Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch,
hat den Papstbrief als Ausdruck der Offenheit und als Klarstellung begrüßt. Er sprach
am Mittwochabend vor Journalisten in Rom von einem „großartigen“ und ungewöhnlich
persönlichen Schreiben Benedikt XVI. Der Brief mache deutlich, „wie sehr der Heilige
Vater persönlich davon betroffen ist“. Die an die Bischöfe der Welt versandte
Stellungnahme, die am Donnerstag vom Vatikan publiziert werden soll, war bereits einen
Tag zuvor durch Indiskretionen bekanntgeworden. „Ich habe den Eindruck, dass der Heilige
Vater in den letzten Wochen sehr gelitten hat“, sagte Zollitsch. Der Papst habe offenbar
„eine ganze Welle“ der Kritik gegen ihn gespürt. Sein Brief sei damit auch Ausdruck
dessen, dass er sich in seinem Anliegen der Einheit der Kirche nicht verstanden fühlte,
so Zollitsch. Er wolle dem Papst im Namen der deutschen Bischöfe seinen Dank aussprechen.
Auch die Erklärung der Bischofskonferenz sei durch das Schreiben des Papstes bestätigt.
Dem Kirchenoberhaupt sei daran gelegen, dass eine möglichst große Bandbreite von Menschen
in der Kirche Heimat finden könne. Wenn eine Äußerung „nicht voll im Sinne der Lehre
der Kirche“ sei, müsse man im Sinne Benedikt XVI. pädagogisch damit umgehen, so Zollitsch.
Die Betreffenden sollten eine Chance erhalten, die eigentliche Lehre der Kirche zu
erkennen. Nötig seien auch „Zeichen der Barmherzigkeit“, wenn jemand zur Umkehr bereit
sei. In einer Erklärung zum Abschluss ihrer Vollversammlung Anfang März hatten sich
die deutschen Bischöfe deutlich von der Pius-Bruderschaft distanziert. Zugleich bemängelten
sie Kommunikationspannen im Vatikan, nahmen aber den Papst gegen Kritik in Schutz.
„Wer den Papst und seine Intentionen kennt, ist nicht überrascht über den
Inhalt dieses wichtigen Schreibens“, meint der Kölner Kardinal Joachim Meisner.
Neu sei die „innervatikanische Umstrukturierung der Kompetenzen“. Doch angesichts
der Klage des Papstes über die Katholiken, die auf ihn „eingeschlagen“ hätten, rät
Meisner zu einer „ehrlichen Gewissenserforschung“. Wer zu dem Schluß komme, dass der
Papst ihn meinen könnte, der sollte Benedikt um Verzeihung bitten. „Gerade in unserem
Land besteht offensichtlich besonderer Grund zu solcher Gewissenserforschung“, urteilt
Meisner. Es stimmt „bitter“, dass die ausgestreckte Hand des Papstes in Richtung Lefebvre-Anhänger
„in der öffentlichen Meinung derart abgewertet und umgedeutet wurde“. Hamburgs
Erzbischof Werner Thissen zeigte sich beeindruckt, „wie persönlich Papst Benedikt
die eigene Betroffenheit beschreibt und mit welcher inneren Freiheit und Größe er
Fehler innerhalb der Kurie zugibt“. Zugleich kündige er Reformen an. Thissen wörtlich:
„Er bekräftigt den Schritt der Versöhnung, der ihm ein Herzensanliegen ist.“ Der Papst
entspreche damit „genau dem Anliegen der ,Hamburger Erklärung', welche die deutschen
Bischöfe vor einigen Tagen in der Hansestadt veröffentlicht haben“, so der Erzbischof
in seiner Stellungnahme. Es sei zudem hilfreich, dass klargestellt werde, „dass die
Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe eine Geste der Versöhnung sein soll,
aber keine Rehabilitierung der Pius-Bruderschaft bedeutet. Ich hoffe, dass mit dem
klaren Schreiben des Heiligen Vaters auch die ihn persönlich tief getroffenen Angriffe
ein Ende haben.“
Ein „ermutigendes und nach vorne weisendes Zeichen“ sieht
der Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst im Papstbrief. Er sei dankbar für das
Verständnis für die tief greifenden Irritationen bei Gläubigen und Seelsorgern, das
der Papst zum Ausdruck bringe. Benedikts Bekenntnis zu „Großmut und Barmherzigkeit“
und seine Bereitschaft zu „kleineren und mittleren Versöhnungen“ seien ein grundsätzliches
Kriterium für die Glaubwürdigkeit der ganzen Kirche in allen ihren Gruppierungen.
Diese unmissverständliche Intention des Papstes verdiene allen Respekt, betont Bischof
Fürst. Der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, Dirk Tänzler,
erklärte zu dem Brief: „Das ist der Papst, wie wir ihn auf dem Weltjugendtag in Köln
kennengelernt haben: authentisch, menschlich, versöhnend.“
Der Generalsekretär
des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer, würdigte den Schritt des Papstes.
Es bleibe aber ein Dissens mit Blick auf die Aufhebung der Exkommunikation der Pius-Bischöfe.
Die Gruppe agiere in ihrer Gesamtheit antidemokratisch und extremistisch. Auch in
den vergangenen Tagen habe der deutsche Distriktobere der Pius-Bruderschaft, Franz
Schmidberger, weiter sein Unwesen getrieben. „Sie hetzen nach wie vor weiter“, so
Kramer.
Der Jüdische Weltkongress begrüßt den offenen Brief von Papst
Benedikt XVI. Das Kirchenoberhaupt habe zur Causa Williamson „unmissverständliche
Worte“ gefunden und Fehler eingeräumt, lobte der Präsident des Verbands, Ronald S.
Lauder, am Donnerstag in New York. Der Brief des Papstes stehe für Offenheit und den
Willen, schwierige Themen direkt anzugehen. Damit entspreche er den grundlegenden
Erfordernissen für den interreligiösen Dialog. Seine Institution wolle weiter mit
der katholischen Kirche zusammenarbeiten, „um das gegenseitige Verständnis und den
Respekt voreinander zu stärken“.
Die „Generation Benedikt“ dankt dem
Papst für seinen Brief. „Adressaten des Schreibens sind“ nach Ansicht der Gruppe „nicht
zufällig die Bischöfe“. Diese hätten nämlich „durch nicht ausreichend klare und deutliche
Worte zur irrationalen Hysterie der Debatte besonders in Deutschland beigetragen“.
Was das „katholische Establishment und mit ihm manche Bischöfe“ während der Debatte
geboten hätten, fasst „Generation Benedikt“ so zusammen: „Vage Analysen, düstere Prognosen,
egozentrierte Auskünfte über die persönliche emotionale Befindlichkeit und teilweise
offenes Selbstlob sowie vor allem mangelnde Solidarität mit dem deutschen Papst“.