Vatikan/Frankreich: Bruder Alois, "jeder Weg der Ökumene ist wichtig"
Bruder Alois, der
Leiter der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé, ist heute von Papst Benedikt XVI.
in Privataudienz empfangen worden. Es ging um Afrika und um die Jugendlichen in der
Welt von heute, sagte uns Bruder Alois im Anschluss.
„Ich habe dem Papst
gesagt, wie wichtig es mir scheint, die Jugendlichen heute zu begleiten auf einem
Glaubensweg. Da fühlen wir uns völlig verbunden mit dem Heiligen Vater. Er sagte neu,
und das ist für uns in Taizé ermutigend, wie der Papst darauf besteht, die Gottesfrage
heute ganz entscheidend ist in dem Sinn, dass Gott gegenwärtig ist in unserem Leben.
Für viele Menschen ist Gott da, aber irgendwo weit weg. Dass aber Christus Mensch
geworden ist, dass der Heilige Geist da ist, dass Gott auch in meinem Leben etwas
tut und im Leben der Welt da ist, ist heute wohl eine ganz entscheidende Frage, an
der wir arbeiten.“
Noch eine weitere Beobachtung zur Jugendseelsorge teilte
Bruder Alois dem Papst bei seiner Audienz mit:
„Ich sagte dem Heiligen
Vater, Jugendliche brauchen heute eine Erfahrung von Gemeinschaft, wie auch die Weltjugendtage
sind. Das öffnet die Menschen heute für das Evangelium. Denn wenn man so etwas erlebt,
wie unser europäisches Jugendtreffen in Brüssel mit 40.000 Jugendlichen, man wird
in eine Familie aufgenommen, die man gar nicht kennt, das weckt ein Staunen, und man
spürt, dass das Evangelium nicht eine Theorie ist, sondern etwas Lebendiges von heute.“
Papst
Benedikt geht derzeit auf traditionsverbundene Katholiken zu. Darin sieht Bruder Alois
keineswegs einen Affront für seine ökumenische Gemeinschaft, die jährlich Tausende
Jugendliche unterschiedlicher Konfessionen und Weltanschauungen besuchen.
„Alle
Richtungen sind wichtig in der Ökumene, und vielleicht war es dem Papst wichtig, in
diese Richtung zu gehen, mit dem Teil der Kirche, die ganz stark auf die Tradition
bestehen, die Einheit zu suchen und es nicht zu einer endgültigen Trennung kommen
zu lassen. Ich verstehe das und ich glaube, dass das nicht bedeutet, dass dem Papst
die anderen Richtungen der Ökumene weniger wichtig sind.“
Auch in Taizé
beobachten die Mönche ein verstärktes Interesse der Jugendlichen an Liturgie – zum
Glück, freut sich Bruder Alois.
„Ein Zeichen, dass unser Glaube nicht nur
kopflastig ist! Da ist sicher eine ganz große Suche. In Taizé ist unser Gebet eigentlich
sehr traditionell. Wir haben das Stundengebet angepasst an eine mehrsprachige Situation,
und auch an eine Situation von heute, wo Menschen oft nicht mehr lange zuhören können.
Das heißt, es braucht oft kurze Bibeltexte, die zur Mitte des Evangeliums führen.
Außerhalb der Kirche kann man längere und schwierigere Texte nehmen, die eine Erklärung
brauchen. Aber im Gebet kurze Bibeltexte, die Psalmen, vor allem eine Zeit der stille,
ein Gesang. Jeden Freitag haben wir das Gebet vor dem Kreuz, am Samstagabend das Auferstehungslicht,
das wir weitergeben. Das sind alles Elemente aus der Tradition. Es ist nur wichtig,
glaube ich, dass wir auf diese Elemente nicht einfach so zurückgreifen, wie sie früher
gelebt wurden, sondern dass wir diese Elemente durch ganz kleine Interpretationen
auf eine neue Weise heute leben können.“
Innerhalb der katholischen Kirche
meinen einzelne Gruppen, es sei an der Zeit, gerade das Katholische wieder mehr herauszuarbeiten.
Taizé ist eine ökumenische Mönchsgemeinschaft, und ihre gesamte spirituelle Arbeit
trägt ökumenische Züge. In welche Richtung geht die Jugendseelsorge?
„Die
Zukunft liegt darin, dass wir unser christliches Profil stärken – nicht im Sinn eines
engen Konfessionalismus, sondern dass wir wirklich zu den Quellen des Glaubens gehen.“
Zwei Beispiele nennt Bruder Alois dafür: die Taufe und die Heilige Schrift.
Voll Dankbarkeit erzählt der Leiter der Gemeinschaft von Taizé, dass er an der vergangenen
Bischofssynode über das Wort Gottes teilnehmen durfte.
„Ich habe dort gespürt,
wie stark von allen Bischöfen dieses Drängen war, das Wort Gottes mehr in die Mitte
unseres Glaubens zu stellen. Dieses Drängen war deutlich spürbar auf verschiedenen
ebenen – Bibeln drucken, in alle Sprachen übersetzen, Lectio Divina, die Sonntagslesungen
müssen besser gelesen werden. Auf ganz verschiedenen Ebenen wurde die Sehnsucht zum
Ausdruck gebracht, die Bibel in die Mitte unseres Glaubens zu stellen, sodass es den
Tisch des Brotes und den Tisch des Wortes gibt. Ich war sehr dankbar dafür, weil das
auch etwas sehr Ökumenisches ist! Da liegt noch ein weites Feld, wo wir noch viel
zu wenig getan haben. Dieses Feld muss beackert werden, da kann man noch säen, da
kann etwas wachsen im gemeinsamen Bibellesen. Was hindert uns daran, dass wir als
Christen verschiedener Konfessionen zusammenkommen, um auf das Wort Gottes zu hören?“
Ebenfalls
Aufholpotential in Sachen Ökumene sieht Bruder Alois in der Taufe.
„Was
hindert uns daran, tiefer zu verstehen und uns die Frage zu stellen, wie eint uns
eigentlich die Taufe? Denn die Taufe bedeutet, dass wir zu Christus gehören. Taufe
und Wort Gottes, da geschieht schon etwas an Einheit, auch wenn das noch vervollkommnet
werden muss. Aber da ist schon etwas an Einheit da, und davon leben wir in Taizé.“