2009-04-01 11:08:05

Erzbischof Marx: „Chancen für alle!“


RealAudioMP3 In der britischen Hauptstadt London ringen in den nächsten Stunden die politischen Führer von zwanzig Staaten um die Zukunft der Weltwirtschaft und des internationalen Finanzsystems. An einer großen Demonstration vor Beginn des G-20-Gipfels beteiligen sich auch viele kirchliche Gruppen. In vielen Ländern Europas reißen derweil die Hiobsbotschaften nicht ab: In Deutschland etwa, dem Land der sozialen Marktwirtschaft, brechen im Maschinenbau die Aufträge dramatisch ein, und die Frühjahrs-Erholung auf dem Arbeitsmarkt bleibt nach den neuesten Zahlen aus.

Erzbischof Reinhard Marx von München ist christlicher Sozialwissenschaftler und hat unter anderem – wie einst Karl Marx – einen Bestseller geschrieben mit dem Titel „Das Kapital“. Er sagte vor kurzem mit Blick auf die derzeitige Krise:

„Die soziale Marktwirtschaft ist, wenn sie gut läuft, langfristig für alle von Vorteil, aber kurzfristig für einzelne auch mit Zusammenbrüchen und Risiken behaftet. Das wäre sonst eine staatlich geplante Wirtschaft. Was die Kirche tun kann und muss, ist, auf der Seite derer stehen, die die Hauptlasten zu tragen haben – und das sind die Arbeitnehmer.“

Auf der Seite der Schwachen zu stehen – das sei das eine. Nicht so zu tun, als habe man Patentlösungen für alles – das sei das andere.

„Natürlich muss man sich als Pfarrer bei Demonstrationen sehen lassen, wenn Menschen Angst haben um ihre Arbeitsplätze... ohne zu sagen: So und so muss das jetzt erfolgen. Aber dass die Leute ihre Sorgen artikulieren, dass sie sich auch deutlich zu Wort melden, dass diese Risiken nicht nur sie alleine zu tragen haben, sondern dass das eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft ist... Bei solchen Strukturkrisen kann ich nicht einfach sagen: Naja, das müssen die Arbeitnehmer alleine ausbaden. Das ist nicht die soziale Marktwirtschaft!“

Natürlich könne der Staat auch nicht einfach alles subventionieren und künstlich am Leben erhalten, so der Erzbischof. Die Wirtschaft sei letztlich ein „kompliziertes Ineinander“.

„Wir haben deswegen Ja gesagt zu diesem anstrengenden System der Marktwirtschaft, wo immer wieder Wettbewerb ist, Aufbruch und Zusammenbruch, weil wir die Risiken gemeinsam tragen wollen – etwa dadurch, dass wir durch die Arbeitslosenversicherung sagen: Wir tragen das alle solidarisch mit, wenn jemand irgendwo in eine solche Situation hineinkommt. Und wir wollen alle miteinander Sorge tragen, dass wieder eine Chance da ist. Wie hat Ludwig Erhard gesagt? „Wohlstand für alle“? Wagt man schon gar nicht mehr zu sagen... Chancen für alle! Das wäre unser Ziel. Keiner ist überflüssig!“

(rv 01.04.2009 sk)








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