Die ablehnende
Haltung des Vatikans zu Kondomen als scheinbar allein Heil bringende Methode in der
Aidsprävention beschäftigt die internationale Presse und wird massiv kritisiert. Anders
in Afrika. Unsere Korrespondentin Birgit Pottler hat sich umgehört:
Die „Kondomdebatte“
habe in Afrika keinen Schatten auf den Papstbesuch geworfen. Père André Tum aus der
Diözese Edea weist diesen Eindruck entschieden zurück. Noch dazu habe diese Journalistenfrage
ja gar nichts mit den Auftritten Benedikts in Afrika selbst zu tun. Die Botschaft
des Papstes habe die Kirche in Afrika im Gegenteil bestärkt, betont Tum, Professor
für Metaphysik am Grand Seminaire von Bafoussam:
„Wir Afrikaner erwarten
vom Papst ein Wort der Hoffnung, eine Stärkung im Glauben. Es ist klar, dass Abstinenz
und Treue die wirksamsten Mittel sind, die Ausbreitung von Aids einzudämmen.“
Natürlich verteilen Nichtregierungsorganisationen Kondome. Aber – Père André unterstreicht
seine Worte mit energischen Handzeichen – „ein gläubiger Christ, ob nun Europäer
oder Afrikaner, kann seitens des Kirchenoberhaupts keine andere Aussage erwarten.
Wir Afrikaner fühlen uns bestärkt, denn die Papstbotschaft weist uns auf das Wesentliche
hin. Das Evangelium leitet uns an, vollkommen zu sein. Und es ist die Aufgabe des
Papstes uns zur Perfektion, zur Vollkommenheit zu führen. Der Papst darf uns nicht
sagen, wie wir besser sündigen können – das ist nicht seine Aufgabe. Er muss uns dabei
helfen, das Evangelium im Leben umzusetzen.“
Afrikas Katholiken – einen
Unterschied zwischen praktizierenden und sogenannten Taufschein-Katholiken gibt es
hier nicht – seien der gleichen Ansicht, versichert Tum, auch die Frauen. Doch die
kirchliche Lehre und die persönlichen Überzeugungen ließen sich eben nicht immer mit
der Realität vereinen, das sei in Afrika so. Der Professor und erfahrene Seelsorger
erzählt erst, als ich das Mikrofon wieder in der Tasche verstaut habe, von Gesprächen
mit Frauen, von afrikanischen Traditionen und der verbreiteten Ansicht, je mehr Frauen,
je mehr Kinder, desto angesehener ein Mann.
Ein Mann aus Yaoundé, gekleidet
in traditionelles Gewand, erklärt mir jedoch, während Benedikt XVI. im Stadion Eucharistie
feiert: „Der Papst hat Recht. Die Verteilung von Kondomen führt zu sexueller Zügellosigkeit.“
Kondome allein lösten das Problem nicht. Mein überzeugt wirkender Gesprächspartner
stimmt dem Papst zu und mahnt sogleich die Kirche, HIV-Patienten nicht zu diskriminieren:
„Diese Krankheit kann ja auch zum Beispiel durch eine Bluttransfusion übertragen
werden. Die Betroffenen verdienen es also, wie alle anderen Kranken behandelt zu werden,
mit Würde und Respekt. Und sie brauchen medizinische Versorgung.“
Im Jahr
2000 haben HIV-positive Frauen in Yaoundé eine Selbsthilfegruppe gegründet, inzwischen
unterstützt ihr Verein AFASO Waisenkinder, die ihre Eltern durch Aids verloren haben,
betreibt Aufklärung und bekämpft die Stigmatisierung HIV-positiver Menschen in der
Gesellschaft.
Es war mir schwer möglich, während der Papstreise mit Frauen
über das Thema Aids und Kondomgebrauch zu sprechen. Eine Katholikin konnte ich aufzeichnen.
Was sie über die Papstworte denkt? Sie schüttelt den Kopf und macht einen Schritt
zurück: „Er ist der Papst. Das muss er sagen und denken. Punkt.“