag


Der Jesuitenpater Wendelin Köster begleitet im deutschsprachigen Programm von Radio Vatikan durch die Fastenzeit 2009. Der 69-Jährige stammt aus dem Emsland, war zunächst Jugendseelsorger, dann Leiter des Priesterseminars in Frankfurt/St. Georgen und anschließend mehr als zehn Jahre lang deutschsprachiger Berater des Generaloberen der Jesuiten in Rom. Vor kurzem wurde er zum Spiritual des Priesterseminars in Limburg berufen. Zweimal pro Woche hören und lesen Sie hier seine Radioexerzitien. (rv)

Für Karsamstag (11.04.)

Liebe Hörerinnen und Hörer!

Die Radio-Exerzitien klingen heute aus. Es ist Karsamstag, ein seltsamer Tag, wie der Moment des Stillstandes zwischen Aus- und Einatmen. Die Kirche feiert an diesem Tag keine Liturgie. Es ist vollbracht – dieses Wort klingt nun aus. Es soll aber nicht verhallen, sondern in unserer eigenes Leben eingehen und dort Wurzel schlagen. Darum ist es angemessen, einen Rückblick auf die Betrachtungen dieser Radio-Exerzitien zu halten: Wie bin ich selbst diesen Weg mitgegangen, nachdenkend und nachfühlend, und wie haben die Betrachtungen mein Denken, Sprechen und Handeln beeinflusst?

Wir erinnern uns: Die Betrachtungen waren so aufgebaut, dass sie sich zunächst an das Denken und Fühlen richteten, aber dann in Worte der Zwiesprache, in ein betendes Kolloquium mündeten. Vielleicht haben Sie die Szenen aus der Heiligen Schrift lebendig nach- oder mitempfinden können; vielleicht haben Sie dann auch die passenden Worte gefunden, um mit dem Herrn, seiner Mutter, dem Apostel Paulus und vielen anderen ins Gespräch zu kommen. Sie alle sind ja in Gott geborgen und nehmen teil an der liebenden Aufmerksamkeit, mit der Gott uns sieht und begleitet. Wir sollten aber auch beherzigen, dass die Liebe mehr in die Werke als in die Worte gelegt werden muss. So wie das Wort Gottes gleichzeitig die Tat Gottes ist, so soll es auch bei uns sein: nicht viel von Liebe reden, sondern sie tun.

Was waren die Etappen, an denen wir betrachtend innegehalten und auf die Passion Jesu geschaut haben? Wir sind in die Radio-Exerzitien eingetreten mit der Versuchung Jesu in der Wüste. Der himmlischer Vater wollte, dass sein Sohn den Druck des Bösen verspürte. Verwurzelt in der Heiligen Schrift hat er diesem Druck widerstanden. So gestärkt beginnt er, das Evangelium auszurufen: Gott ergreift auf neue und endgültige Weise die Herrschaft. Durch seine Taten untermauert Jesus diese Botschaft.

Es folgte die Zurückweisung der Forderung nach einem Zeichen der Beglaubigung. Jesus deckt die Herzenshärte der Fordernden auf. Er bereitet diese Generation auf das Zeichen vor, das er geben wird. Es sind die drei Tage, in denen er verschlungen sein wird vom Tod – so wie der Prophet Jona von dem Monsterfisch.

Dann haben wird teilgenommen an der Verklärung des Herrn auf dem Berg. Dort erstrahlt er im hellen Glanz seiner himmlischen Heimat. Petrus will diesen Augenblick festhalten, doch Jesus setzt den Weg nach Jerusalem fort. Einen anderen Weg zurück zum Haus der Vaters gibt es nicht.

Es folgte ein Blick auf den Kreis der zwölf Apostel und seine beginnende Vergiftung durch Ehrgeiz und Machtstreben. Was ihr Meister über sein Leiden und seine Auferstehung ankündigt, verfängt nicht. Statt dessen spekulieren sie auf gute Posten in seiner Regierungsmannschaft. Das ruft Jesus auf den Plan, der nicht gekommen ist, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen. Er wird sein Leben hingeben als Lösepreis für viele.

Danach waren wir Zeugen der Tempelreinigung. Jesus findet das Haus seines Vater in schlechter Verfassung. Es ist zu einem Basar geworden. So hat dieser Tempel keine Zukunft. Es wir einen neuen Tempel geben, der drei Tage nach seiner Zerstörung wieder aufgebaut ist. Damit meinte er sich selbst. Seine Feinde verstehen ihn nicht und reagieren darauf mit gesteigerter Wut.

Dann sorgte eine Heilung am Sabbat für eine weitere Eskalation. Jesus rechtfertigt sich mit dem Hinweis auf seinen himmlischen Vater, der noch immer am Werk ist. Sein Verbrechen ist: Er stellt sich mit Gott gleich. Bald wird seine Stunde kommen, in der die Menschen meinen, einen Gotteslästerer der verdienten Strafe zuzuführen. Doch dieser Verbrecher ist der Sohn Gottes. Er wird vom Tode auferstehen und als Richter der Menschen wiederkommen.

In der darauf folgenden Betrachtung haben wir Jesus erlebt, wie er wieder von seiner Stunde spricht. Wir wurden Zeugen seiner tiefen Erschütterung. Soll er sich vom Vater aus dieser Stunde retten lassen? Doch fängt er sich wieder und geht voran, auf die Stunde zu. So wird er den Vater verherrlichen.

Die Entfremdung Jesu von seinem Volk und dessen Führern schreitet fort. Ein neuer Konflikt entzündet sich an der Frage, wer die wahren Kinder Abrahams sind. Die Blutsverwandtschaft mit ihm sichert niemandem einen Platz im Reich Gottes. Entscheidend ist zu handeln, wie Abraham gehandelt hat. Der wahre Sohn Abrahams ist Jesus selbst, der handelt, wie sein Vater handelt. Diejenigen, die sich auf das Privileg des Blutes berufen, erliegen einer teuflischen Verführung.

Mit dem Einzug Jesu in die Stadt Jerusalem und in den Tempel rückt die Stunde immer näher. Wir haben versucht, den Einzug mitzuerleben. Vielleicht sind uns die Ho-shjan-na - Rufe noch im Ohr. Die Spannung in der Stadt steigt. Die Auseinandersetzung mit den Führern des Volkes und den Verantwortlichen des Tempela werden immer schärfer.

Es folgte der Verrat des Judas. Er lieferte Jesus aus. Aber warum? Ist er die nachtschwarze Figur, die zu recht der Verdammung anheim fiel, oder müsste er rehabilitiert werden? Wie wird der Herr, wenn er wiederkommt zu richten die Lebenden und die Toten, seinen Verräter beurteilen? Wir dürfen hoffen, dass die Gnade des Erlösers sein Herz erreicht.

Dann waren wir Zeugen bei der Fußwaschung. Wenn die Apostel in seinem Namen das Reich Gottes verkündigen, dann müssen sie es tun wie er. Ihr Markenzeichen ist das Dienen, nicht das Herrschen. Sie dürfen sich nicht zu schade sein auch für die niedrigsten Dienste.

Am Karfreitag haben wir den Prozess Jesu verfolgt. Der gefangene und gefesselte Jesus erscheint weniger gefangen und gefesselt als Pilatus. Jesus hat seinen Auftrag erfüllt. Er hat sein Ziel erreicht. Die Gegenspieler können es nicht verhindern.


Heute ist Karsamstag. Auf dem Weg bis hierher haben wir uns Begleiter und Begleiterinnen gesucht, die uns im Glauben vorangegangen sind. Sie wollen ja helfen, dass wir Jesus Christus besser verstehen, auf ihn mutiger unsere Hoffnung setzen und in der Liebe zu ihm wachsen. Mit diesen Gefährten haben wir das Gespräch gesucht. Es waren die Kolloquien mit der Mutter Jesu, mit dem Apostel Paulus, mit Abraham, mit dem Propheten Jesaja. Wir haben uns auch an den himmlischen Vater und an seinen Sohn gewandt. Wenn Sie auf diese Weise beten konnten, geschah das im Heiligen Geist. Und wenn ihnen dieses Beten nicht so gut gelungen sein sollte, dann heißt das nicht, dass Gott nicht trotzdem nahe bei Ihnen war. Gott ist größer als unser Herz, er weiß alles (vgl 1 Jo 3,20).

Gesegnete, frohe Ostern!

(P. Wendelin Köster SJ)







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